Der verkaufte Patient
ist angesagt bei der KV-Dressur. Und sie spuren, unsere Ärzte! Zanken sich wegen der Pünktchenvergabe, erkennen zwar diesen entwürdigenden Dressurakt und knurren ab und zu, sind aber letztlich fixiert auf das kleine Kuchenstück in dem ihnen zugewiesenen »Fressnapf«!
Bei den Hunden führt das im Extremfall dazu, dass sie sich selbst zerfleischen. Der Hundehalter kommt dabei völlig ungeschoren davon. Und genauso verhält es sich bei den Ärzten: Seit Jahren »zerfleischen« sie sich in einem unsinnigen Grabenkampf um das bewusst zu knapp gehaltene Futter. Anstatt sich gemeinsam und solidarisch gegen die Verursacher dieses gezielten Aushungerns aufzulehnen, auszusteigen aus dem System und die Verursacher für den entstandenen Schaden zur Verantwortung zu ziehen, warten sie. Worauf?
Die neuesten Entwicklungen in Bayern, wo es zu einem wackligen Burgfrieden zwischen Hausärzteverband und Staatsregierung kam, markieren in meinen Augen nur eine neue Etappe im Bruderkrieg zwischen Hausärzten und Fachärzten. Für ein paar vage Versprechungen in Wahlkampfzeiten, die hoffentlich nach der Wahl noch gelten, dürfen die einen wieder einmal an den Napf, während die anderen weiter im Regen stehen. Man könnte die Patienten sogar als dritte Partei im Bruderkrieg bezeichnen. Kaum war der Frieden mit der CSU geschlossen, ließen Ulla Schmidt und Christa Stewens einmütig verlautbaren: Wenn es denn zu höheren Honoraren für die Ärzte komme, müsse man die Milliardenbeträge auf den Patienten abwälzen. Konkret: Die Ärzte seien schuld, wenn die Krankenkassen ihre Beiträge erhöhten. So treibt man die einen gegen die anderen – und im Hintergrund geht alles seinen fatalen Gang.
Ich kann nur warnen: Es gibt keine Alternative zum Schulterschluss zwischen Patienten, Hausärzten und Fachärzten. Wir Patienten zahlen am Ende die Zeche.
KAPITEL 8
Blühende Kassen – oder:
Von der Verteilerdose zum Stromschlucker
W enn wir uns nun den gesetzlichen Krankenkassen zuwenden, wird es immer wieder zu inhaltlichen Überschneidungen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen kommen. Das hat einen sachlichen Grund.
Die Black Box der Demokratie
Beide Institutionen hängen zusammen wie siamesische Zwillinge, genauer gesagt: Die Politik, die beide Einrichtungen (mehr als uns allen lieb sein kann) im Griff hat, hat es per Sozialgesetzgebung so eingerichtet, dass zwischen ihnen eine Art symbiotischer Verbindung besteht. Auf gut Deutsch: Die Beitragszahler wissen nichts. Diejenigen, die über dieses System für ihre Arbeit bezahlt werden, wissen auch nichts. Sie sind beide draußen. Auf diese kuriose Weise sind die »Reinzahler«: wir Patienten, und die »Rausnehmer«: Ärzte, Schwestern und Pflegekräfte, in
einem Boot
, mithin über 70 Millionen Bundesbürger, denn so viele Bürger sind in der GKV versichert bzw. werden von ihr für Leistungen honoriert.
Sie alle haben mit der Steuerung unserer gesetzlichen Krankenkassen (und der mit ihnen vielfach strategisch und funktional verbundenen Kassenärztlichen Vereinigungen) nicht wirklich etwas zu schaffen. Auf dem Papier gibt es bei den Kassen zwar die Mitwirkung der Betroffenen – etwa durch das weitgehend stumpfe Instrument der Sozialwahl – im Endeffekt aber sind die Zwillinge unter sich und machen
ihr Ding:
weitgehend intransparent, nach außen hin abgeschottetwie eine Sekte, politisch immunisiert gegen wen auch immer. Ich nenne diese symbiotische Beziehung
die Black Box der Demokratie
. Ich kenne nämlich keine Einrichtung, die es so nachhaltig geschafft hat, von fast allen finanziert und von fast niemandem kontrolliert zu werden. Patienten, immerhin die Finanziers der Krankenkassen, sind nur Bittsteller, und die Ärzte verhalten sich, als wären sie zu Leibeigenen dieser Einrichtung dressiert worden. Unterwürfig bitten sie, die GKV möge sie doch wahrnehmen. »Auf Augenhöhe« möge man seitens der Kassen doch bitte mit ihnen verhandeln, wie es das Prinzip dieser Selbstverwaltung ursprünglich vorsah – ich weiß nicht, in wie vielen Stellungnahmen von Ärzten ich diesen Begriff gelesen habe. Die Politik benutzt die siamesischen Zwillinge, um in einer Art Zangenangriff unser gewachsenes, am Patienten orientiertes, wohnortnahes Gesundheitssystem aus den Angeln zu heben.
Sie sollten immer daran denken: Die Politik will den lückenlosen Kreislauf der »integrierten Versorgung«, den Ausverkauf von Gesundheit an das Kapital! Um das zu verhindern, braucht es den Schulterschluss
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