Der verhängnisvolle Urlaub
denn?«
»Das muß ich mir noch überlegen.« Sie schien darüber nachzudenken, sagte aber dann: »Übrigens war ich gerade dabei, zu meinem Strandkorb zu gehen und mich in ihn zu setzen.«
»Jetzt?« fragte er ungläubig.
Sie lachte.
»Jetzt wäre ich wenigstens sicher, daß ihn mir niemand streitig machen würde.«
»Darf ich Sie hinbringen?« sagte er bereitwillig. Klar, daß er sich davon etwas versprach.
»Nein«, erwiderte Karin, die seine Absicht erkannte und sie damit durchkreuzte.
»Warum nicht?«
»Weil wir dann ja wieder soweit wären.«
»Wie weit?«
»Daß mir jemand meinen Strandkorb streitig machen würde.«
»Sie irren sich.«
»Das glaube ich nicht.«
»Doch, doch, wir würden ihn uns brüderlich teilen.«
»Und was ist mit schwesterlich?«
»Das wäre Ihre Aufgabe.«
Beide lachten. Karin war dem Flirt, der begonnen hatte, weiß Gott nicht abgeneigt, doch eine innere Stimme ermahnte sie, ein bißchen die Bremse anzuziehen. Sie sagte deshalb: »Bleiben wir lieber hier.«
»Sie sind wankelmütig«, entgegnete er. »Einmal so, einmal so …«
»Warten wir auf das, was uns hier geboten wird.«
»Gefällt Ihnen denn dieser Käse?«
»Käse?«
»Was ist es denn sonst?«
»Das sagen Sie – als Mann?«
»Ja, das sage ich!«
Das klang sehr arrogant. Karin fing an, sich über ihn zu ärgern.
»Solche Veranstaltungen finden doch nur statt, weil die Männer sie verlangen«, erklärte sie.
»Nicht alle Männer.«
»Sie nicht, wollen Sie damit sagen?«
»Ganz recht.«
»Sie halten sich wohl für eine Ausnahme?«
»Vielleicht.«
»Aber eingebildet sind Sie trotzdem nicht, wie?«
»Geschmack hat nichts mit Einbildung zu tun.«
»Geschmack, aha.«
Das Gespräch spitzte sich zu.
»Und Sie haben Geschmack?« fuhr Karin fort.
»Ich denke schon.«
»Einen Geschmack, der sich nicht mit Schönheitskonkurrenzen verträgt?«
»Gegen eine Schönheitskonkurrenz von Pudeln oder Möpsen habe ich nichts einzuwenden«, meinte Walter Torgau wegwerfend.
»Aber gegen eine von attraktiven Mädchen?« sagte Karin.
»Attraktiven Mädchen?« Er nickte geringschätzig hin zu dem Pavillon mit den Bikini-Mädchen. »Sehen Sie sich doch die an. Billigste Ware.«
»Ich sehe, daß ein Teil dieser Ware, wie Sie sich ausdrücken, sehr hübsch ist.«
»Äußerlich vielleicht – aber das allein genügt nicht.«
»Soso.«
»Sie wissen genau, was ich meine. Ein wirkliches Klassemädchen suchen Sie dort vergebens – wie übrigens bei jeder dieser Veranstaltungen.«
Damit hatte Torgau zwar die Auffassung zum Ausdruck gebracht, die Karin selbst insgeheim auch vertrat, aber nun war sie, von ihm gereizt, soweit, daß sie zu ihrer eigenen Überraschung hervorstieß: »Und wenn ich daran teilnehmen würde?«
»Sie?«
»Ja.«
»Lächerlich! Sie doch nicht!«
»Warum nicht?«
»Aus verschiedenen Gründen. Einer davon mag Sie ganz besonders überraschen.«
»Welcher?«
»Daß ich suchen würde, Sie daran zu hindern.«
Es blieb ein, zwei Sekunden lang still. Ein gefährlicher Funke tauchte in Karins Auge auf. Dann entgegnete sie gedehnt: »Was würden Sie?«
»Suchen, Sie daran zu hindern«, wiederholte Torgau. Es war der größte Fehler, den er der durch und durch emanzipierten Karin Fabrici gegenüber machen konnte.
Nun überstürzte sich das Weitere.
»Erstens«, sagte Karin kampfeslustig, »sind Sie nicht mein Vater, der mir Vorschriften zu machen hätte –«
»Das nicht, aber –«
»Oder mein Mann –«
»Auch nicht, leider, aber –«
»Und zweitens würde ich mir auch dann, wenn Sie mein Vater wären –«
»Oder Ihr Mann –«
»– keine Vorschriften von Ihnen machen lassen, merken Sie sich das! Ich lasse mir überhaupt von niemandem mehr Vorschriften machen! Diese Zeiten sind für mich vorbei! Ich bin ein modernes junges Mädchen und weiß selbst, was ich zu tun habe!«
»Aha.«
Dieses ironische ›Aha‹ trieb Karin erst richtig auf die Palme.
»Davon werden Sie sich sehr rasch überzeugen können«, erklärte sie.
»Fräulein Fabrici, Sie –«
Karin war überrascht.
»Woher wissen Sie meinen Namen?« unterbrach sie ihn.
»Ich habe mich erkundigt, das war nicht schwierig. Die Neuanmeldungen –«
»Sie haben die Hotels abgeklappert?«
»Nein, nur die Kurdirektion.«
»Aha«, meinte nun Karin, sagte dies jedoch nicht ironisch, sondern wütend.
»Sie wollten sich doch dort über mich beschweren, Fräulein Fabrici?«
»Ich bedaure, daß ich das noch nicht getan
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