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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
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Banavred bittet mich, Landhüter zu ihm zu senden; ihm ist ein Schaf gerissen worden und …«
    »Du willst mir also sagen, mein lieber Mann, ein totes Schaf eines verrückten Einsiedlers ist dir wichtiger als meine Schwester, die vielleicht schon mit dem Tode ringt?« Amafilias Blicke glichen Blitzen.
    »Nein, du verdrehst mir das Wort   – ach, es ist sinnlos. Geh hinaus, ich folge dir.«
    »Nein, ich folge dir, mein lieber, guter Mann!«
    Furgo warf den Brief auf einen Tisch, riss sich seinen Hut vom Kopf und begann, ihn zu wringen, als gelte es, einen ganzen Regenschauer auf einmal aus ihm herauszupressen. »Jaja, schon gut. Ich komme ja. Finnig, DU bringst das in Ordnung. DU nimmst den Wagen und fährst alles zu Herrn Banavred hinaus. Und DU wirst dich für alles entschuldigen, verstanden? Und was die Landhüter angeht …«
    »Furgo«, Amafilia säuselte den Namen honigsüß, »ich warte …«
    »Verflixt und zugenäht!«
    Abbado starrte seinen Meister an, der vor Wut mit den Füßen aufstampfte.
    »Steh nicht rum und halt dein Gesicht in die Sonne, sondern sag auch mal was!«, fuhr der seinen Gesellen an.
    »Auf Wiedersehen, Frau Amafilia«, war alles, was Abbado daraufhin einfiel.
    Amafilia ergriff ihren Ehemann beim Arm. »Auf Wiedersehen, Abbado. Bis bald, Finn, mein Junge.« Sprach’s, nahm ihrem quengelnden Ehemann den Hut aus der Hand, stülpte denselben auf seinen Kopf und schob beide mit Schwung zur Tür hinaus.
    »Nimm den Brief mit, Finnig!«, hörte Finn ihn wenig später von draußen rufen. »Zeig ihn im Landhüterhaus vor. Mach den Drückebergern dort Beine. Hörst du? Niemand soll später sagen,Furgo Fokklin habe der Bitte eines treuen Kunden nicht entsprochen!«
    »Ja, das mache ich, Papa!« rief er ihm durch das geöffnete Fenster hinterher. »Ich kümmere mich darum. Verlass dich drauf! Gute Reise!« Finn winkte und wartete und hielt den Atem an.
    Endlich   – endlich!   – schnalzte die Peitsche.
    »Puh«, machte Abbado, nachdem das Getrappel und das Rattern verklungen waren. »Da haben wir uns ja in einen richtig schönen Schlamassel hineingeritten, was, Finn?«
    »Wieso wir?« Finn drehte sich überrascht zu ihm um. »Ich habe den Brief schließlich unter den Tisch fallen lassen, nicht du.«
    »Das ist …« Abbado trat von einem Fuß auf den anderen. Er nahm seine Mütze vom Kopf und knetete den Filz wie vordem Furgo seinen Hut. »Es ist nur …«
    »Was?« Finn achtete nur noch halb auf ihn, setzte sich, klappte den Verschluss seines Tintenfäßchen auf, tunkte seine Feder ein und begann, die lange Bestellung aus Banavreds Brief in eine Ladeliste zu übertragen. Erst, als er fertig war, alles zurechtgeräumt hatte und wieder aufstand, bemerkte er Abbados anhaltendes Schweigen. Er warf ihm einen halb belustigten, halb fragenden Blick zu. »Was ist denn? Du guckst reichlich sonderbar.«
    Abbado sah ihn in der Tat höchst seltsam an, als litte er an plötzlichen Zahnschmerzen oder Schlimmerem. »Ach«, winkte er dann jedoch ab, »es ist wahrscheinlich nichts.«
    Eine Stunde später rollte ein weiterer Wagen zum Hoftor hinaus, dieses Mal von Finn gelenkt und von einem weizenbraun und weiß gescheckten Pony namens Smod gezogen.
    Das Versprechen des Morgens erfüllte sich. Die Sonne machte aus diesem 2. Oktober einen beinahe noch sommerlichen Tag, und schon bald wurde Finn die Jacke zu warm. Frohgemut schlug er den Weg nach Mechellinde ein und lenkte das Pony durch das Dorf. Er schnalzte aufmunternd mit der Zunge, und Smod legte sich ins Zeug und scheuchte die Gänse und Enten am Weiher auf.
    Moorreet war ein kleines und anheimelndes hüggelländer Brada, ein hauptsächlich aus Rundhäusern errichtetes Dorf mit nicht mehr als zwölf Familien, verteilt auf sieben Brochs, runden, steingemauerten Türmen, und fünf ebenfalls runden Lehmhäusern sowie Stallungen, Scheunen und Speichern, und, nicht zu vergessen, dem Anbau des Verlorenen Henkels . Die von Mechellinde herführende Mürmelstraße endete hier, auf dem Dorfplatz am Gänseweiher. Wer nach Moorreet kam, hieß es, blieb dort, oder er kehrte um.
    Hinter den letzten Häusern begann unwegsames, schilfiges Marsch- und Sumpfland. Es umschloss das Dorf auf drei Seiten und machte es zu einer Art Insel im umgebenden weichen Boden. Die Vahits stachen dort ihren Torf, den sie im Winter verfeuerten; manche schnitten auch Schilf und banden es zu Bündeln für die Dachdecker und Korbflechter.
    Nahebei entsprang die Mürmel, ein Flüsschen, das
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