Der verkaufte Tod
bekommen!‹ Und was sagt der Polizeioffizier darauf? ›So ein Hurensohn! Aber ich bekomme ihn, ich werde ihn finden!‹ Jetzt sucht dich die Polizei. Tawan, paß gut auf dich auf.«
Tawan nickte und trat wieder auf die Straße. Bei der Fahrt zum Hotel Bambusgarten ließ er das Taxi an der Reinigung halten und holte seinen weißen Seidenanzug ab, aus dem alle Flecken herausgegangen waren und den man vorzüglich gebügelt hatte. Es war also wahr, was man sich erzählte: Die besten Wäschereien sind die chinesischen. Flecken, die keiner entfernen kann, die Chinesen bringen sie heraus.
Sangra wartete bereits mit dem Mittagessen. Vinja hatte ihr bei der Zubereitung der Speisen geholfen, die Salate geputzt und den Braten mehrmals begossen, sie hatte den Tisch gedeckt und auch Servietten hingelegt. Sangra hatte ihr erklärt, wozu sie dienten. Bisher hatte sich Vinja den Mund immer mit dem Ellenbogenrücken sauber gewischt.
Das Hotel war um diese Zeit voll belegt. Aus einigen Zimmern drangen eindeutige Laute auf die Flure, ein Beweis, daß sich die Gäste wohl fühlten.
Sangra war mit dem heutigen Tag zufrieden. »Eine gute Kundschaft«, sagte sie, als sie am Tisch saßen und Tawan den Braten zerteilte. Das hatte früher Sangras Mann getan, denn es war das Vorrecht des Hausherrn; aber nun, da Tawan wie zur Familie gehörte, war es seine Aufgabe geworden. »Zwei Flaschen Champagner habe ich an Zimmer 2 und Zimmer 6 verkauft, junge, reiche Herrchen, die mit wunderschönen Mädchen gekommen sind. Tawan, so reich müßte man sein!«
»Eines Tages sind wir es, Sangra. Die Geschäfte sind gut angelaufen.«
»Welch ein Glück für dich!« Sie hatte es bisher immer vermieden, ihn zu fragen, wie er das viele Geld verdiente. Es mußten außergewöhnliche Geschäfte sein, ohne eine feste Arbeitszeit, denn Tawan ging und kam, wann er wollte, blieb nur drei, höchstens vier Stunden weg und hatte dennoch genug in der Tasche. Das mußte Sangra jedenfalls annehmen, denn jedesmal, wenn er heimkam, sagte er zu Vinja: »Wieder ein guter Tag, mein Kleines.« Und einmal hob er sie sogar hoch, schwenkte sie durch die Luft und rief: »Wenn das so weitergeht, haben wir schon in einem Jahr unser eigenes Haus.«
Heute war nun die Gelegenheit, ihn zu fragen. Sangra wartete, bis das duftende Fleisch verteilt war und Tawan sich Bier ins Glas geschüttet hatte. »Was tust du eigentlich, Tawan? Was für ein Geschäft hast du?«
Tawan hatte lange auf diese Frage gewartet. Sie mußte einmal kommen, und er hatte sich gut darauf vorbereitet. In der Bar des Grand-Hotels hatte er einmal ein Gespräch zwischen zwei älteren, sehr reich aussehenden Herren belauscht und viel daraus gelernt. Der Barkeeper erklärte ihm dann für zehn Dollar einige Begriffe, und so war Tawan bestens ausgerüstet, wenn jemand nach seinem Beruf fragen würde. »Ich spekuliere an der Börse«, sagte er jetzt leichthin und trank einen Schluck Bier.
Sangra riß die in Fett gebetteten Augen auf. »Was tust du?«
»Ich arbeite an der Börse.«
»Das ist doch so ein Gebäude, in dem die Männer herumrennen und schreien und Zahlen brüllen und telefonieren? Ich habe das mal im Fernsehen gesehen. Und alle waren so aufgeregt. Warum eigentlich? Ich habe das nicht verstanden.«
»Es geht um steigende oder fallende Aktien- und Devisenkurse«, sagte Tawan klug. »Und wir rennen herum, kaufen Aktien oder Devisen zum günstigen Kurs oder stoßen Aktien ab, wenn sie sichtbar fallen.«
»Und so was machst du?«
»Ja.«
»Du rennst herum und brüllst?«
»So ähnlich.«
»Und damit verdient man Geld?«
»Viel Geld, wenn man die richtigen Aktien kauft oder weggibt. Oder wenn man ahnt, daß der Dollar steigt, und wenn man ihn heute noch zu einem niedrigen Kurs kaufen kann. Da werden Millionen verdient, Sangra.«
»Du … du bist also doch ein Millionär? Vinja, dein Onkel ist ein Millionär und hat uns nichts davon gesagt.«
»Noch bin ich es nicht.« Tawan aß mit großem Appetit den saftigen Braten. »Ich bin erst zu kurz dabei. Mal gewinne ich, mal habe ich Verluste. Man muß sich einarbeiten und mehr Leute kennenlernen, die einem Tips geben. Aber heute war ein guter Tag: Ich habe achtzehnhundert Dollar Gewinn gemacht. Außerdem habe ich einen Partner gefunden. Ab morgen arbeiten wir zusammen, dann wird das Risiko kleiner.«
»Mir schwirrt der Kopf.« Sangra stopfte das Essen in sich hinein, als gehe es um einen Wettbewerb: Wer hat zuerst seinen Teller leer? »Achtzehnhundert
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