Der verkaufte Tod
lieber ist als ich. Schwester Myriam wird Sie zu Mutter Teresa begleiten.«
»Das ist ein wunderbares Abschiedsgeschenk.« Burten freute sich wirklich. Sein im letzten Gespräch mit Schwester Myriam geäußerter Gedanke hatte sich zu einem Plan entwickelt: Ich hole sie nach New York, aus einer Klinik, wo Tiger mit Menschenfleisch gefüttert werden.
Dr. Banda streckte seine Hand vor.
Burten blieb keine Wahl, er ergriff sie und drückte sie ohne Kraft. Das wär's, dachte er und zog seine Hand zurück. »Wann kann mich Schwester Myriam begleiten?« fragte er und blickte in Dr. Bandas verdammtes Lächeln.
»Wann Sie wollen. Sie wird Sie auch zum Flugzeug begleiten. Ihr Tag ist Ihnen gewidmet.«
»Dann möchte ich keine Zeit versäumen.« Burten ging zur Tür. Dr. Bandas ewiges Lächeln folterte seine Nerven. »Ich hatte jetzt drei Wochen, in denen Zeit keine Rolle spielte; ab heute heißt es wieder: Zeit ist Geld.«
»Ich wiederhole: Werden Sie nicht übermütig, Mr. Burten. Sie fühlen sich wie verjüngt, aber das Geburtsdatum bleibt das gleiche. Es ist alles relativ. Was haben Sie als nächstes vor?«
»Ich werde mich einen Monat lang auf den Fidschi-Inseln erholen oder auf Hawaii, mit Lora natürlich. Doch, es ist wie früher: Wir verbrennen vor Sehnsucht nacheinander.«
»Noch eine Wiederholung!« Dr. Banda wedelte scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Keine extremen Turnübungen! Nicht, daß ich Ihnen auch noch ein Herz implantieren muß.«
»Keine Sorge.« Burten bemühte sich ebenfalls um ein Lächeln. »Auch auf kleiner Flamme kann man kochen. Leben Sie wohl, Dr. Banda.«
»Bis zum nächsten Jahr, Sir. Auch Ihnen alles Gute.«
Burten verließ das Ordinationszimmer. Draußen auf dem Flur atmete er auf und breitete die Arme aus, als wolle er die ganze Welt umarmen. In einem Jahr? Du siehst mich nie wieder, Ratja Banda … Ed, alter Junge, jetzt hast du wieder ein tolles Leben vor dir! Mit dreiundsechzig Jahren bist du noch im vollsten Saft. Dreiundsechzig ist doch kein Alter. Und außerdem hast du jetzt eine junge Niere.
New York, der alte Ed Burten kommt zurück!
Auf der Fahrt zur Missionsstation von Mutter Teresa versuchte Burten noch einmal, Schwester Myriam davon zu überzeugen, daß New York das richtige Pflaster für ihr weiteres Leben sei. »Myriam«, sagte er, »überleg dir's genau. Es ist die große Chance für dich! Hier in Kalkutta hast du keine Zukunft, du wirst ewig eine Stationsschwester bleiben. Willst du das?«
»Es ist eine Ehre, bei Dr. Banda zu arbeiten, Sir. Er ist ein wunderbarer Arzt.« Schwester Myriam blickte aus dem Fenster des Taxis auf das quirlige Leben auf den Straßen, auf das Menschengewühl, das die Plätze und Märkte beherrschte, und das Chaos, das Autos, Busse, Karren, heilige Kühe und Fahrräder verursachten. »Kalkutta verlassen? Für immer? Mein Kalkutta? Ich kann mir das nicht denken.«
»Kalkutta ist eine Kloake gegen New York.«
»Aber es ist meine Heimat, Sir.«
»Ich bleibe bei meinem Angebot: Du wirst Leiterin des Erholungsheims der ›Edward-Burten-Stiftung‹. Ich werde das Heim mit angeschlossener Klinik für Innere Medizin nach den neuesten Erkenntnissen bauen. Es wird der modernste Bau der Staaten werden. Was Ed Burten anpackt, ist immer super!«
»Das bezweifelt keiner, Sir. Aber –«
»Ich lasse kein Aber gelten! Myriam, du bist zu schade für Kalkutta! Ich biete dir ein klotziges Gehalt, dir und deinem Verlobten.«
»Auch er wird Kalkutta nicht verlassen. Wir gehören hierher, Sir. Vielleicht verstehen Sie das nicht –«
»Nein! Das verstehe ich wirklich nicht. Dir steht die ganze Welt offen, und du verkriechst dich in einem Misthaufen! Sieh doch mal mit klarem Blick aus dem Fenster. Dieser Dreck, dieses millionenfache Elend.« Sie näherten sich jetzt der Missionsstation Mutter Teresas. Die Armut, durch die sie hindurchfuhren, war erschreckend. »Dem kannst du entfliehen.«
»Ich will ihm gar nicht entfliehen. Ich bin darin aufgewachsen, ich gehöre dazu. Fliehen ist keine Lebensaufgabe, Sir. Ich habe meinen Beruf, ich kann Menschen helfen.«
»Millionären, die sich alles kaufen können, ein Herz, eine Leber oder eine Niere, wie ich.«
»Wenn Sie zu uns kommen, sind es kranke, arme Patienten an der Schwelle des Todes. Wie elend waren Sie, als Sie eingeliefert wurden! Ohne eine neue Niere hätten Sie nicht mehr lange gelebt. Jetzt sind Sie wieder voller Lebenskraft, und ich habe dabei mitgeholfen.«
»Und wie, Myriam!«
»Das ist doch
Weitere Kostenlose Bücher