Der vergessene Turm: Roman (German Edition)
dem Flammen leckten.
Dann fiel ihm ein, dass Mellow tot war und er selbst sich auf einem Schlachtfeld befand und um ihn herum Blut vergossen wurde und Vahits starben. Er riss die Augen auf, die ihm zugefallen waren.
Über ihm schwebte ein blutbeschmiertes Gesicht. Das Gesicht hatte eine Hand, in der es ein gleichsam blutendes Messer hielt. Die andere Hand tastete an Finns Haaren herum und strich sie ihm aus der Stirn.
»Gütiger Himmel! Du lebst!«, hörte er da Mellows Stimme voller Freude rufen.
»Irgendwie. Und du bist tot«, antwortete Finn benommen, als er das Gesicht seines Freundes über sich erkannte. »Ich hab’s gesehen.«
»Was immer du meinst, wenn du nur aufstehst«, sagte Mellowund reichte ihm die Hand. »Noch sind wir nicht zu Hause, und du liegst in keinem Bett, falls du das denkst.«
»Mir war einen Moment so, glaube ich.« Als er stand, spürte er, wie weh ihm alle Knochen im Leibe taten. »Wo ist Smod? Lass uns nach Hause reiten.«
»Smod ist hier; der Brave ist dir nicht von der Seite gewichen. Nimm seine Zügel. Obwohl es besser wäre, du hättest welche, und er würde sie nehmen. Du kannst vorerst nicht nach Hause reiten, Finn; du kannst nicht einmal reiten, wenn du mich fragst. Du solltest dich sehen, oder besser nicht. Hier ist dein Wacala. Und schau, da kommt Circendil. Auch er lebt, was mehr ist, als ich zu hoffen wagte.«
Auch der Davenamedhir ging zu Fuß, und er ging langsam.
Hinter ihm trottete Gwaeth heran, die Zügel neben sich schleifend. Beide, Pony wie Reiter, sahen aus, als wären sie in Pfützen mit roter Farbe gefallen. Finn sah Circendil auf dem linken Bein hinken. Ein breiter Riss zog sich über seinen Oberschenkel, der in der Mitte dunkel war vor nassem Blut. Gwaeth schien unverletzt zu sein.
»Wir haben gesiegt«, sagte Circendil. »Für den Moment haben wir gesiegt.«
Er humpelte an ihnen vorbei und kniete sich am Wasser hin, um zu trinken; Gwaeth tat es ihm nach. Plötzlich merkte Finn, wie sehr ihn ebenfalls dürstete. Erschöpft ließ er sich neben den Mönch fallen, trank und wusch sein Gesicht, das mittlerweile klebte und juckte. Vanku und Smod gesellten sich zu Gwaeth; und Mellow hockte sich einfach dort auf den Boden, wo er gerade stand. Noch immer hielt er sein Wacala in Händen.
Nach und nach kamen jetzt die Rudenforster zwischen ihren Wagen hervor.
Finn erblickte Sahaso und nickte ihm zu; sein Bruder Kampo winkte und grinste schief; doch Dhela Rohrsang weinte. Sie hielt Gatabaid an sich gedrückt.
Finn erfuhr, das kleine Mädchen habe mit ansehen müssen, wie ihrer Mutter das Genick gebrochen wurde, und ihm kam das Bild des Gidrogs in den Sinn, der eine Vahitfrau umklammert hielt. Auch Ianam sei tot, erzählte wenig später Mellows Vater Rorig; der ältere Vahit wankte und winkte ab, als Finn ihn stützen wollte. Er hatte Ascheschmiere im Gesicht und sämtliche Haare eingebüßt und zwei Finger der linken Hand; er wollte nicht mehr darüber sagen.
Der Wirt wurde von Circendil verbunden.
Erst dann kümmerte sich der Mönch um sein eigenes Bein.
Der Wind wurde stärker und vertrieb die Wolken, die noch vor den letzten Sternen hingen. Sein Luftzug entfachte die Flammen des fast niedergebrannten Wagens neu. Die Rohrsangsöhne zogen zunächst ihn zur Seite und löschten mit Flusswasser die Schwelbrände der anderen; dann trugen die Brüder mehrere tote Vahits zwischen den Barrikaden hervor und legten sie nebeneinander hin.
Anschließend holten sie die herbei, die auf der Straße gefallen waren.
»Toman Raller und alle Mitglieder seiner Familie sind tot«, erklärte Rorig. »Sie sind mit dem ersten Gespann gefahren und haben die volle Wucht der angreifenden Criargreiter abbebekommen.«
Von dem nachfolgenden Gefährt der Familie Milan hatte nur Machan, Tomans Nachbar, überlebt, was sie erst feststellten, als sie ihn fanden. Sein Arm sah grässlich aus: Einer der fürchterlichen Schnabelhiebe der Criargs hatte auch ihn getroffen. Eine weitere Wunde verunstaltete seinen Kopf. Der ältere Vahit lag noch besinnungslos zwischen den Rädern. Kampo und Sahaso zogen ihn hervor, ohne dass er erwachte.
»Machan hat es nur geschafft, weil er sich unter seinen Wagen rettete«, meinte Kampo. »Doch er zahlte einen hohen Preis dafür. Er musste aus nächster Nähe mit anhören, wie über ihm sein Weib und seine Kinder im Gekreisch der hackenden Criargschnäbel starben. Wir sahen es, doch wir konnten nichts dagegen tun. Es war grässlich.«
Von den Ponys, die vor
Weitere Kostenlose Bücher