Der verkaufte Patient
überall ankommen, nur immer seltener bei den Patienten. Sollte die GKV eine Art Sickergrube für unsere Patientengelder sein? Selbst Fachleute durchschauen den Verhau zwischen Politik und GKV nur schwer. Ich möchte gern genau wissen: Was machen die Kasseneigentlich mit dem Geld der Beitragszahler? Stimmt es etwa nicht,
… dass die gesetzlichen Krankenkassen im Gefolge des Wettbewerbsstärkungsgesetzes (2007) Jahr für Jahr mindestens ca. 7–8 Milliarden Euro an Versichertengeldern z. B. für Werbung, Marketing, Sportstudio, Wellness und Urlaubsgestaltung ausgeben?
… dass sich die »Kassenfürsten« (sie heißen bei den Leuten nicht umsonst so) großzügig selbst bedienen und Vorstands-Jahresgehälter bis zu 215 000 Euro beziehen, zzgl. diverser Nebeneinkünfte und »Bonus«-Zahlungen bis zu 105 000 Euro pro Jahr? Wenn das stimmt, so wären das Angestellten-Gehälter, die deutlich über vergleichbaren Einkünften liegen.
… dass die (offiziell ausgewiesenen) Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen allein im Zeitraum von 1991 bis 2004 um 72 % gestiegen sind? Stimmt es, dass diese Zahl trotz der Reduzierung von zwischenzeitlich mehr als 1000 auf aktuell ca. 220 Kassen zutrifft?
… dass Krankenkassen, allen voran die AOK, zum Zweck der eigenen »Beitragsstabilität« über Jahre hinweg Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe aufgehäuft haben, ohne dass es den nominell zuständigen, jedoch mit den gesetzlichen Krankenkassen »blutsverwandten« Aufsichtsbehörden auffiel? Gibt es am Ende gar keine Aufsicht?
… dass gesetzliche Krankenkassen es (wiederum unter Schonung oder besser Verschönerung der Beitragsprämien) »vergessen« haben, für die betriebliche Altersversorgung der eigenen Bediensteten Rücklagen zu bilden – mit der Folge ungedeckter Verpflichtungen in der Größenordnung von 12,4 Mrd. Euro? Stimmt es, dass allein die AOK mit 8,2 Mrd. Euro dabei ist? Werden die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen? Plant man, Restschulden und vergessene Pensionsrückstellungen demnächst im sogenannten Gesundheitsfonds zu »vergesellschaften« und »umzuschulden« –auf Kosten der gesetzestreuen Krankenkassen, also letztlich aller Versicherten? Bezahlen wir – Sie und ich – diese Machenschaften?
… dass gesetzliche Krankenkassen hohe Millionenbeträge an Versichertengeldern für »externe Beraterverträge« aufwenden (ich vermute: zum Fenster hinaus-, vielleicht sogar gezielt in ein bestimmtes Fenster hineinwerfen)? Kann es sein, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, das Bundesgesundheitsministerium, noch nicht einmal dem Parlament gegenüber offenlegt, wohin die Gelder konkret gingen/gehen und für welche »Leistung« sie aufgewendet wurden/werden? Könnte es sich um Verschwendung und missbräuchliche Verwendung handeln?
… dass es die gesetzlichen Krankenkassen trotz mannigfaltig belegter »Unregelmäßigkeiten« und eines ganz offensichtlich ungenügenden Controllings in Hinsicht auf korrekten Umgang mit den rund 150 Mrd. Versichertenbeiträgen bis dato – wohl mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums – erfolgreich verhindern konnten, dass der Bundesrechnungshof die Kassen der Krankenkassen unter die Lupe nimmt? Gibt es bei Körperschaften des öffentlichen Rechts etwas, was unbedingt versteckt werden muss? Das gibt’s doch gar nicht. Das ist doch
mein Geld, unser Geld!
… dass an einer zentralen Position im Gesundheitsministerium mit Franz Knieps ein Stratege der AOK sitzt, der auf diese Weise maßgeblich an der Gestaltung der Gesetze beteiligt ist? Und wie verträgt es sich mit der politischen Hygiene, dass Ulla Schmidts Gesundheitsvordenker, der SPD-Abgeordnete Prof. Karl Lauterbach, auf der Bundestagshomepage unter »Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat« auch angeben muss, dass er noch 2006 für AOK Bayern, AOK Rheinland und BARMER gearbeitet hat?
Nebenbei gesagt: Gerade lese ich in der
Süddeutschen
, 4. 4. 08, einen unfreiwillig komischen Beitrag über die Buchpräsentation eines mutmaßlich verdienstlichen Werkes gegen Lobbyismus im Bundestag. Der Text beinhaltet die folgende köstliche Stelle: »›Ich bin überrascht, wie weit das geht‹, sagt der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach, den die Autoren zu ihrer Buchvorstellung eingeladen haben, ›ich habe das Problem unterschätzt.‹ Hauptsache sei, so Lauterbach, dass die Abgeordneten, die über die in den Ministerien verbreiteten Gesetze abstimmen, gar nicht wüssten, welche
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