Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
seinem überdimensionalen Schreibtisch und trank gerade eine Tasse Tee. Der Schreibtisch war ein Statussymbol – je größer und wuchtiger, um so höher gestellt der Mann, der dahinter saß. Dakhin hatte es in sechs Jahren vom kleinen Reviervorsteher zum Leiter des Distrikts gebracht. Er hatte sich Freunde mit Einfluß geschaffen, wurde manchmal zu Feierlichkeiten beim Polizeipräsidenten eingeladen, war der Geliebte der ältesten Tochter des Oberstaatsanwalts geworden, einer schönen Frau, die man schon mit zehn Jahren an einen Mann verheiratet hatte, der mit dreißig plötzlich schwul wurde, und hatte es eigentlich nicht nötig, Tawans zehn Prozent einzutreiben. Es waren lächerliche Summen gewesen. Aber Dakhin ging es hier nicht um das Geld, sondern um das Prinzip. Hundert kleine Quellen geben ebenso viel Wasser wie eine große. Das war eine Weisheit, die nur wenige verstanden. Alle suchten nach der großen Quelle und sahen nicht die Rinnsale, in denen Wasser lautlos floß.
    Tawan blieb an der Tür stehen und wartete.
    Dakhin stellte seine Teetasse ab und sah den Besucher im weißen Seidenanzug und weißen Strohhut erstaunt an. »Sie wünschen, Sir?« fragte er und erhob sich hinter seinem Schreibtisch. »Man hat mir gemeldet, daß Sie mich sprechen wollen.«
    Tawan war voller Freude. Er hätte jauchzen können. Auch Dakhin erkennt mich nicht. Er redet mich mit ›Sir‹ an! Ist das ein Erlebnis! »Sie wollten mich sprechen, Major«, entgegnete er und nahm seinen Hut ab.
    Dakhin riß den Mund auf und stieß einen heiseren Laut aus. »Du bist es, du Halunke?« schrie er. »Wie siehst du denn aus? Wo hast du den Anzug geklaut? Wo wohnst du jetzt? Was treibst du? Warum hast du Gauner zehn Wochen keine Rupie gezahlt?«
    »Das sind viele Fragen auf einmal, Sundra. Oder muß ich ›Herr Major‹ sagen?«
    »Wenn jemand hereinkommt, ›Herr Major‹. Was ist los mit dir, Tawan?«
    Tawan ging nahe an den gewaltigen Schreibtisch heran, griff in seine Rocktasche, holte ein in der Faust zerknülltes Bündel Geldscheine heraus und warf sie vor Dakhin auf die Tischplatte. Es waren ausschließlich Dollarscheine, zweihundertachtzig Dollar im Ganzen.
    Dakhin verschlug es die Sprache. Stumm zeigte er mit den Fingern auf das Geld.
    »Dein Anteil, Sundra«, sagte Tawan und setzte sich auf einen Stuhl. »Von zehn Wochen, die ich dir schulde.«
    »Zweihundertachtzig Dollar.«
    »So viel wird es wohl sein.«
    »Wo hast du sie her?«
    »Verdient. Es hätten mehr sein können, aber ich war zehn Tage in einem Krankenhaus.«
    Dakhin fragte nicht, warum Tawan in einem Hospital gelegen hatte; ihm ging es nur um die Dollars. »Du hast einen Amerikaner bestohlen?«
    »Sundra, ich habe im Hafen einen amerikanischen Frachter entladen. Die amerikanischen Kapitäne zahlen nur in Dollar. Ein Job bei ihnen ist immer ein guter Job. Ich hatte Glück.«
    »Das wollen wir mal kontrollieren.« Dakhin drückte einen Knopf der Sprechanlage auf seinem Tisch.
    Eine Stimme fragte: »Zu Befehl, Herr Major!« und schwieg dann.
    »Ich möchte eine Liste aller Überfälle und Diebstähle auf Fremde. Touristen oder Geschäftsreisende. Alles, was angezeigt und erfaßt wurde. Sofort!«
    »Zu Befehl, Herr Major! Es ist alles im Computer.«
    Dakhin schaltete ab, setzte sich und lehnte sich genüßlich zurück. »In ein paar Minuten haben wir die Liste deiner Schandtaten, Tawan. Dann bist du überführt.«
    »Muß das sein, Sundra? Sind wir nicht seit sechs Jahren Partner und Freunde? Ich habe alles mit meiner Hände Arbeit verdient.«
    »Das glaube ich dir gern. Ein Dieb ohne Hände ist wie ein kastrierter Hund.« Dakhin lachte laut. »Tawan, ich will dir nur zeigen, wie gut die Polizei arbeitet. Wir wissen alles, wir können jedem Dieb seine Straftat nachweisen, da hilft kein Leugnen mehr.«
    »Du hast immer deinen Anteil bekommen, Sundra!« rief Tawan empört. »Du kannst mich nicht verhaften lassen!«
    Es klopfte, ein Sergeant trat ein, grüßte stramm, übergab dem Major einen Haufen Computerausdrucke, sah Tawan neugierig an und verließ sofort wieder das Zimmer.
    Dakhin blätterte in den Papieren. »Da haben wir es«, sagte er mit Stolz und Zufriedenheit. »Am 5. waren es siebzig Dollar. Am 7. genau sechzig englische Pfund. Am 11. hundertzehn Dollar. Am 17. – das ist heute – der ganz große Schlag, zweitausend Dollar. Und alles am gleichen Ort.« Er blickte auf und lächelte breit. »Dein Arbeitsplatz ist die Ankunftshalle im Flughafen. Ist es so,

Weitere Kostenlose Bücher