Der verlorene Troll
ferngehalten. Seine Fußabdrücke zogen sich wie ein schützender Kreis um sie herum, und er stand sprungbereit da, den Speer erhoben. Ein halbes Dutzend Tiere blutete aus Wunden an Hals und Schnauze.
»Geh langsam weg von dem toten Wolf«, sagte Made, die Stimme scharf wie seine Waffen.
Sie folgte seinem Befehl. Kaum waren sie außer Reichweite, umringten die Direwölfe ihren toten Kameraden, leckten den blutigen Schnee und bellten.
»Geh weiter, schnell«, befahl Made. »Und drücke dir beim Gehen eine Handvoll Schnee auf die Wunde.«
Blut strömte ihren Arm herab. Der Knochen fühlte sich nicht richtig an, und ein taubes Gefühl lähmte ihre Fingerspitzen. Ohne innezuhalten, nahm sie mehrere Handvoll Schnee und packte sie auf ihren Arm, wie Made es ihr geraten hatte. Dann drückte sie mit der anderen Hand fest auf die Wunde. Der Schnee linderte das Brennen und stillte die Blutung. Es fiel ihr schwer, auf zwei Beinen zu gehen, aber sie schleppte sich weiter, bis sie auf die tiefen Pfade stießen, die die anderen Trolle durch den Schnee gebahnt hatten, und ihnen folgten.
Noch nie hatte Windy sich ihrem eigenen Tod so nah gefühlt. Sie zitterte nach diesem Erlebnis, doch als sie die Direwölfe hinter sich gelassen hatten und die flache Steigung zwischen zwei Gipfeln erklommen, um von dort in das größere Tal abzusteigen, kam ihr bereits alles ganz unwirklich vor, als hätte es sich in einer fernen Vergangenheit ereignet. Etwas in ihr hatte sich verändert, aber sie wusste nicht, wie oder warum.
»Hast du früher schon mal gegen sie gekämpft?«, fragte sie ihren Sohn. »Allein?«
Made schmatzte kurz mit den Lippen. Ja, aber es war fast nichts, nur eine kleine Mahlzeit.
Ihr Sohn trug viele Narben. Wie hatte er sich verändert? Ihr war schwindelig zumute, als wäre sie getrennt von ihrem Körper und würde über dem Schnee schweben.
Sie betraten die heilige Lichtung mit dem Kreis aus dreizehn Felsen. Die anderen Trolle sahen Windys Wunde und scharten sich um sie, um zu hören, was passiert war. Während Windy von den Direwölfen erzählte, zog Made seine Kreise und sprach mit Steinchen und ihrem Partner, mit Blüte, Schorfzupfer und all den anderen Trollen, deren Stimmen er zu gewinnen hoffte.
»Lasst uns anfangen!«, rief Ambrosius.
»Ich bin bereit, wenn du es bist«, sagte Made. »Du willst Oberhaupt werden, also fang du auch als Erster an.«
Ambrosius zog ein böses Gesicht, weil er nicht genau wusste, ob er soeben beleidigt worden war. Windy setzte sich, während er durch den Steinkreis stapfte und versuchte, die anderen Trolle zu beeindrucken. Er sah immer noch gut aus, gestand sie sich widerwillig ein. Vor dem weißen Schnee wirkte seine graue Haut außergewöhnlich felsenhaft.
»Seht her!« Made zeigte auf ihn. »Er rennt im Kreis! Und so einen wollt ihr als Anführer?«
Ambrosius fuhr herum, stürmte auf Made zu, baute sich mit seinen ganzen achteinhalb Fuß vor ihm auf und trommelte sich auf die Brust. Made richtete sich ebenfalls zu voller Größe auf und streckte die Arme aus, als wolle er sich auch auf die Brust schlagen. Doch als Ambrosius innehielt und auf die Herausforderung wartete, ließ Made sich ohne Vorwarnung auf alle Viere fallen und rannte im Kreis herum. Nach einer Viertelumdrehung blieb er stehen und kratzte sich am Hintern, eine perfekte Nachahmung von Ambrosius. Windy war nicht die Einzige, die laut losprustete.
Ambrosius lachte mit ihnen, bis seine Augenbrauenwülste in verspäteter Erkenntnis erschlafften. »He!«
Made stellte sich erneut aufrecht hin. »Sind wir hier, um abzustimmen oder um zu kämpfen? So wie du dich benimmst, ist das schwer zu sagen.«
»Das reicht«, sagte Laurel. Sie war die Älteste der Horde und früher einmal Oberhaupt gewesen. »Ihr habt beide Vorschläge, wie wir unsere Probleme lösen können. Ambrosius, vielleicht fängst du an. Sag uns, warum wir dich zum Oberhaupt der Horde wählen sollten.«
Windy schüttelte den Kopf und presste frischen Schnee auf ihren Arm, um den Schmerz zu lindern. Made, nicht Ambrosius, hatte Ideen, die der Horde nützen würden, und er hatte oft darüber gesprochen, nachdem Beere, das letzte Oberhaupt, durch das gelbe Wasser gestorben war. Ambrosius hatte gegen alles gewettert, was Made sagte, mehr aus Gewohnheit als aus einem anderen Grund. Und so waren beide schließlich Anwärter für die Wahl zum Oberhaupt der Horde geworden.
Ambrosius trottete hin und her, blieb dann stehen, kauerte sich zu Boden und schaute
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