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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Verstand!«
    »Okay, okay! Trotzdem. Bestimmt sind sie der Schlüssel, mit dem man den Schnabel dieses Kondors öffnen kann.«
    »Also los, nachdenken!« Jabba winkte uns herbei, damit wir uns neben ihn setzten.
    »Vorher muß ich euch erzählen, was ich entdeckt habe«, verkündete Proxi und ging auf das Feld mit den Vogelköpfen zu.
    »Alle Tocapus sind in den Stein gemeißelt. Aber die Figuren sind wie Knöpfe. Man kann sie reindrücken. Genau wie vorhin das Tocapu, das eine Eins darstellte und den Mechanismus in Gang setzte. Hier muß man wahrscheinlich eine bestimmte Kombination eingeben wie an einem Geldautomaten.« Und sie begann nacheinander auf die Figürchen zu drücken, um uns zu zeigen, daß sie nachgaben wie die Tasten eines Schaltpults.
    »Nein!« schrie eine entsetzte Stimme hinter uns. »Stop! Halt! Nicht weitermachen!«
    In Bruchteilen von Sekunden begann der Boden zu vibrieren und auseinanderzubrechen, als würde er von einem Erdbeben erschüttert. Die Steinquader, die mit einer erstaunlichen Exaktheit ineinandergefügt waren, verschoben sich, und wir konnten gerade noch von jenen herunterspringen, die in die Tiefe sanken. Und plötzlich, einige angsterfüllte Sekunden später - denn viel länger dauerte das Erdbeben nicht -, breitete sich über allem eine vernichtende Stille aus, und wir wußten, daß die Katastrophe vorüber war. Ich lag wie gelähmt auf der Steinfliese, auf die ich gestolpert war, als ich begriffen hatte, daß ein Quader unter meinen Füßen nachgab.
    »Geht es Ihnen gut?« fragte die Stimme, die uns soeben aus der Tiefe des Gangs heraus lauthals gewarnt hatte. Und als ich sie erneut hörte, kam sie mir erschreckend bekannt vor. Dieses tiefe Timbre, diese Altstimme und diese Sprachmelodie konnten zu niemand anderem gehören als zu Doctora Marta Torrent. Aber ich hatte keine Zeit für sie, keine Zeit für verletzte Gefühle oder die Frage, was in aller Welt sie hier verloren hatte. Denn ich mußte erst einmal wissen, was aus Proxi und Jabba geworden war.
    »Wo seid ihr?« schrie ich. »Marc! Lola!«
    »Hilf mir, Arnau!« brüllte mein Freund irgendwo hinter mir. Ich sprang hastig auf und erkannte unter einer feinen Staubwolke Jabbas massigen Körper, bäuchlings auf einem Quader, der durch einen meterbreiten Spalt von meiner Steinplatte getrennt war. Kopf und Arme hingen ins Leere. »Proxi fällt! Hilf mir!«
    Ich machte einen Satz zu ihm hinüber und warf mich neben ihm auf den Boden. Noch nie im Leben hatte ich solche Angst gehabt wie in diesem Augenblick, als ich Lola sah, der das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand. Sie hing über dem Abgrund einer bodenlosen Spalte, gehalten nur von Jabbas Hand, und starrte uns verzweifelt an. Ich robbte so weit an den Rand, wie ich konnte, streckte den Arm aus, packte sie am Handgelenk und zog mit aller Kraft. Nach und nach gelang es uns zu zweit, sie ein Stück hochzuholen. Es war sehr, sehr mühsam, so als risse eine unsichtbare Kraft sie in die Tiefe und vervielfache ihr Gewicht. Sie sah uns nur an, mit flehendem Blick, den Mund von panischer Angst verschlossen. An einer leichten Berührung merkte ich, daß jemand seinen Fuß dicht neben mich stellte, und dann reckte sich ein weiterer Arm Proxi entgegen, ergriff ihren Ellbogen und half uns beim Hochziehen. Zu dritt gelang es uns, Lola rasch wieder nach oben zu holen, und endlich setzte sie ihren Fuß auf den Stein, auf dem unser aller Gewicht lastete. Erst jetzt, als sie in Jabbas Armen lag, begann sie stumm zu schluchzen, und die Angst machte sich Luft. Und erst jetzt erkannte ich die Doctora. Die Arme in die Seiten gestemmt, schnaufte sie vor Anstrengung und musterte meine Freunde und mich mit finsterer Miene.
    Ich legte Lola eine Hand auf die Schulter. Sofort wandte sie mir das Gesicht zu, löste sich von Jabba und umarmte mich, noch immer weinend. Auch ich drückte sie fest an mich und spürte, wie sich mein galoppierender Pulsschlag langsam beruhigte. Es war einfach unfaßbar, daß Proxi um ein Haar vor unseren Augen ums Leben gekommen wäre. Als sie mich losließ und wieder in Jabbas Arme zurückkehrte, drehte ich mich zur Doctora um. »Danke«, fühlte ich mich verpflichtet zu sagen.
    »Danke für Ihre Hilfe.«
    »Was sie getan hat, war sehr unvorsichtig«, sagte sie, freundlich wie immer.
    »Mag sein. Sie dagegen haben sich garantiert noch nie geirrt und haben deshalb kein Verständnis für anderer Leute Fehler.«
    »Ich habe mich schon sehr oft geirrt, Señor Queralt, ich

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