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Der Verlobte

Der Verlobte

Titel: Der Verlobte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Sylvester
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Lillys Vater!« Tillmanns Geduldsfaden spannte beachtlich. Es wurde wirklich Zeit, diese Schnapsdrossel in ihr Zimmer zu verfrachten. »Kommen Sie, stehen Sie auf«, verlangte er bestimmt.
    Mama-Lou machte eine abwehrende Handbewegung. »Ach, Fritz! Der ist doch nicht Lillys Vater«, sagte sie mit gerümpfter Stupsnase.
    Tillmann zog vorsichtig an ihrem Arm. »Fritz ist nicht Lillys Vater?«, fragte er verblüfft.
    »Oder doch?« Mama-Lou legte das Gesicht in unzählige Falten. »Ich weiß das gar nicht mehr so genau, ist lange her …«
    Sie rappelte sich langsam auf und ließ sich nun bereitwillig von Tillmann die Treppe hochführen.
    »Weißt du, als Lilly damals kam, da war ich auch noch schwanger. Da ist man ja sowieso immer so durcheinander mit diesen ganzen Homo, Homorn…«
    Tillmann entspannte sich etwas. Diese Frau war einfach nur sturztrunken und verwirrt. »Hormonen«, ergänzte er amüsiert. »Sie waren durcheinander von den Hormonen.«
    »Genau.« Mama-Lou rülpste leise. »Huch, Entschld, Enschlugd… Verzeihung!« Sie deutete auf eine Tür. »Hier.«
    Kurz entschlossen drückte Tillmann die Klinke herunter. Er wollte Mama-Lou nur noch loswerden. Doch als sie vor dem Bett standen, auf dem er sie abladen wollte, blickten sie in zwei erschrockene Gesichter.
    »Oh, Entschuldigung«, murmelte Tillmann errötend. »Wir haben uns wohl in der Tür geirrt.«
    Erst jetzt sah er genauer hin. Das war doch diese irre Clara, Berts Mutter.
    »Aber das macht doch nichts!« Clara hatte offenbar zu ihrer anfänglichen Euphorie zurückgefunden.
    »Das is ja Leo!«, prustete Mama-Lou los und wollte sich gar nicht wieder einkriegen vor Lachen.
    Tillmann hatte Mühe, sie wieder aus dem Zimmer zu bugsieren.
    »Leo und die Irre«, brabbelte Mama-Lou und kicherte immer wieder in sich hinein, während sie das nächste Zimmer anpeilte.
    Sicherheitshalber klopfte Tillmann vorher an. Doch schon an den vielen Flaschen auf dem Tisch und den bunten Gewändern, die überall herumlagen, konnte er erkennen, dass sie hier richtig sein mussten.
    Mama-Lou setzte sich aufs Bett und ließ sich von Tillmann die edlen Pumps ausziehen. Dann fiel sie wie ein gefällter Baum um und schnarchte augenblicklich leise vor sich hin. Seufzend deckte er sie mit der Tagesdecke zu.
    Interessiert sah er sich kurz im Zimmer um. Hier tobte ja ein unglaubliches Durcheinander. Auf der Kommode türmten sich Kosmetika und Schmuck, dazwischen lagen einige Taschenbücher, die ihm mit ihrem türkisfarbenen Umschlag bekannt vorkamen – Krimis von Samson Perowski. Die hohen Schranktüren an der gegenüberliegenden Wand standen allesamt offen. Die Schränke waren fast leer, dafür lagen schrillbunte Kleider auf dem Fußboden verstreut.
    Wo hatte Lillys Vater denn seine Sachen? Tillmann warf einen kurzen Blick auf die friedlich schlummernde Mama-Lou und riskierte dann einen Abstecher in das kleine Bad, das zum Zimmer gehörte. Auch hier hatte Fritz keine Spuren hinterlassen. Nicht einmal eine zweite Zahnbürste stand im Zahnputzbecher. Ob er in einem anderen Zimmer untergebracht war?
    Tillmann hatte die Türklinke schon in der Hand, als sein Blick erneut auf das Chaos auf der Kommode fiel. Zwischen einem Buch und einer Puderdose schaute ein Stück Papier hervor. Unwillkürlich griff Tillmann zu.
    Was er hervorzog, war ein Briefkuvert. Es war leer und unbeschriftet, trotzdem meinte er, es schon einmal gesehen zu haben. Es fühlte sich an wie – natürlich, die Briefe! Es war genau so ein Kuvert wie das, das er am Mittag von Pauls Gedeck am Tisch genommen hatte. Seltsam, warum hatte Mama-Lou solch ein Kuvert in ihrem Zimmer? Tillmann konnte sich nicht erinnern, auf seinem Zimmer irgendwelches Briefpapier und Kuverts vorgefunden zu haben. Es war also unwahrscheinlich, dass hier alle das gleiche Briefpapier benutzten …
    In diesem Moment gab Lillys Mutter einen Grunzlaut von sich. Tillmann fuhr herum und ließ das Kuvert fallen.
    Ach, wahrscheinlich war das alles nur ein dummer Zufall. Er war schließlich nicht als Schnüffler hier, sondern als Partner von Lilly. Es wäre ohnehin besser, sich jetzt mal wieder ein bisschen um sie zu kümmern. Man würde ihn sonst noch für herzlos halten. Obwohl? Tillmann schüttelte kurz den Kopf. In dieser Familie wurden ja sogar handfeste Morde als störende Lappalie betrachtet. Zügig verließ er Mama-Lou und ihr Chaos-Zimmer.
    Als er über den Flur lief, hörte er unten in der Halle eine Uhr schlagen. Es musste vier Uhr am

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