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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mir das Seil und entfernen Sie sich.«
    »Sind Sie sicher, Marta?« Proxi schien noch nicht überzeugt.
    »Ich gehe regelmäßig klettern und käme vielleicht besser zurecht.«
    »Das werden wir sehen. Ich habe mein Leben lang auf Ausgrabungsstätten gearbeitet und weiß, wie man an einem Seil hoch- und runterklettert. Also gehen Sie. Los. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.«
    Im Handumdrehen hatten wir mit dem Seil eine Art Brustgeschirr für die Doctora geknüpft und sprangen von Steinquader zu Steinquader zurück in den Tunnel, bis wir sicheren Boden erreichten. Dann seilten auch wir uns an, damit wir so kräftig wie möglich ziehen konnten, falls es zum Absturz kam. Von unserem Standpunkt aus warfen unsere Lampen nur ein schwaches Licht auf die hintere Wand, so daß wir nicht beobachten konnten, was die Doctora tat. Ich wartete mit angespannten Muskeln darauf, daß alles in die Luft flog, als plötzlich über unseren Köpfen ein Grollen einsetzte, wie ein in weiter Ferne beginnender Donner. Als wir hochschauten, sahen wir im Schein unserer Lampen, daß sich aus der Mitte der Decke ein schmaler Streifen Gestein löste und langsam zu uns herunterfuhr.
    »Señora Torrent!« schrie ich aus vollem Hals. »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles bestens.«
    »Kommen Sie schnell hierher. Wir müssen Ihr Seil losmachen und weg sein, bevor das da auf uns runterkommt!«
    »Was ist los?« fragte sie. Ihre Stimme klang jetzt näher.
    »Hören Sie!« brüllte Jabba. »Jetzt ist keine Zeit für Erklärungen! Beeilen Sie sich!«
    Das Seil in unseren Händen entspannte sich. Wir zogen, bis Señora Torrent mit einem letzten Sprung bei uns anlangte. Inzwischen war der steinerne Deckenstreifen schon so tief gesunken, daß er uns zu zerquetschen drohte. Wir verteilten uns an den Seitenwänden, preßten uns dagegen wie Briefmarken, und trotzdem hätte das steinerne Etwas um ein Haar den Bauch des Megawurms gestreift. Erst jetzt erkannten wir, daß sich das Ding schräg nach unten bewegt hatte und um was es sich eigentlich handelte: Es war eine lange Treppe, die genau oberhalb des kleinen Kondorkopfes ansetzte und vor unseren Füßen endete, so daß wir praktisch gleich hinaufsteigen konnten. Doch diese Erkenntnis allein vermochte uns noch nicht dazu zu bewegen, uns von den Wänden zu lösen. Mit glasigem Blick blieben wir ängstlich, wo wir waren, und unsere Nasenflügel wehrten zitternd den Staub ab, der von der Decke rieselte.
    Als erste von uns vieren fand Proxi ihre Stimme wieder.
    »Meine Damen und Herren«, flüsterte sie bebend, »der Hals des Kondors.«
    »Des ersten oder des zweiten?« fragte Jabba mit einem Stimmchen, das nicht aus seinem Körper zu kommen schien. Er drückte sich noch immer mit eingezogenem Bauch flach gegen die Wand.
    »Des ersten«, behauptete ich, ohne mich zu rühren. »Denk mal an Thunupas Lageplan.«
    Die Doctora musterte uns düster. »Sind Sie so schlau, wie Sie aussehen«, fragte sie, »oder haben Sie das alles aus den Unterlagen, die angeblich Ihrem Bruder gehören, Señor Queralt?«
    Noch bevor ich ihr antworten konnte, schaltete sich Proxi ein: »Wir nehmen an, daß Daniel das meiste herausgefunden hat. Denn seine Unterlagen haben uns auf die Spur gebracht und es uns ermöglicht, seine Entdeckungen zu überprüfen. Aber es stand nicht alles in den Unterlagen.«
    »Ich schreibe nie alles auf, was ich weiß«, murmelte Marta Torrent und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, um sie vom Staub zu befreien.
    »Wahrscheinlich, weil Sie nicht alles wissen.« Ich ging auf die erste Treppenstufe zu, von der aus zwei dicke Ketten in die Höhe führten. »Oder weil Sie nichts wissen.«
    »Das wird es sein«, erwiderte sie zynisch.
    Vorsichtig begann ich, die Treppe hochzusteigen, die vom Himmel gefallen war. Schmal, wie sie war, und ohne Handlauf, glich sie der Zahnreihe einer Säge.
    »Ist das hier Gold?« hörte ich Proxi ungläubig fragen. Ich drehte mich um. Sie untersuchte eine der Ketten.
    »Ist das Gold?« echote ich verblüfft.
    Die Doctora wischte mit der Hand über die Kettenglieder, um die Staubschicht zu entfernen, mit der sie überzogen waren, und das Licht ihrer Stirnlampe, die viel größer und älter war als unsere, beleuchtete glänzendes Gold. Proxi machte zur Abwechslung mal wieder ein paar Fotos. Sollte es uns je gelingen, diesen Ort zu verlassen, besäßen wir eine phantastische Bilddokumentation unserer Odyssee.
    »Ja, das ist Gold«, sagte Marta Torrent bissig. »Aber das sollte

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