Der verkaufte Patient
von der staatlichen Aufsichtsbehörde heimlich – so muss man ja wohl sagen! – Gelder ungeklärter Herkunft einsetzt und rätselhafte Firmen gründet? Antwort: Weil die politische Aufsicht nicht funktioniert (
und
weil es sich die Ärzte so haben gefallen lassen). Wie kann es in München eine Sozialministerin geben, die einen KV-Chef wie Munte nicht näher unter die Lupe nimmt? Weil Munte zum großen Spiel gehört (
und
weil die Ärzte nicht aufstehen wie ein Mann und sich wehren). Wie kann es sein, dass die Rechtsform der
Körperschaft öffentlichen Rechts
, die eigens zum Schutz öffentlicher Güter und zur Entflechtung von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft geschaffen wurde, so haarsträubend aufgeweicht wird? Weil es die Politik so will (
und
weil die Ärzte nicht bei den ersten Anzeichen die Trommel schlugen, dass den Berliner Gesetzesschustern die Ohren klingelten).
Diese Fragen führen zur zentralen Frage: Wie kann es sein, dass in Deutschland Gesundheitsreformen durchgeführt werden, denen die Experten aller Experten auf diesem Gebiet, die Ärzte, ein vernichtendes Zeugnis ausstellen. Meine persönliche Antwort: Weil die Ärzte – sorry, liebe Freunde, jetzt kriegt ihr eins von Patientenseite übergebraten –
ihre Ruhe haben wollen
, weil sie eine so fürchterlich unpolitische, konservative Bande sind, die sich eher zur Schlachtbank führenlässt, als einmal mannhaft auf den Tisch zu hauen. Dieses Gewürge, Geschiebe und Gefilze zwischen öffentlicher Hand und Wirtschaft – es wäre schon dreimal vom Tisch, wenn Ärzte KerlInnen und Kerle wären. Streikrecht hin, Streikrecht her, sie könnten sagen: No! Nie! Niemals! Never! Nada! Nichts, aber auch gar nichts ginge gegen sie. Wir Patienten würden den Ärzten unseres Vertrauens – sie sind nun einmal unsere Anwälte, sie stehen auf unserer Seite – glauben und unser Kreuzchen schon an der rechten Stelle machen. Ärzte begreift doch: Ihr seid eine politische Macht. Wenn ihr nur wollt, geht an euch nichts vorbei! Doch wenn ihr zagt und zaudert, müssen wir Patienten eben vorangehen!
Aber nicht nur die Ärzte, auch wir Patienten müssen uns kritische Fragen stellen. Fragen Sie sich bitte, wenn Sie dieses Kapitel gelesen und ebenso herzlich gelacht haben, wie Sie hoffentlich erschrocken sind: Wollen Sie das? Dieses Gemauschel zwischen München, Tostedt und Buxtehude? Diese Schiebereien? Diese politisch gedeckten Versuche, Schäfchen ins Trockene zu bringen? Diese kleinen Fluchten ins Privatrecht? Diesen permanenten Umbau von Verteilerdosen in Stromabzapfanlagen? Oder wollen Sie nicht eher, dass
Transparency International
in der Münchner Staatskanzlei und der Elsenheimer Straße mal nach dem Rechten sieht? Ich will das. Ich will, dass der unsägliche Herr Munte möglichst schnell und kostenneutral in den Ruhestand geschickt wird. Ich möchte, dass die aufsichtführende Ministerin Stewens ebenfalls ihren Hut nimmt. Sie hatte mehrere Aufforderungen zur
Aufsicht
, hat sich aber eher als
Wegsicht
betätigt: Christa Stewens, die Dame von der
Rechtswegsicht
– ich möchte sie nicht mehr sehen.
Stiftung zur Machtsicherung
Geschätzte 700 Millionen Euro Überweisungen gehen jährlich in den Kassenärztlichen Vereinigungen der 16 Bundesländer ein. Die Summe stammt aus der Zwangsmitgliedschaft der niedergelassenen Ärzte. »Gebraucht« werden sie von den KVen für Honorarabrechnungen (z. B. Pünktchen auszählen, Regresse versenden, Akontozahlungen verschicken usw.), nicht zu vergessen die anfallenden Verwaltungskosten.
Die Uhr der KVen läuft je nach Wahlausgang 2009 oder 2011 ab. Was tun, überlegten die KV-Fürsten. So entstanden kuriose Gebilde, um die Domäne zu sichern. In Bayern fand man Lösungen, die Sie, lieber Leser, bereits kennen. In der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurde eine andere Idee umgesetzt. Eine Stiftung war der Rettungsanker, der als Weihnachtsüberraschung 2007 an die einzelnen KV-Vorstände der Länder übermittelt wurde. Läppische 50 000 Euro sollte jeder der insgesamt 36 Vorstände einzahlen. Privat, und zwar bis 15. Januar 2008 auf das KBV-Konto der Ärzte- und Apothekerbank! Realistisch, bei einem Vorstandsgehalt von ca. 240 000 Euro! KBV-Chef Köhler erläuterte, weshalb die Vorstände privat Geld einlegen sollten. Durch das reformierte
Sozialgesetzbuch V
(Sie wissen schon, dieses Meisterstück der Legislative, bei dem das Grundgesetz zu frösteln beginnt) sei den Kassenärztlichen Vereinigungen zwar die
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