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Der Verlobte

Der Verlobte

Titel: Der Verlobte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Sylvester
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Nachmittag sein.
    Vor der Tür zum Salon der Großmutter lagen die beiden Doggen und wirkten völlig entspannt. Trotzdem bewegte Tillmann sich betont langsam an ihnen vorbei. Sie behielten ihn ganz genau im Auge, während er vorsichtig weiterging.
    Plötzlich flog neben ihm eine Tür auf. Elisabeth stolperte kreischend auf den Flur und fiel Tillmann um den Hals.
    Die Hunde hoben ihre Köpfe.
    Elisabeth redete lautstark auf den total verdatterten Tillmann ein und gestikulierte wild.
    »Lassen Sie das doch! Bitte!«, stieß er gepresst hervor, da er hinter sich das leise Knurren von Hänsel und Gretel hörte.
    »So kommen Sie doch!«, kreischte Elisabeth mit schriller Stimme und zerrte an Tillmann herum. »Kommen Sie mit!« Sie versuchte, ihn in ihr Zimmer zu ziehen.
    Doch Tillmanns Bedarf an überdrehten älteren Damen war seit Mama-Lou wahrlich gedeckt. Er verspürte nicht die geringste Neigung, dieser schrillen Person in ihr Schlafzimmer zu folgen.
    Das Knurren der Hunde wurde lauter.
    »Sehen Sie sich das nur an!«, schrie sie völlig hysterisch.
    Elisabeth zog und zerrte an Tillmann, der sich mit aller Macht widersetzte. Solange, bis Hänsel und Gretel dicht vor ihnen standen. Ganz plötzlich erschien ihm Elisabeths Zimmer der einzig erstrebenswerte Ort zu sein!
    Tillmann hatte allerdings einen Moment zu lange für diese Erkenntnis gebraucht. Die Hunde waren schneller. Mit einer einzigen fließenden Bewegung sprang eine der Doggen an Tillmann hoch, legte ihm die riesigen Pranken auf die Schultern und drückte ihn fest an die Wand. Heißer Hundeatem schlug ihm ins angstverzerrte Gesicht. Tillmann schloss die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, starrte er auf schlabbrige Monsterlefzen. Zu keiner anderen Regung als einem anhaltenden Zittern fähig, wartete er endlose Sekunden lang ab. Doch der Hund schien nichts weiter von ihm zu wollen. Er blieb einfach so stehen und drückte Tillmann an die Wand.
    »Elisabeth?«, stieß er mühsam hervor.
    »Ja?«, kam es ebenso kläglich zurück. Immerhin hatte sie ihr hysterisches Kreischen überwunden.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Nein«, entgegnete Elisabeth. »Ein großer Hund drückt mich an eine Wand.«
    »Mich auch«, gab Tillmann zurück. »Meinen Sie, die gehen wieder weg?«
    »Nein«, sagte Elisabeth kleinlaut.
    Dann ertönte plötzlich ein Lachen von der Treppe. »Wenn ihr euch so sehen könntet!«, sagte eine Männerstimme und lachte erneut. »Hänsel! Gretel! Kommt her!«
    Mit einem lauten Schnaufen ließ die Dogge von Tillmann ab. Brav ließ sich das riesige Tier neben dem amüsierten Bert nieder.
    Tillmann rieb sich die schmerzenden Schultern. »Die können ja ganz schön zupacken, die beiden!« Er versuchte es mir einem schiefen Grinsen, doch der Schreck saß ihm noch in den Gliedern.
    Elisabeth hatte es offenbar schlimmer getroffen. Sie rutschte an der Wand hinunter, sackte in sich zusammen und jammerte unverständlich vor sich hin.
    »Elisabeth?«, fragte Tillmann zaghaft. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Sie schluchzte auf. »Lilo«, stieß sie hervor. »Im Bad.« Sie deutete auf ihre Zimmertür.
    Sofort verschwand Bert im Zimmer. Tillmann folgte ihm, schon um den Doggen nicht erneut ausgeliefert zu sein.
    Bert stand in der Badezimmertür und sagte laut und deutlich: »Scheiße! Verdammte Scheiße!«
    Tillmann trat zu ihm und schaute ihm über die Schulter. Er schluckte. Alles, was er sah, waren zwei – immerhin rasierte – Frauenbeine, die in die Luft ragten. Die bunt lackierten Fußnägel wirkten grotesk.
    Sofort hatte Tillmann geradezu Sehnsucht nach Hänsel und Gretel. Friedlich lagen die beiden Hunde auf dem Flur, fast niedlich. Die würden bestimmt nie jemanden hinterrücks in der Badewanne überfallen …
    Er tastete sich mit zaghaften Schritten rückwärts zurück auf den Flur. Tillmann war plötzlich so wacklig auf den Beinen, dass er sich die Wand hinabgleiten ließ, neben die jammernde Elisabeth. Zum ersten Mal an diesem Familienwochenende hatte jetzt auch Tillmann ein großes Bedürfnis nach einem Schnaps.
    Elisabeth sah ihn aus wahrhaft gruseligen Augen an. Ihre schrille Bemalung war zu schmuddeligen Farbklecksen und törichten Rinnsalen verlaufen.
    »Sie … ich bin … da lag sie …«, stammelte sie schluchzend und schmiss sich samt ihrer Kriegsbemalung an Tillmanns Oberhemd.
    Bert trat mit einer Packung Kosmetiktüchern aus dem Zimmer und reichte sie ihr. Elisabeth putzte sich geräuschvoll die Nase.
    »Lilo wollte

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