Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorene Freund: Roman (German Edition)

Der verlorene Freund: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Freund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos María Domínguez
Vom Netzwerk:
Vermögen kostete, dergleichen hatte hier noch keiner gesehen; es kam zu Streiks, zu Morden, den ersten Streik im Land haben die Bergleute ausgerufen, und er fand in Corrales statt, hier waren Menschen aus aller Herren Länder, ein Sprachengewirr, wie es überall wuchert, wo Gold zu finden ist, und schließlich fiel das Wasserwerk an den Staat, bis es 59 vom Hochwasser zerstört wurde. Vor ein paar Jahren kamen die Kanadier und haben wieder einmal das Blaue vom Himmel und das Gelbe aus der Erde versprochen. Das Gelbe für mich, die Erde für dich, denn man weiß, dass in den Minen nur Elend verteilt wird. Hören Sie auf mich und gehen Sie hin, Sie werden eine Stute und zehn Hühner durch die Zimmer des Marquis spazieren sehen, dort gibt es riesige Seilrollen und verrostete Stahlmaschinen, Fledermäuse und Tauben, zerstörte Schalttafeln, Schleusen, Stollen und Kammern, aus denendie Eidechsen schlüpfen. Mehr gibt es nicht, denn mehr ist nicht übrig.
    Aber zurück zu unserer Geschichte: Julio und Aiache arbeiteten beim neuen Steinbruch in der Mühle, im Abschnitt vor dem letzten Mahlgang, bei dem die Maschine alles noch feiner zerreibt, die Ausbeute absondert und zu einem massiven Goldbarren schmelzt. Julio bei der Kontrolle, der andere unten beim Sieb, bis Aiache auf die Idee kam, jeden Tag ein paar Handvoll mitgehen zu lassen, die Julio aus der Maschine nahm. Grobes Rohmaterial, noch unrein, aber so weit zerkleinert, als hätten zehn Kolonnen für sie gearbeitet. Sobald Julio alles vorbereitet hatte, fingen sie an, die tägliche Portion Geröll mit einer mechanischen Mörsermühle, dreihundert Kilo schwer, zu mahlen, die sie in einem stillgelegten Bergwerk aufgestellt hatten. Ein Bergwerk, das schon zu Zeiten der Franzosen aufgegeben worden war, weit oben, beim Bach, wo sie sich abwechselnd an den Hebel hängten, von vier bis sechs Uhr früh. So ging es einen ganzen Winter. Den Staub taten sie in Suppenschalen, gossen Quecksilber hinzu und sahen, was herauskam. Manchmal hatten sie Glück, manchmal nicht, und der Pick-up der San-Gregorio-Mine las sie jeden Tag müder und dreckiger an der Haltestelle im Dorf auf.
    Damals waren die Familien mit von der Partie. Gisela und Marga aßen gemeinsam zu Mittag, hüteten gemeinsam die Kinder, die nichts von der Sachewussten, oder zumindest glaubten sie das, bis Marga eines Tages hörte, wie Jonathan zu seinen Freunden sagte, er müsse sich keine Münzen aus dem Klingelbeutel fischen, denn bald sei er reich, und da er nicht undankbar sei, werde er sich an die erinnern, die ihm ihr Fahrrad geliehen hätten. Julio bekam einen entsetzlichen Wutanfall, verbot ihm, noch einmal davon zu reden, und gab ihm einen Monat Hausarrest, weshalb der Junge während dieser Zeit sozusagen nur mit der Stummen sprach, und jetzt fällt mir ein, dass die Sache mit den beiden vielleicht damals angefangen hat.«
    Beim dritten Glas hatte der Richter ein gerötetes Gesicht, und seine Augen glänzten, als gesellte sich zum Whisky und seiner Geschichte ein verborgenes Vergnügen, das seiner Stimme diese aufgeregte Rauheit gab.
    »Das Problem war also, dass Aiache allmählich um die Sicherheit der Körnchen und Splitter fürchtete, die sie in einem Glas sammelten, das Julio aufbewahrte, wo genau, haben wir nicht herausgefunden. Mag sein unter dem Bett oder im rückwärtigen Schuppen. Der Junge wusste jedenfalls, wo, und konnte es sich schnappen, wann immer es ihm einfiel. Deshalb wollte Aiache das Glas mit nach Hause nehmen, und sie wurden sich nicht einig. Weshalb sollte man dem stummen Mädchen eher trauen? Man hörte ja nicht einmal, wenn sie mit etwas angab. Schließlich hatte Aiache eine Idee, um die Spinnereien irgendwie zubenennen, die in seinem Kopf herumspukten und ihm ein Gefühl der Überlegenheit gaben. Sie kletterten eines Nachts über die Friedhofsmauer, suchten sich als Orientierungspunkt ein Kreuz und einen Baum, machten vom Baum aus fünfzehn Schritte im rechten Winkel und begruben das Glas. Sie konnten die Freiheit verlieren, sogar das Gold, das sie bei der Verhaftung wieder angehäuft hätten, aber das Glas war sicher aufbewahrt in beider Verschwiegenheit.
    Sechs Monate machten sie weiter so, mahlten, zählten und wechselten sich am Hebel ab, doch zum Streit kam es, mein Freund, als sie ihren Grundstock erweitern wollten und das Kreuz nicht mehr fanden. Können Sie sich ihr Erstaunen vorstellen? Sie gingen alle Namen der Kreuze auf dem Feld durch, einen nach dem anderen, überprüften

Weitere Kostenlose Bücher