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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Vahitpfeile zu schwach sind, ihre Haut zu durchdringen. Was sollen wir da gegen Gidrogs anrichten? Ihr sagtet, dass sie Lederrüstungen tragen. Unsere Pfeile wären völlig nutzlos gegen sie, es sei denn, sie träfen Augen oder Hälse.« Gesslo Regenpfeifer winkte ab wie ein Vater, der die unentwegt widersprechenden Worte eines trotzigen Sohnes leid war.
    »Ihr habt wiederum Recht, Herr Gauvogt, wenn auch abermals nur zum Teil«, sagte Circendil. »Und da Ihr gerade Hasen erwähnt   – in Vindland sagen die Jäger: Viele Füchse bedeuten des Hasen Tod . Lasst uns die Weisheit, die darin liegt, nutzen. Mit fünfzig Vahits, die mit einem Bogen umzugehen wissen, besitzen wir immerhin fünfzig Lehrer , die anderen Vahits das Bogenschießen beibringen können. Und wenn die Gidrogs Rüstungen tragen? Ihre Reitvögel tragen sie nicht. Wenn hunderte Pfeile in einer Wolke auf sie eindringen, wird es ihnen das Fliegen vergällen, mein Wort darauf. Deshalb, Herr Gesslo, sollen die Boten nicht nur die Jäger rufen, sondern einen jeden Vahit, dessen Kräfte ausreichen, einen Bogen zu spannen. Am besten holt ihr gleich jeden Waldarbeiter herbei, falls anderswo ebenso gearbeitet wird wie in Rudenforst.«
    »Wieso Waldarbeiter?« Der Vahogathmáhir beugte sich vor.
    »Liegt das nicht auf der Hand? Wer mit Säge und Axt umzugehen gelernt hat, dessen Schultergelenk ist eine starke Beanspruchung wie die des Bogenspannens gewohnt! Alle anderen würden schon nach ein paar Dutzend Pfeilen den Bogen sinken lassen müssen, und damit ist uns nicht gedient. Also schickt Eure Boten nicht nur zu den Jägern aus, sondern sendet sie auch in jeden Wald, in dem Holz geschlagen wird. Sie sollen alles stehen und liegen lassen und sich in Mechellinde einfinden, so rasch sie nur können. Und wenn jeder der Jäger nur zehn Schüler ausbildet, so haben wir nach kurzer Zeit fünfhundert Bogenschützen. Fast ein Heer, Herr Bholobhorg. Wenn sie erst gelernt haben, zu zielen und zu treffen, verleiden sie auch einem Schwarm Criargs die Lust am Fliegen. Und ihren Reitern obendrein.«
    »Obendrauf, solltest du besser sagen«, meinte Mellow lachend. Im selben Moment stutzte er und klatschte sich mit der Hand vor die Stirn. »Und wir haben eines völlig vergessen!«, rief er plötzlich. »Diese Vögel scheuen und fürchten das Feuer. Finn und ich sahen es deutlich am Acaeras. Sie hassen den Geruch ihres eigenen, angesengten Fleisches. Lasst uns darum Brandpfeile verschießen! Oder nicht? Federn brennen gut!«
    »Ein guter Vorschlag, ohne Frage«, lobte Circendil. »Wir können zudem …«
    »… die ganze Idee verbrennen, denn sie taugt rein gar nichts!«, wurde er da von einer näselnden Frauenstimme unterbrochen.
    Frau Amagata Zeisig hatte sich erhoben und wedelte erbost mit ihrem Zeigefinger. Finn fuhr herum und sah Tallia fragend an. Die zuckte ratlos mit den Schultern und kaute an ihrer Feder.
    »Ihr vergesst alle«, sagte die Klärerin, »eure fünfhundert Bogenschützen haben keine fünfhundert Bögen. Und erst recht keine Pfeile, dass es für Wolken davon reicht, Herr Medhir. Wolken , du meine Güte. Wo wollt Ihr denn das alles hernehmen für Euren ach so ausgeklügelten Plan? Das möchte ich mal wissen!« Sie stampfte mit dem Fuß auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Wo eben noch anfängliche Begeisterung unter den Vahits herrschte, verschwand sie schneller als ein Eichhörnchen im Geäst und wich einer allgemeinen Niedergeschlagenheit.
    »Wie immer sind es die Frauen, die verstehen, worum es im Grunde geht«, sagte der Mönch langsam und mit tiefem Ernst. Er machte eine tiefe Verbeugung. »Dies ist in Vindland so, und ich freue mich zu erfahren, dass es im Hüggelland nicht weniger kluge Frauen gibt als anderswo. Habt Dank für Euren klaren Verstand, Frau Amagata. In der Tat ist das die alles entscheidende Frage. Allerdings   – es ist keine unlösbare Frage, wie Ihr gleich sehen werdet.
    Beginnen wir mit den Pfeilen, wenn Ihr erlaubt. Auf dem Ritt hierher habe ich am Ufer des Lammspringer Sees eine Pflanze gesehen, die auch in Vindland reichlich wächst. Wir nennen sie Scheinschneeball, weil ihre Blüten weiß sind wie Schnee und von kugeliger Form.«
    »Ah, er meint Kopfgeißblatt«, warf Wosto Keubler, der Staubner, ein. »Es wächst auch oberhalb des Dorfes, längs der Mürmelufer. Sind gut für Pfeifenschäfte.« Sprach’s und nahm eine schon gestopfte Pfeife, die er mit einem Kienspan entzündete, den er zuvor in eines der

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