Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Hüften in den schmutzigen Wellen stehend. Gegenüber, auf der Shibpur-Seite, mußte sich Baksa ihre geheimnisvolle Krankheit geholt haben.
    Tawan schlief eine Stunde tief und traumlos, wachte dann auf, wusch sich das Gesicht, zog seinen geliebten Seidenanzug an, setzte den schönen Strohhut auf und kontrollierte im Spiegel noch einmal den Sitz seiner diskret gestreiften Krawatte.
    Vinja sah ihm wortlos zu, bis er sich zur Tür wandte. »Kann ich nicht mitgehen, Onkel Tawan?« fragte sie.
    »Jetzt nicht, mein Liebes.«
    »Gehst du wieder auf die Börse?«
    »Nein. Zur Polizei.«
    Vinja starrte ihn mit weiten Augen ungläubig an. »Du gehst freiwillig zur Polizei?« Das war für sie unfaßbar – sie hatte gelernt, daß jeder Polizist ein Feind war, stärker als sie, und man ihm deshalb ausweichen mußte.
    »Auch geschäftlich, Vinja.« Tawan klinkte die Tür auf. »Man kann auch mit der Polizei Geschäfte machen.«
    Das war für sie noch unverständlicher, aber Onkel Tawan tat, seitdem man im Hotel Bambusgarten und nicht mehr unter dem Dach an der Punjab National Bank wohnte, so viel Rätselhaftes, was sie nicht verstand. Doch mit der Polizei Geschäfte zu machen war völlig unbegreiflich.
    Tawan ließ sich zur Distriktkommandantur fahren. Der Fahrer sagte fünfmal ›Sir‹ wegen des guten Trinkgeldes und riß die Wagentür auf. Nun doch etwas zögernd blieb Tawan vor dem Gebäude stehen und wartete ab, bis eine Art Gefängniswagen mit kleinen, eng vergitterten Fenstern neun Festgenommene und vier Polizisten ausgespuckt hatte. Die Gefangenen wurden mit Fausthieben und Gewehrkolbenschlägen ins Haus getrieben. Alle waren gut gekleidet, kamen also nicht von der Straße oder aus den Slums. Sie hatten die Hände in den Nacken gelegt, ihre aufgequollenen Gesichter verrieten, daß sie schon bei ihrer Festnahme mißhandelt worden waren.
    Tawan folgte ihnen und stieß auf einen Polizisten, der den Eingang bewachte.
    »Wohin?« fragte der Polizist knapp, unbeeindruckt von dem weißen Seidenanzug. Hier waren schon viele vornehme Herren erschienen und später in Handschellen abtransportiert worden.
    »Zu Sundra Dakhin«, antwortete Tawan höflich.
    »Sie meinen Major Dakhin, Sir?« Der Tadel war deutlich hörbar, nur das ›Sir‹ versöhnte etwas.
    »Ja. Major Sundra Dakhin.«
    Sieh an, dachte Tawan. In den sechs Jahren ist Sundra steil die Leiter hinaufgeklettert. Vom Lieutenant des Reviers zum Chef des Distrikts. Ich habe davon gehört; nur daß er schon Major ist, wußte ich nicht. Man kann wirklich etwas werden, wenn man eine offene Hand und die richtigen Freunde hat, denen man hier und da am Gesetz vorbeihilft. So wie er mir geholfen hat, das Dach an der Punjab National Bank anzubringen. Sein wöchentliches Geld kassierte dann immer sein Adjutant bei mir, der jetzt der Leiter des Reviers ist.
    »Major Dakhin ist sehr beschäftigt«, sagte der Polizist steif. »Sind Sie angemeldet, Sir?«
    »Nein.«
    »Dann werden Sie Major Dakhin nicht sprechen können.«
    »Wenn Sie ihm meinen Namen sagen, bestimmt.«
    »Und der wäre, Sir?«
    »Tawan Alipur.«
    Der Polizist griff nach einem Telefon, das an der Wand hing, drückte zwei Zahlen, nannte Tawans Namen und hängte dann etwas verwirrt wieder ein. »Sie werden tatsächlich erwartet, Sir«, sagte er.
    »Erwartet ist nicht angemeldet. Major Dakhin erwartet mich seit zehn Tagen. Ich war nur verhindert.« Tawan sprach wie ein einflußreicher Herr.
    »Zimmer 22, zweites Stockwerk!« Der Polizist grüßte sogar, als Tawan zur Treppe ging; er hatte noch den Satz im Ohr, den der Major ins Telefon gerufen hatte: »Sofort zu mir!«
    Vor Zimmer 22 atmete Tawan tief durch. Er war – das wußte er – mit zehn Wochenraten im Verzug. Eine Woche vor seiner Einlieferung in die Klinik von Dr. Banda hatte er zum letzten Mal gezahlt. Von da an kam der Adjutant mit leeren Händen zu Dakhin zurück und meldete immer das Gleiche: »Keiner anwesend. Nur das Kind Vinja, und die weiß nicht, wo ihr Onkel ist.« Und zuletzt, als Dakhin selbst zur Punjab National Bank kam, fand er diesen zerlumpten Studenten Shakir vor, der zu ihm sagte: »Tawan? Der wohnt nicht mehr hier. Der ist ein reicher Mann geworden.«
    »Ein Gauner ist er!« hatte Dakhin geschrien.
    Shakir hatte genickt und geantwortet: »Das ist er, deshalb ist er auch so reich geworden.«
    Tawan klopfte an die Tür, wartete aber nicht ab, bis er einen Ruf hörte: Ein Mann seines Ansehens wartete vor keiner Tür.
    Major Dakhin saß hinter

Weitere Kostenlose Bücher