Der verlorene Ursprung
bezieht sich Root auf den Hauptnutzer.«
»Und Ihre Spitznamen lauten Brocksi und Jab-Ba, oder?« fragte sie Marc und Lola.
»Meiner ist Proxi und Marcs Jabba. Proxi kommt von Proxy mit Ypsilon, so heißt ein Spezialrechner, der als Server den Internetzugang ermöglicht und die Inhalte der aufgesuchten Seiten speichert, damit man beim nächsten Mal schneller hinkommt. Eine Art Filter also, der den ganzen Prozeß beschleunigt und gleichzeitig dazu dient, den Nutzer vor Viren, Würmern und sonstigem Dreck zu schützen, der im Netz zirkuliert. Ich arbeite in der Sicherheitsabteilung von Ker-Central, Roots, äh, Arnaus Firma. Deswegen der Name Proxi.« »Und Jab-Ba ...?« Ihr Blick wanderte zu dem rothaarigen Megawurm, dessen Gesichtsausdruck sich bedrohlich verfinsterte.
»Jabba bedeutet gar nichts«, brummte er, kehrte ihr den Rücken zu und trabte rechts herum los.
»Im Ernst?« fragte sie überrascht. »Nichts?«
Lola und ich warfen uns einen flüchtigen Blick zu, und ich bat die Doctora mit gesenkter Stimme, sie möge nicht weiter fragen.
»Mir kommt er nämlich irgendwie bekannt vor«, antwortete sie leise. »Ich glaube, ich habe ihn schon mal gehört.«
»Jot-a-be-be-a. Aus Krieg der Sterne«, zischte Proxi durch die Zähne.
»Krieg der ...?« Auf einmal schien sie sich an die Figur zu erinnern, von der wir sprachen, denn sie riß die Augen auf und lächelte. »Ja klar! Ich weiß.«
»Verraten Sie’s ihm nicht«, flüsterte ich und eilte hinter Jabba her, der sich genervt entfernte. Als ich ihn erreicht hatte, legte ich ihm kollegial einen Arm um die Schultern und sagte halblaut: »Wir können nicht zulassen, daß die Doctora mit in die Kammer kommt.«
»Sei nicht paranoid, Mann. Wir wissen doch noch nicht mal, ob wir selber reinkommen.«
»Glaubst du wirklich, daß sie die Macht der Worte nur haben will, um die Entdeckung in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen?«
Jabba schien auf Anhieb zu kapieren, auf was ich hinauswollte. Er nickte langsam und warf mir einen verschwörerischen Blick zu.
Der Gang zog sich endlos hin. Obwohl wir uns auf einer höheren und daher kleineren Ebene der Pyramide befanden, mußte die in ihrer Mitte gelegene Kammer gewaltige Ausmaße besitzen. Es dauerte wirklich eine halbe Ewigkeit, bis wir eine der vier Seiten abgelaufen waren. Der Boden war fest, und in der drückenden Luft schwebten unsichtbare Teilchen, die das Atmen schwer und die Luft zäh machten. Allerdings wanderten wir innerlich beschwingt durch den breiten Gang mit der hohen Decke, da wir das unbestimmte Gefühl hatten, kurz vor dem Ziel zu sein. Jenseits der Mauer, die sich zu unserer Linken erhob, lag das Geheimnis verborgen, das der Anlaß für unsere Atlantiküberquerung gewesen war. Nur eins bereitete mir Kopfzerbrechen. Ich hatte keine Ahnung, wie wir die Doctora aufhalten und ihr den Zugang zur Kammer verwehren konnten.
»Darf ich Sie etwas fragen?« sagte sie genau in diesem Moment in das allgemeine Schweigen hinein.
»Nur zu«, brummte Jabba.
»Wie ist es Ihnen eigentlich gelungen, in so kurzer Zeit die Aymara-Sprache zu lernen?«
»Wir haben kein Aymara gelernt«, erwiderte ich keuchend. Das Gehen strengte mich ziemlich an. »Wir benutzen ein Übersetzungsprogramm, das wir im Computer meines Bruders gefunden haben.«
»Was Sie nicht sagen.« Es sollte belustigt klingen, doch Marta Torrents Gesichtsausdruck strafte die vorgespielte Heiterkeit Lügen. »JoviLoom.«
»Kennen Sie es?« wunderte sich Proxi.
Die Doctora lachte. »Natürlich! Es gehört ja mir.«
»Ja, natürlich!« platzte ich heraus. »Alles gehört Ihnen, nicht wahr, Doctora? JoviLoom, JoviKey, die Universidad Autónoma in Barcelona ... Warum nicht gleich die Welt, Señora Torrent? Die Welt gehört auch Ihnen, nicht wahr, und wenn nicht jetzt, dann bald, stimmt’s?«
Sie zog es vor, meine Tirade zu ignorieren. »Sie haben also auch JoviKey? Alle Achtung .«
Gleich würde hier ein Atomkrieg ausbrechen. Sollte sie auch nur versuchen zu behaupten, Daniel hätte ihr auch diese Programme gestohlen, würde ich sie gefesselt in dieser Pyramide zurücklassen, wo ein grauenvoller Tod sie erwartete.
»Wissen Sie, was der Name dieser Programme bedeutet?« fragte sie herausfordernd.
»Jovi-Webstuhl ...?« antwortete Proxi. »Jovi-Schlüssel?«
»Ja, genau«, sagte sie, »Jo-vi. Von Joffre Viladomat, meinem Mann.«
Ohrenbetäubende Glockenschläge hallten schmerzhaft durch mein Gehirn. Ich mußte stehenbleiben und schwankte
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