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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine schöne Aufgabe, ob in New York oder Kalkutta.«
    »Ich wiederhole: Überleg es dir, Myriam.«
    Die Missionsstation der ›Missionarinnen der Nächstenliebe‹, ein Orden, den Mutter Teresa gegründet hatte, nachdem sie die Armut und das einsame Sterben der Ärmsten, das ein regelrechtes Verrecken war, voller Ohnmacht erlebt hatte, war belagert von Kranken, Hungernden und Sterbenden, die man in den Straßen Kalkuttas aufgelesen hatte. Es war nur ein Bruchteil des Elends, das sich bei Mutter Teresa versammelte, aber sie gab Hoffnung und Glauben an die Menschlichkeit. Hände sind nicht allein zum Beten da, sondern um zu helfen – das war die Botschaft, die Mutter Teresa verkündete, das wahre tätige Christentum, das nicht nur Worte zur Linderung des Leides einsetzte.
    Das Taxi hielt am Eingang der Mission. Burten hatte es so gewünscht: Er wollte zu Fuß zum Haupthaus gehen, mitten durch die wartenden, zerlumpten Gestalten, an den verhungernden Alten vorbei, an ausgezehrten Müttern mit ihren Kindern im Arm, die jetzt schon Gesichter wie Greise hatten, an Kranken, die auf Decken oder selbstgezimmerten Tragen lagen, zwischen denen die Ordensschwestern herumliefen und den Menschen zu trinken brachten. Indische Pfleger und zwei Ärzte begutachteten die Kranken und bestimmten, wer in die Hospitalsäle aufgenommen wurde.
    Schwester Myriam, die hinter Burten durch die Reihe der Wartenden ging, legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das sieht kein Tourist«, sagte sie. »Sie sehen nur das schöne, moderne Kalkutta mit seinen Prachtbauten aus der Kolonialzeit. Warum führt man sie nicht mal durch die Slums?«
    »Wer will das schon sehen?« Burten blickte sich ergriffen um. »Es ist schöner zu erzählen: ›Ich habe in einem Maharadscha-Palast geschlafen‹, als zu sagen: ›Ich habe den Gestank aus Fäulnis und Kot in den Abflußgräben der Slums gerochen.‹«
    Sie blieben stehen.
    Ein Mann in verwaschenen Jeans mit einer weißen Jacke darüber kam ihnen entgegen. »Sie wünschen, Sir?« sprach er Burten an. Er musterte ihn schnell und schien sich kein Bild von ihm machen zu können. »Sind Sie von der Presse?«
    »Nein. Sehe ich so aus?«
    »Wenn jeder danach aussehen würde, was er ist, gäbe es viele häßliche Menschen, Sir.«
    »Sie sind ein Witzbold!« Burten war auf den richtigen Mann gestoßen. Er hatte den Ton an sich, den er liebte. »Ich möchte Mutter Teresa sprechen.«
    »In welcher Angelegenheit? Sie sehen nicht aus, als wenn Sie hungern oder krank sind. Mutter Teresa ist sehr beschäftigt.«
    »Wer sind Sie?« fragte Burten. »Ein Wachhund?«
    »Hier muß man alles sein. Ich bin Dr. Kilmoor. James Kilmoor.«
    »Amerikaner oder Engländer?«
    »Keins von beiden, Südafrikaner.«
    »Von Soweto nach Kalkutta?«
    »Mit einem Umweg durch die Slums von Peru.«
    »Arzt?«
    »Ja.« Dr. Kilmoor machte eine weite Handbewegung. »Die Kranken brauchen mich.«
    »Lassen Sie sich nicht aufhalten, Doc. Und halten Sie mich nicht auf. Ich bringe Mutter Teresa eine frohe Botschaft – so drückt man sich doch in der Bibel aus?«
    »Wenn Sie mir nicht sagen, Sir –«
    »Um es ganz klar auszudrücken: Ich will ein klein wenig mithelfen, daß ein Dr. James Kilmoor auch weiterhin in Mutter Teresas Mission Kranke versorgen kann und nicht mit dem Hut in der Hand herumzieht und Geld für Medikamente sammelt.«
    »Sie wollen Medikamente stiften? Wunderbar. Ich bringe Sie zu der Schwester, die die Apotheke verwaltet.«
    »Mutter Teresa! Junger Mann, meine Geduld hat Grenzen. Als ich in Ihrem Alter war, habe ich mich auch so flapsig benommen. Verdammt, warum rede ich? Myriam, gehen wir, ehe mir Südafrika unsympathisch wird.«
    Sie gingen weiter auf ein Haus zu, das Burten als das Haupthaus ansah.
    Dr. Kilmoor hinderte sie nicht daran; er blickte ihnen nach und dachte: ein amerikanischer Tourist, der ein paar schöne grauenhafte Fotos schießen will, mit denen er später im Club seine Freunde unterhält. Vielleicht läßt er auch ein paar Dollar da, als habe er eine Peep-Show besucht.
    Mutter Teresa saß in einem Kreis abgehärmter Mütter und sprach mit ihnen in einem Hindi-Dialekt, als Burten eintrat. Er hatte die Tür zufällig gewählt und schrak nun doch zusammen, als er der alten, kleinen, runzeligen Frau gegenüberstand. Ihre wachen Augen musterten ihn, das zerknitterte Gesicht war verschlossen. Sie zog sich das Kopftuch mit den blauen Stirnstreifen – einem breiten und zwei schmalen – tiefer in die Stirn und stand

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