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Der verlorene Sohn von Tibet

Der verlorene Sohn von Tibet

Titel: Der verlorene Sohn von Tibet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Softwarefirmen. Bedeutender politischer Förderer des Präsidenten. Kopf einer der wichtigsten gemeinnützigen Stiftungen von ganz Amerika. Unsere Spurensicherung war tagelang vor Ort, konnte aber nichts Verwertbares finden. Wir haben alle bekannten Kunstdiebe überprüft. Fotos der Exponate wurden an die Sicherheitskontrollen sämtlicher amerikanischen Flughäfen weitergeleitet und sogar im Internet veröffentlicht. Wir haben die Antiquitätenhändler der Region aufgesucht, die Bilder herumgezeigt und um die Meldung jedes ungewöhnlichen Vorfalls gebeten. Nach einer Woche voller Sackgassen wandte ein Großteil des Teams sich anderen Verbrechen zu, und die Akte landete auf meinem Tisch. Ich habe bei Kunstdiebstählen die beste Aufklärungsquote westlich des Mississippi.«
    »Aber wieso Lhadrung?«
    »Es gab nur noch mich und meine zwei Jungs, beide noch nicht lange bei unserem Verein. Wir haben uns jeden Bericht und alle Gesprächsnotizen vorgenommen. Dabei kam heraus, daß im Umkreis von achtzig Kilometern um Seattle vier verschiedene Antiquitätenläden gemeldet hatten, bei ihnen seien junge Frauen aufgetaucht, um sich nach dem Wert tibetischer Schmucksteine zu erkundigen. Die Geschichte war immer die gleiche: Irgendein Kerl habe sie in einer Bar angesprochen, ihnen einen Drink spendiert, sie mit seiner exotischen Art beeindruckt und ihnen zum Abschied als Glücksbringer einen seltenen alten Stein geschenkt. Das alles an nur zwei Abenden.«Corbett holte einen vertraut aussehenden Anhänger aus der Tasche, knapp drei Zentimeter lang, etwas mehr als einen Zentimeter breit und an den Enden verjüngt. »Ich habe einen davon gekauft.« Es war ein rot und grün gebänderter Achat mit weißen Streifen.
    »Das ist eine dzi -Perle«, erklärte Shan. »Die Tibeter glauben, man könne damit Schutzgötter anlocken.« Er blickte auf. »War dieser Mann am Abend des Diebstahls in den Bars?«
    Corbett nickte. »Und am Abend zuvor. Wir konnten zwei der Frauen ausfindig machen, weil sie ihre Steine in Kommission gegeben hatten. Keine von beiden war dem Kerl zuvor schon einmal begegnet. Sie haben sich ein paar Stunden unterhalten und getanzt. Ein harmloser Spaß, sagten sie. Eine meinte, er habe mit einem ausländischen Akzent gesprochen, der irgendwie britisch klang, aber nicht hundertprozentig. Er war dreißig bis fünfunddreißig Jahre alt. Schwarzes Haar, Schnurrbart, tiefblaue Augen. Die Augen haben ihnen besonders gefallen. Er sei viel auf Reisen und könne ihnen daher keine Adresse nennen, sagte er, aber er hat sich ihre Anschriften notiert, als wolle er bald zurückkommen, und erzählt, er würde nun nach Asien aufbrechen. Die Treffen fanden in zwei verschiedenen Bars statt, und zwischen den Bars stand ein großes Hotel. Wir haben die Gästeliste mit den Flügen des Tags nach dem Diebstahl verglichen. Siebenundzwanzig Asienreisende schienen zumindest vage zu der Beschreibung zu passen, und sechs davon hatten in dem besagten Hotel gewohnt. Es hat fast eine Woche gedauert, bis uns Kopien der sechs Paßfotos vorlagen. Anhand eines dieser Bilder haben die beiden Frauen ihn sofort und zweifelsfrei identifiziert. Ein britischer Staatsbürger namens William Lodi. Er ist von Seattle nach Peking und dann mit der nächsten Maschine nach Lhasa geflogen. Wir haben unsere Pekinger Abteilung verständigt und um Unterstützung durch die Öffentliche Sicherheit gebeten. Die chinesischen Kollegen berichteten, bei seiner Einreise habe Lodi ein Hotel in Peking als Aufenthaltsort genannt und auch tatsächlich im voraus für eine Übernachtung bezahlt, aber er ist dort nie aufgetaucht. Also führte die Öffentliche Sicherheiteine etwas umfassendere Untersuchung durch. Man fand heraus, daß er nach Lhasa geflogen war und daß er eine Exportlizenz besitzt, geltend für die Lieferungen einer Kunstgewerbehandlung. Lodi ist sogar Teilhaber des Geschäfts. Es liegt in einer kleinen Stadt, deren Namen bis dahin niemand je gehört hatte.«
    »Lhadrung.«
    »Genau. Als ich hier eintraf, war er leider schon wieder weg. In der Stadt heißt es, er sei irgendwo in den Bergen unterwegs. Wahrscheinlich verstecken ihn seine tibetischen Freunde, nachdem er den weltweit größten Diebstahl tibetischer Kunst begangen hat.« Corbett wartete nicht auf Shans Reaktion, sondern betrat den Freskenraum, wo Yao bereits mit der Arbeit begonnen hatte.
    Ein halbes Dutzend Lampen erhellte die Kammer, und der Inspektor machte sich eifrig Notizen. Er hob den Kopf und sah Shan

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