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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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war. Der Vahit trug eine rote Weste mit goldenen Knöpfen über einem weißen Hemd.
    »Finn und Mellow«, seufzte er wie jemand, der sich plötzlich an viele Dinge erinnert, darunter ebenso gute wie unangenehme. »Wenn gleich zwei meiner ehemaligen Schüler behaupten, ihr Anliegen sei wichtig, dann ist es vielleicht so   – oder sie haben etwas ausgefressen, was wesentlich wahrscheinlicher ist. Da ich euch beide kenne, neige ich zu Letztem. Was habt ihr angestellt?« Miteinem Nicken erwiderte er die Verbeugung der beiden jungen Vahits; dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Menschen in ihrer Begleitung. Wenn er überrascht war, so zeigte er es nicht.
    »Was immer es ist, sie haben zumindest unerwarteten Besuch mitgebracht. Ihr seid ein Mensch, wie ich sehe, und zudem aus Vindland, wie ich höre. Was verschafft mir die ganz und gar erstaunliche Ehre?«
    Circendil verbeugte sich, so gut es die niedrige Decke des Raumes zuließ. Dabei legte er die Hand auf sein Herz und ließ sie dort, als er sich wieder aufrichtete und sagte: »Mein Name, ehrenwerter Herr, ist Circendil. Und wenn es jemandem eine Ehre ist, hier zu sein, dann erweist Ihr sie mir mit der Erlaubnis, Euch sprechen zu dürfen.«
    »Wenn etwas gegen Euch sprechen sollte, so kann es nicht die Höflichkeit sein, der Ihr Euch befleißigt. Bisher führt Ihr Euch gut ein, Herr Außenländer. Was aber führt Euch zu uns?«
    »Ich überbringe Euch Grüße von Jagonam Horen, dem Aldamáhir meines Ordens, dessen Kloster nach Daven benannt ist, dem Begründer unserer Gemeinschaft. Ich bin ein Davenamedhir, wie wir uns selbst nennen. Das wird Euch alles nichts sagen, darum lasst mich hinzufügen: Ja, es ist wahr, ich reiste aus dem fernen Vindland hierher, und ich bin gekommen, um Euch in des Aldamáhirs Namen und im Namen meines Königs Nòrbosor um Hilfe zu bitten.«
    »Ah, daher faselte Tuom unentwegt etwas von einem König. Aber fahrt fort.«
    Circendil nickte dem alten Tuom dankbar zu.
    »Ich bin seit meiner Abreise mehr als hundertzwanzig Tage unterwegs gewesen; vielleicht wollt Ihr daran ablesen, dass nicht geringe Hoffnungen sich in Vindland an den Erfolg meiner Reise knüpfen. An der Grenze Eures Landes traf ich auf diese beiden tapferen Vahits und bat sie, mich zu Euch zu bringen   – ehrenwerter Herr , wenn dies Euer Titel ist.«
    Ludowig Gurler erwiderte die Verbeugung.
    »Ihr sprecht eine wahrlich freundliche Sprache, und sie ist der unseren, obwohl Ihr fremd klingt, nicht unähnlich, wie ich erfreut vernehme. Das ist es, was mich zunächst am meisten überrascht. Seid willkommen im Hüggelland, Herr Mönch. Und verzeiht einem viel beschäftigten Vahit. Jetzt bin ich es, der scheint’s alle Höflichkeit vergisst. Bitte nehmt Platz, auch ihr beide   – obwohl ich immer noch nicht weiß, was ihr wieder angestellt habt.«
    Im Arbeitszimmer des Witamáhirs standen vor seinem Schreibtisch und am Kamin bequeme Sessel (zum Lesen) und am Fenster eine lehnenlose niedrige Bank (zum Stapeln von Büchern). Auf einen Wink hin räumte Tuom, der im Hintergrund gewartet hatte, die Bücher auf den Boden (neben andere, die dort schon lagen) und zog die Bank an den Schreibtisch heran, auf dass sich auch der Mensch setzen konnte, denn die Sessel waren für ihn zu eng und zu niedrig. Dann nahm der Gildendiener einen rasch geflüsterten Auftrag des Witamáhirs entgegen und eilte aus dem Zimmer.
    »So«, begann Ludowig, nachdem alle saßen. »Selbstverständlich seid Ihr ein Gast unserer Bücherey, Herr Circendil. Wir werden viel Zeit haben   – morgen und in den folgenden Tagen, um über Eure Bitte und die Angelegenheiten dahinter zu sprechen. Allerdings erst dann, wie ich zugeben muss. Wir haben nicht mit Eurer Ankunft gerechnet, wie Ihr Euch denken könnt. Heute bin ich gewissermaßen unabkömmlich, und ich bitte, dies nicht als unhöflich anzusehen. Unser Bürgermeister beehrt uns gerade heute mit einem seiner seltenen Besuche, und er wird sich schon fragen, wo ich bleibe. Darf ich Euch darum für später am Abend zu unserem Essen als Ehrengäste erwarten? Ihr werdet hungrig sein von der Reise; und verstaubt, wie ich sehen kann. Vielleicht wollt Ihr vorher ein Bad nehmen? Oder möchtet Ihr   … ja, bitte?«
    Circendil hatte sich auf seiner Bank vorgebeugt und mahnend die Hand gehoben. Ludowig sah irritiert auf.
    »Verzeiht, ehrenwerter Herr. Ich bin es jetzt, der bittet, mein Drängen nicht als unhöflich anzusehen. Meine Angelegenheiten, so wichtig und

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