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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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sich noch immer drehte. Und was noch besser war: Es gab eine Tür. Grant probierte die Klinke, und tatsächlich, sie ließ sich öffnen. Die rostigen Angeln leisteten kurz Widerstand, dann schwang die Tür mit einem Quietschen auf. Grant war kaum hindurchgeschlüpft, da schlug der Wind sie schon wieder zu.
    Im Vergleich zu dem stürmischen Wetter draußen war es im Inneren geradezu gespenstisch still. Nur die Blende rotierte mit leisem Rumpeln an ihrer Achse, und durch die offene Luke im Boden hörte Grant das gedämpfte Geräusch hastiger Schritte. Er kletterte an der Leiter hinab, gelangte auf einen schmalen Absatz am oberen Ende einer Wendeltreppe und folgte ihr bis zur nächsttieferen Ebene. Durch eine offene Tür sah er einen schlichten, weißgetünchten Raum. Ein Mann mit sandfarbenem Haar und nur mit einer Hose bekleidet, beugte sich über ein Funkgerät auf einem Klapptisch und drehte fieberhaft an den Reglern.
    Grant streifte den Riemen der M3 von der Schulter und richtete die Waffe auf die Brust des Russen. Der riss mit einem erschrockenen Aufschrei die Hände hoch und wich von dem Funkgerät zurück. Grant war einen Moment lang versucht, trotzdem zu schießen, entschied sich jedoch dagegen. Was immer der Russe in der Zwischenzeit getan hatte – der Schaden war nicht mehr rückgängig zu machen.

    Grant und Marina schlossen die Gefangenen in einem Lagerraum unten im Leuchtturm ein – sechs Techniker, dazu den älteren Leuchtturmwärter, den Grant auf der zweiten Ebene des Turms unter seinem Bett versteckt gefunden hatte. Jackson holte inzwischen Reed und die mysteriöse Holzkiste. Anschließend versammelten sie sich draußen vor dem Leuchtturm und suchten mit besorgten Blicken den Himmel und das umgebende Meer ab.
    «Was glauben Sie, wie viel Zeit bleibt uns?»
    Grant schaute nachdenklich auf seine Armbanduhr, als könne sie es ihm verraten. «Ich denke nicht, dass er überhaupt schon dazu gekommen war, einen Funkspruch abzusetzen. Falls doch, wird es wenigstens ein paar Stunden dauern, bis ein Boot hier eintreffen kann.»
    «Wunderbar», sagte Jackson. «Dann haben wir ja reichlich Zeit.»
    Marina starrte ihn an. «Sind Sie mit den Grundprinzipien der Archäologie vertraut?», fragte sie. «Man kann nicht einfach hingehen und irgendwas aus dem Boden ziehen. Es würde Wochen dauern, die Insel zu überprüfen.»
    Jackson kniete neben der Holzkiste nieder und hebelte mit seinem Messer den Deckel auf. Alle sahen gespannt zu. Drinnen lag in einer Polsterung aus Heu ein schwarzes Kästchen, etwa so groß wie ein Ziegelstein. Es hatte oben einen verchromten Griff, an einem Ende eine Art Anzeigeskala und an beiden Seiten diverse Knöpfe und Schalter.
    «Was ist das?», erkundigte sich Reed.
    «Ein Bismatron. Es, hm – es zeigt an, wenn Element 61 in der Nähe ist.»
    «Das haben Ihre Leute aber ziemlich schnell aus dem Ärmel geschüttelt, wenn bis vor drei Monaten nicht einmal bekannt war, dass dieses Element existiert», bemerkte Grant.
    Jackson setzte ein falsches Grinsen auf. «Fragen Sie mich nicht. Solche Sachen überlasse ich den Superhirnen. Wie auch immer, wenn sich der Schild auf der Insel befindet, wird dieses Baby uns sagen, wo.»
    Er legte einen Schalter um. Die Nadel schlug für einen Moment voll aus, dann kehrte sie in die Ausgangsposition zurück und zuckte nur hin und wieder leicht. Dabei gab die Maschine ein leises Summen von sich, das von einem ständigen Strom quäkender und klickender Geräusche beinahe übertönt wurde.
    «Ein gesprächiges Ding», kommentierte Reed.
    Jackson und Muir nahmen den Kasten und zogen los, den Hang hinunter zur Westseite der Insel. Grant, Reed und Marina schauten ihnen nach.
    «Sourcelles hat gesagt, dass es auf dieser Insel einen Tempel gibt», sagte Grant und überblickte die öde Landschaft. «Wenn der Schild hier irgendwo ist, dann muss er in der Nähe dieses Tempels sein.»
    Marina zog aus ihrem Rucksack ein schmales, in braunes Leinen gebundenes Buch hervor. «Sourcelles’ Monographie. Darin ist die Karte abgedruckt, die Kritskij angefertigt hat, als er 1823 herkam.» Sie blätterte in dem Buch. Für Grants ungeschultes Auge sah es aus wie eine chaotische Zusammenstellung einzelner Textbausteine in einem halben Dutzend unterschiedlicher Sprachen. Fast jede Seite war ein Wirrwarr aus Französisch, Griechisch, Latein, Deutsch, Russisch – einzelne Passagen waren sogar in Englisch.
    Marina fand die Karte und legte das Buch flach auf ihre Knie. Es war eine

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