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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Welt nur ein einziges, ehernes Familienmodell!
    »Sie sind ... Arnau Queralt?«
    »Zumindest war ich das bis eben.« Ich strich mir eine Strähne, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte, hinters Ohr.
    »Der Eigentümer von Ker-Central?«
    »Falls nichts Unvorhergesehenes passiert ist, ja.«
    Wir waren bei einer grüngestrichenen Tür angelangt, an der ein kleines Schild mit seinem Namen hing, doch Llor gab den Weg nicht frei.
    »Ein Neffe meiner Frau ist TK-Techniker und arbeitet in Ihrem Unternehmen.« Sein Tonfall verriet, daß mir eine neue Rolle zugewachsen war: Ich war nicht mehr der x-beliebige verdächtige Vogel, der ihm irgendwie komisch vorkam.
    »Ach, ja? Schön. Was ist jetzt mit meinem Bruder?«
    Er griff nach der Türklinke und öffnete mit einem beflissenen Nicken. »Bitte, nach Ihnen.«
    Das Büro war durch eine Stellwand aus Aluminium in zwei Bereiche unterteilt. Im vorderen, kleinen, stand nur ein altes Schreibpult, auf dem sich Mappen und Papiere um einen gigantischen ausgeschalteten Computer stapelten. Den geräumigeren Teil dahinter dominierte ein wuchtiger Mahagonischreibtisch unter dem Fenster, gegenüber einem runden Tisch mit Konferenzstühlen aus schwarzem Leder. An den Wänden hingen dicht an dicht Fotos von Dr. Llor neben bekannten Persönlichkeiten und gerahmte Zeitungsausschnitte mit seinem Namen in der Schlagzeile. Der gute Mann durfte nichts mehr erleben, da war kein Quadratzentimeter übrig.
    Der Neurologe strich Dani über den Kopf und rückte für Ona einen der Stühle zurecht. »Bitte ...«:, sagte er leise.
    Der winzige Dr. Hernández setzte sich zwischen Ona und mich und ließ mit dumpfem Knall die pralle Mappe auf den
    Tisch fallen, die er die ganze Zeit unter dem Arm getragen hatte. Er sah nicht gerade glücklich aus, aber das war hier eigentlich niemand.
    »Der Patient Daniel Cornwall«, fing Llor in sachlichem Tonfall an und setzte die Brille auf, die er aus der Brusttasche seines Kittels gezogen hatte, »weist Symptome auf, die ausgesprochen selten sind. Dr. Hernández und ich stimmen darin überein, daß es sich um so etwas wie eine schwere Depression handeln könnte.«
    »Mein Bruder? Depressiv?« Das konnte ich kaum glauben.
    »Nein, Señor Queralt, nicht direkt ...« Llor schielte zu dem Psychiater hinüber. »Sehen Sie, die Symptome Ihres Bruders sind recht verwirrend, weil sie auf zwei Krankheiten schließen lassen, die in der Regel nicht gleichzeitig bei ein und demselben Patienten auftreten.«
    »Einerseits ...«, ergriff nun erstmals Dr. Hernández das Wort. Er konnte kaum seine Erregung darüber verhehlen, einen so seltenen Fall in die Finger bekommen zu haben. »Einerseits scheint er an etwas zu leiden, das in der Fachliteratur als Cotardsyndrom bekannt ist. Diese Krankheit wurde erstmals 1788 in Frankreich diagnostiziert. Patienten, die daran leiden, glauben ganz fest, sie seien tot, und fordern, zuweilen sogar unter Einsatz körperlicher Gewalt, man möge sie in einen Sarg legen und begraben. Sie spüren ihren Körper nicht, reagieren nicht auf äußere Reize, der Blick wird stumpf und leer, die Muskeln erschlaffen völlig . Das heißt, sie sind lebendig, weil wir wissen, daß sie es sind, sie verhalten sich jedoch, als wären sie tot.«
    Ona konnte nicht mehr an sich halten und begann still zu weinen. Der erschrockene Dani sah hilfesuchend zu mir hoch und brach angesichts meiner ernsten Miene ebenfalls in Tränen aus. Hoffentlich kamen Jabba und Proxi bald und holten ihn ab.
    Das Geschrei des Kleinen machte jede Unterhaltung unmöglich. Ona riß sich zusammen und ging mit Dani im Zimmer auf und ab, wobei sie beschwichtigend auf ihn einredete. Von uns dreien am Tisch sagte keiner ein Wort. Endlich, nach einigen zähen Minuten, beruhigte mein Neffe sich wieder und schien einzuschlafen.
    »Es ist sehr spät für ihn«, flüsterte Ona und nahm vorsichtig wieder Platz. »Er sollte längst im Bett sein. Er hat noch nicht mal zu Abend gegessen.«
    Ich legte die Hände auf den Tisch und beugte mich zu den Ärzten vor. »Nun, Dr. Hernández. Was kann man gegen dieses Cotardsyndrom, oder wie immer das heißt, unternehmen?«
    »Unternehmen, unternehmen .! Angezeigt ist eine stationäre Behandlung und die Verabreichung von Psychopharmaka. Sofern die Medikamente anschlagen, sind die Prognosen im allgemeinen gut, obwohl es, ich will Ihnen da nichts vormachen, fast immer zu Rückfällen kommt.«
    »Die jüngsten Studien zum Cotardsyndrom«, schaltete sich Dr. Llor ein,

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