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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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vollem Hals, aber das Grollen des Steins überdeckte ihre Stimme. »Marc, Marc!«
    Gerade rechtzeitig, bevor das steinerne Visier sich vollends schloß, sprang mein dicker Freund kopfüber durch die Öffnung wie in ein Schwimmbecken. Ich bangte kurz um seine Beine, die noch draußen hingen, als plötzlich - Proxi und ich zerrten verzweifelt an Jabbas Händen - aus der linken Wand eine fast ein Meter breite Mauer seitlich auf uns zukam und begann, den hinteren Teil des Kopfes zu verschließen. Obwohl Proxi sofort zur Seite weichen mußte, um nicht erfaßt zu werden, schafften wir es zum Glück im allerletzten Moment, Jabba mit dem entscheidenden Ruck zu uns herüberzuziehen. Er war verdreckt und voller Schrammen, aber er hatte es geschafft.
    Erschöpft ließ ich mich zu Boden fallen, streckte mich lang hin und blickte hoch zur Decke des Gangs, wo der Lichtkegel meiner Stirnlampe im beschleunigten Rhythmus meiner Atmung hin- und herhüpfte. Die erdrückende, sauerstoffarme Luft um uns herum machte aus jeder körperlichen Anstrengung eine übermenschliche Tat, bei der ich mir fast die Seele aus dem Leibe pustete.
    »Tu mir das nie wieder an, Marc«, hörte ich Proxi flüstern. »Hast du mich verstanden? Sei nie wieder so stur.«
    »Okay«, antwortete er zerknirscht.
    Ich versuchte aufzustehen, doch ich schaffte es nicht, es kostete mich ungeheure Kraft. Ich hätte nichts dagegen gehabt, mich ein Weilchen auszuruhen und Atem zu schöpfen. Aber wer war schon so verrückt, sich im Innern einer seit Jahrhunderten in der Erde vergrabenen Tiahuanaco-Pyramide auf einem harten Steinboden auszuruhen? In einem Gang zu hocken, den bestimmt alle möglichen Biester bewohnten und dessen einzigen Ausgang eine verschiebbare Mauer und ein riesiger Kondorkopf versperrt hatten? Nein, das war wirklich nicht gerade empfehlenswert. Also nahm ich meine ganze Willenskraft zusammen und schaffte es schließlich, mich aufzusetzen und meinen Kopf auf die gebeugten Knie zu legen.
    Auf einmal sah ich klar und deutlich vor mir, wo ich mich befand. Vor meinem geistigen Auge tauchte der in Thunupas Sockel auf dem Sonnentor eingravierte Lageplan auf. Und ich erinnerte mich, daß auf der Oberseite der Mittelkammer, in der sich die gehörnte Schlange befand, vier lange Hälse mit Pumaköpfen saßen und an den Seiten und unterhalb sechs Hälse mit Kondorköpfen. Das hieß, wir hatten gerade den ersten Kondorkopf auf der rechten Seite durchquert (da wir ja durch den Schacht auf der Ostseite des Mondtores hereingekommen waren) und befanden uns jetzt im Hals. Wenn ich mich nicht täuschte, würden wir am Ende eines stetig ansteigenden Tunnels, der bis ins Zentrum der Pyramide führte, auf die Mauern der Kammer stoßen.
    »He, ihr zwei!« rief ich lächelnd. »Wenn ihr mal ’nen Moment mit den Kindereien aufhört, erzähl ich euch was Interessantes.«
    »Spuck’s aus.«
    Ich erklärte ihnen das mit dem Kondorhals, aber das schien sie nicht weiter zu beeindrucken. Natürlich, es war nichts Neues, wir wußten ja alle, daß auf dem Sockel ein Lageplan abgebildet war. Mir war jedoch bisher nicht vollkommen klargewesen, daß der Ort, an dem wir uns befanden, genau dem entsprach, was unter dem Zeptergott eingraviert war.
    »Los, gehen wir«, sagte ich und quälte mich hoch. »Jetzt müßten wir auf eine Freitreppe oder so was stoßen.«
    »Hoffen wir mal, daß es so etwas ist und nicht wieder eine bescheuerte Prüfung«, knurrte Jabba.
    »Was hast du mir gerade versprochen?« Proxi warf ihm einen bitterbösen Blick zu.
    »Ja, ja, ist schon gut! Ich beschwere mich ja gar nicht.«
    »Davon merkt man aber nichts«, sagte ich zu ihm und trabte los.
    »Ich halte, was ich verspreche!«
    »Wir werden sehen, ob das stimmt. Jedenfalls wäre meine Oma leichter zu ertragen als du.«
    »Ich würde sie sofort gegen den hier eintauschen!« sagte Proxi lachend.
    Da bemerkte ich auf einmal - ich hängte mir gerade die Tasche über die Schulter - genau rechts neben mir dicht an der Wand eine Steinsäule. Sie erinnerte mich an diese kleinen Parkbrunnen, die genau die richtige Höhe haben, damit Kinder mit fremder Hilfe daraus trinken, aber nicht mit dem Wasser spielen können. Ich bewegte mich langsam darauf zu. Auf der Säule lag eine Steintafel, wie ein Buch auf einem Pult. Sie war so groß wie ein Schreibblock und voller kleiner, regelmäßig verteilter Löcher.
    Jabba und Proxi kamen näher, um sie sich anzusehen.
    »Was ist das?« fragte Jabba.
    »Glaubst du, ich kenne mich

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