Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der verkaufte Patient

Titel: Der verkaufte Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
Vom Netzwerk:
in ›Bonacur‹ um. Und kurz darauf ließen sie in ihrer Eigenschaft als
Privatmenschen
eine Wortmarke gleichen Namens schützen, angemeldet in Verbindung mit Waren und Dienstleistungen wie: »Organisatorische Beratung, Unternehmensberatung, Unternehmensverwaltung, Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen, Elektronische Datenspeicherung,Erstellung wirtschaftlicher Gutachten, Mediation, Qualitätsprüfung, Wissenschaftliche Forschung, Zertifizierung, Dienstleistungen eines Arztes oder Krankenhauses, Therapeutische Versorgung und Betreuung«. Passt zur Firma.
    Welche Fragen müssen wir uns denn nun stellen: Wollten die drei von der KV-Stelle der Firma auch noch per Lizenz die Marke andienen? Sozusagen »von privat«? Wollten Sie, dass der neue Name »Bonacur« das Firmenversteckspiel noch tiefer ins Dunkel rückt?
    Wohin man blickt: Kuriositäten: Nicht nur die Geschäftsführerin der Gediselect GmbH & Co. KGaA ist eine Angestellte – auch der
Aufsichtsrat
besteht aus
Angestellten
der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Man kann sich das lebhaft vorstellen, wenn sich Munte über die Sprechanlage der KV beugt und mit sonorer Stimme anmahnt: »Die Damen aus der Buchhaltung in der Aufsichtsrat!« Huch, ist da ein Flattern! Doc Munte, der Herr über alle Mitarbeiter, schwebt über den Firmenverflechtungen. An der Universität spielen Studenten der Betriebswirtschaft »Aktiengesellschaft«. Da war mancher schon Aufsichtsrat. Hier sind die Aktien echt, die Folgen weitreichend.
Muntes Monopoly?
     
    Ich stelle mir einmal folgendes Szenario vor, das nach Lage der Dinge ja nicht undenkbar ist: Die AOK Bayern bietet der KVB einen Hausarztvertrag nach § 73b SGB V mit Bereinigung der Gesamtvergütung an. Die KVB beauftragt die Gediselect GmbH & Co. KGaA, diesen Vertrag abzuschließen (Gesamtvolumen: geschätzte 2 Milliarden Euro). An die teilnehmenden Hausärzte werden »stimmlose« Vorzugsaktien von »Bonacur« ausgegeben (meinethalben sogar verschenkt – und wer würde da nicht zugreifen?), wodurch die Gediselect-Gesellschaft
zur Gemeinschaft von Hausärzten
nach denVorschriften des SGB V geworden wäre. Vielleicht sind es ja 7000 Ärzte, die diese stimmlosen Vorteilsaktien besitzen und damit pro forma (und ohne dass sie vielleicht ahnen, was mit dem Danaergeschenk der Vorteilsaktien eigentlich bezweckt wurde) zur »Gemeinschaft von Hausärzten« geworden sind. Gleichzeitig werden die Stammaktien (mit Stimmrecht) an Kapitalgesellschaften verkauft. Könnte ja sein.
    Die Gediselect beauftragt die KVB zur Abwicklung des Vertrages, wofür die KVB von der Gediselect 1 % Verwaltungskosten erhält. Von den am Vertrag teilnehmenden Hausärzten fordert die Gediselect 3 % Verwaltungskosten. Somit verbleiben den Aktionären der Gediselect 2 % Verwaltungskosten (= 40 Millionen Euro) pro Jahr. Darf ich als Patientin noch fragen: Werden die Vorstandsmitglieder der KVB am Ende noch eine Lizenzgebühr auf den Namen »Bonacur« erhalten?
    Aus der Luft gegriffen ist das alles nicht. Die Nichtinformation fordert mich geradezu auf, denkbare Folgen aufzuzeigen; sie sind nämlich Ausdruck meiner Sorge. Ich möchte einfach nicht, dass die künftigen Aktionäre der Gediselect GmbH & Co. KGaA über die KVB an die sensiblen Daten der KV gelangen. Die KV besitzt deutschlandweit die besten arztbezogenen Daten, was deren Verordnungstätigkeit betrifft, sowie die patientenbezogenen Daten, was deren Diagnosen, deren Medikation und deren Behandlungsverlauf betrifft. Diese Daten sind nicht nur hochsensibel, sondern auch von hohem materiellem Wert. Ich sehe die Gefahr, dass diese Daten über die Gediselect GmbH & Co. KGaA an die künftigen Aktionäre fließen könnten, da Geschäftsführung und Aufsichtsrat personenidentisch sind mit der Führungscrew der KVB und der Aufsichtsrat in seiner hauptberuflichen Tätigkeit in Abhängigkeit zum Vorstand der KVB steht.
Querbesetzt
     
    Wie kann ein Institut »Kassenärztliche Vereinigung« heißen, wenn es in Wahrheit ein Kontrollorgan staatlicher Aufsicht und ein Steuerinstrument politischer Absichten für Ärzte ist? Antwort: Weil es die Politik so will (
und
weil es sich die Ärzte so haben gefallen lassen). Warum müssen Ärzte etwas bezahlen, was sie demokratisch weder steuern noch zureichend kontrollieren können. Antwort: Weil es die Politik so will (
und
weil es sich die Ärzte so haben gefallen lassen). Wie kann es sein, dass ein bestellter Treuhänder einer Körperschaft öffentlichen Rechts unbehelligt

Weitere Kostenlose Bücher