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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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verwundert.
    Wir liefen nervös herum, da die Zeit uns lang wurde, und schauten uns alles an - doch war ich mit den Gedanken ganz woanders. Ich mußte ständig daran denken, daß nach so langer Zeit und so vielen Abenteuern endlich der entscheidende Moment gekommen war. Egal, wie, ich würde erreichen müssen, daß diese Menschen mir erklärten, wie ich Daniel aus seiner Apathie befreien konnte.
    »Machst du dir Sorgen?« fragte mich Marta plötzlich. Sie war unbemerkt neben mich getreten.
    »Nein. Bin eher nervös.«
    »Schau dir alles hier genau an«, sagte sie schulmeisternd. »Es ist eine einmalige Gelegenheit, einen verlorengegangenen Teil der Geschichte aufzuarbeiten.«
    »Ich weiß.« Ich mußte lächeln. Ihre so charakteristische Nüchternheit fing an, mir zu gefallen. Ich fühlte mich wohl bei ihrer Art zu reden, auch wenn es manchmal ein wenig von oben herab zu kommen schien. Denn eigentlich merkte sie das gar nicht. Es war ihr nicht wichtig. »Ich bin mir der Bedeutsamkeit der Situation durchaus bewußt.« Auch ich konnte gestelzt reden.
    »Sie ist viel bedeutsamer, als du dir vorstellen kannst, vielleicht einmalig.«
    »Ich wünsche mir einen Weg, den Fluch aufzuheben«, sagte ich. »Und was wünschst du dir?«
    »Ich möchte ihre Kultur studieren, ihr Einverständnis, daß ich mit einem Forscherteam von der Universität zurückkehren darf, um meine Forschungsarbeit abzuschließen, quasi als Ergänzung zu der Publikation über die Entdeckung der Schriftsprache der Tiahuanaco-Kultur, die der erste Teil von .«
    »Schon gut, schon gut!« unterbrach ich sie, innerlich halb tot vor Lachen. »Ich glaube, sie werden mir allein schon wegen der Bescheidenheit meines Anliegens die Bitte erfüllen. Du aber willst . alles!«

Da blickte Marta ernst an mir vorbei: Unser Yatiri-Führer war zwischen den Hängewänden am Ende des Raums wieder aufgetaucht und bedeutete uns, ihm zu folgen.
    »Die Arbeit ist mein Leben«, sagte sie schroff und setzte sich in Bewegung.
    Wir betraten einen riesigen Saal. Er war begrenzt durch Teppichwände mit Tocapu-Ornamenten, die sich leicht bewegten, als ginge eine sanfte Brise. Auch die Flammen der Öllampen flackerten. Vier ältere Personen, zwei Frauen und zwei bärtige Männer, erwarteten uns, jeder auf einem prachtvollen goldenen Thron. Ihr dunkelgraues Haar flatterte leicht im Luftzug. In einiger Entfernung hatten sie sechs sehr viel bescheidenere Holzhocker für uns aufgestellt. Unser Führer bedeutete uns Platz zu nehmen, und verschwand dann, nachdem er sich vor den Alten verbeugt hatte.
    Dies also waren die Capacas, die Herrscher der Yatiri und Nachfahren der Priester-Astronomen, die Tiahuanaco regiert hatten. Sie starrten ausdruckslos ins Leere. Man hätte meinen können, wir seien gar nicht da. Interessierten sie etwa die sechs merkwürdig gekleideten Weißen nicht, die plötzlich in ihrer Stadt aufgetaucht waren? In Taipikala Nummer zwei? Und warum hatten sie nicht die gleichen langgestreckten Schädel wie ihre Vorfahren? Wurde diese Art der Schädeldeformation bei ihnen vielleicht gar nicht mehr praktiziert? Ich war ein wenig enttäuscht!
    Marta und Efrain wechselten einen Blick, wer von ihnen das Wort ergreifen sollte. Bevor sie sich entschieden hatten, erschien ein fünfter Yatiri auf der Bildfläche. Er trat unvermittelt hinter den Hängewänden im Rücken der Capacas hervor. Es war ein junger Mann, kaum zwanzig Jahre alt, der eilig herbeigelaufen kam und so abrupt stehenblieb, daß er fast auf die Nase und den Alten vor die Füße gefallen wäre. Er konnte sich gerade noch abfangen. Dann beugte er sich vor und raunte ihnen ein paar Worte zu. Ich hatte Zeit, ihn genauer zu betrachten: Er trug einen roten Unku mit einer weißen Schärpe um die Taille und ein rotes Stirnband. Schließlich blieb er vorne stehen, während die Capacas beratschlagten. Sie schienen einzuwilligen in was auch immer der junge Mann ihnen vorgeschlagen haben mochte, denn er trat zurück und wandte sich laut und vernehmbar an uns: »Mein Name ist Arukutipa. Ich bin Ladino -Indianer und stehe Euer Gnaden zu Diensten, auf daß Ihr Euch trefflich austauschen möget mit unseren erhabenen Capacas.«
    Ich erstarrte. Wieso sprach dieser junge Kerl ein derart altertümliches Spanisch? Und vor allem, warum machte er sich selbst schlecht, denn bedeutete »Ladino« nicht so etwas wie »Gauner«?
    Doch da beugte Marta sich blitzschnell vor, um uns aufzuklären: »Der Name dieses Jungen, Arukutipa, bedeutet auf

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