Der vergessene Templer
klar?«
Harry presste die Lippen zusammen und runzelte zugleich die Stirn. »Vor dir kann man wohl nichts geheim halten, wie?«
»Nun ja, ich stehe schließlich mit den unheimlichen Mächten in Verbindung.«
»Das habe ich bemerkt. Aber wenn das so ist, dann kannst du dich gern in die Diskussion einmischen.«
»Das werde ich nicht tun.«
Harry Stahl schaute auf die Uhr. »Okay, wir müssen trotzdem rein. Ich bekomme noch ein Mikrofon.«
»Okay, wir sehen uns in der ersten Pause.«
Harry lachte und schlug mir zum Abschied auf die Schulter. Er freute sich wirklich, dass ich gekommen war, und auch ich war recht entspannt, denn ich dachte an die vor mir liegenden Tage und natürlich auch an den Abend. Eine nächtliche Fahrt auf dem Rhein hatte ich noch nie erlebt.
Aber Harry hatte Recht. Der Beginn des Symposiums wartete nicht auf mich. Die Tasse hatte ich leer getrunken. Ich brachte sie wieder weg und näherte mich der Doppeltür, bei der nur ein Flügel offen stand. Durch ihn konnte ich den Saal betreten, der nicht besonders groß, aber sehr übersichtlich war, weil man ihn wie einen Hörsaal gebaut hatte. Von jedem Platz aus besaß der Gast eine gute Sicht.
Ich setzte mich an den Rand und in die Mitte. Auf einem Podium standen ein Tisch und fünf Stühle. Ein Stuhl war für den Moderator bestimmt, auf den anderen vier konnten die Teilnehmer der Diskussion ihre Plätze finden.
Die Luft war noch gut. Ich hoffte, dass dies noch lange anhalten würde. Und wenn es zu langweilig wurde – nun ja, ich hatte schon einen Flug hinter mir, war zudem früh aufgestanden und konnte ein Schläfchen ruhig vertragen.
Natürlich nur, wenn ich nicht auffiel...
»Dann los«, sagte Sven Nolte, als er galant die Beifahrertür des Opel Corsa öffnete, um seine Begleiterin einsteigen zu lassen, die er von ihrem kleinen Hotel abgeholt hatte, dessen Haus sich in die Altstadt hineinquetschte.
Sharon Ford lachte. »Ein größeres Auto hättest du auch nicht haben dürfen«, sagte sie mit ihrem englisch gefärbten Deutsch.
»Das stimmt.«
»Und wo geht es hin?«
»Steig erst mal ein.«
»Okay. Aber denk daran, english girls sind prüde.«
Sven grinste ihr von außen her zu und hatte dabei den Kopf gesenkt, weil sie schon auf dem Beifahrersitz saß. »Ich habe gehört, dass dies alles nur Vorurteile sind.«
»Lass dich überraschen.«
Das werde ich auch!, dachte Sven und war froh, Sharon getroffen zu haben. Es war mehr ein Zufall gewesen. Er hatte Sharon, die Rucksacktouristin, mit einer Karte in der Hand an einer Kreuzung stehen sehen. Schon der Anblick der dunkelblonden jungen Frau mit der mächtigen Haarfülle hatte ihm gefallen, Beim Näherfahren hatte er festgestellt, dass dieses Haar noch rötlich schimmerte und vom Wind immer wieder hochgewirbelt wurde.
Neben ihr hatte er sein Rad angehalten und sie gefragt, ob er ihr helfen könne.
Sie hatte den Kopf gedreht und ihn angeschaut.
Da hatte es bei Sven eingeschlagen. Diese Augen, das Gesicht, das überraschte Lächeln und das spontane Nicken!
»Ja, du kannst mir helfen.«
Was er auch getan hatte, denn er kannte sich aus und war in dieser Gegend geboren.
Sharon suchte eine Bleibe für die nächsten Tage. Sie war in Koblenz gewesen und hatte sich jetzt weiter südlich orientiert. Bis Mainz wollte sie kommen, aber das in verschiedenen Etappen, denn die Dreiundzwanzigjährige wollte Europa und besonders den Rhein und seine herrliche Gegend kennen lernen. Sie würde bald einen Job in Brüssel übernehmen, und da brauchte sie so viel Wissen wie möglich über Europa, denn sie sollte in der Verwaltung des Weltkulturerbes arbeiten.
Fast eine halbe Stunde standen die beiden an der Ampel zusammen. Schließlich hatte es Sven Nolte geschafft, seine neue Bekanntschaft zu überreden, doch im Hotel seiner Tante abzusteigen. Da waren noch Zimmer frei.
»Ist es sehr teuer?«
»Nein. Bei mir macht sie einen Sonderpreis, wenn ich ihr Gäste besorge.«
Das war zwar gelogen, aber der junge Mann würde es schon schaffen, sie zu überreden. Er war mit Tantchen, wie er sie nannte, immer gut ausgekommen.
»Und was muss ich dafür tun?«
»Nichts, nur dort wohnen.«
Sharon verengte ihre Augen. »Die Männer auf der Welt sind ja überall gleich und...«
»Bitte, Tante Ingrid würde Herrenbesuch nie zulassen. Sie ist noch immer etwas konservativ.«
»Wenn das so ist...«
»So wird es sein, ehrlich.«
»Na gut, dann bring mich mal zu deiner Tante.«
Alles hatte geklappt. Der Preis
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