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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Schlag wirkte Efrain wie ausgewechselt. Seine Wut war einer tiefen Gelassenheit gewichen.
    »Schon gut, Marta«, erklärte er und machte es sich auf seinem Hocker bequemer. »Laß es gut sein. Ist doch egal. Wir machen so weiter wie bisher, als hätten wir nie einen Fuß in diese Stadt gesetzt. Wir dürfen diesen Menschen keinen Schaden zufügen.«
    »Was geht hier eigentlich vor?« Lola schaute Marc und mich erschrocken an.
    »Sie programmieren sie um«, sagte ich überzeugt. »Sie üben die Macht der Worte aus.«
    »Wie können sie es wagen!« Marc blickte uns herausfordernd an.
    »Vergiß es, Arnau«, sagte Marta. Ihr Blick war nun wieder völlig normal, ohne diesen verräterischen Glanz, den ich zuvor an ihr bemerkt hatte und der sich jetzt statt dessen in Efrains Augen zeigte.
    »Aber sie haben dich manipuliert, Marta!« rief ich wütend aus. »Nicht du faßt diesen Entschluß, sondern sie! Wach endlich auf, ich bitte dich!«
    »Ich bin wach, das kann ich dir versichern«, sagte sie unverblümt wie immer. »Ich bin hellwach, vollkommen klar im Kopf und ruhig. Mir ist bewußt, daß sie mich die Macht der Worte haben spüren lassen. Das habe ich deutlich gemerkt. Ich konnte den Prozeß meiner Meinungsänderung mitverfolgen. Es war wie ein Geistesblitz. Doch meine Entscheidung, Daniels Interessen über alle anderen zu stellen, ist dennoch ganz allein meine. Ebenso wie ich es bin, die sich weigert, uns in Todesgefahr zu bringen, nur weil wir nicht bereit sind, ihnen unser Wort zu geben, diese Stadt niemals wieder zu erwähnen. Ich bin diejenige, die hier die Entscheidungen trifft, auch wenn es dir schwerfällt, das zu glauben.«
    »Genauso geht es mir«, pflichtete Efrain ihr bei. »Ich stimme Marta zu. Wir können sie ja trotzdem bitten, uns unsere Fragen zu beantworten. Aber ist es wirklich notwendig, diese Erkenntnisse publik zu machen, nur damit Forscher aus aller Welt hier einfallen und diese Kultur im Handumdrehen zerstören? Ich meine, nein.«
    »Das ist ja hirnrissig!« ereiferte ich mich. Dann wandte ich mich nicht minder aufgebracht an die Capacas: »Arukutipa, erkläre deinen Herren, daß die Welt sich in den letzten vierhundert Jahren grundlegend gewandelt hat. Wir Spanier beherrschen längst nicht mehr die Welt. Wir besitzen kein Reich mehr und sind kein kriegerisches Volk von Eroberern! Wir leben schon seit langem in Frieden! Und sag ihnen auch, daß es sich für ehrbare und anständige Menschen nicht gehört, andere mit Hilfe von Worten zu manipulieren!«
    Am Ende war ich erhitzt aufgestanden und hatte mit den Händen herumgefuchtelt. Meine Begleiter starrten mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    Marc und Lola, die mich schon länger kannten, machten lediglich ein entsetztes Gesicht, wahrscheinlich aus Angst vor der Reaktion der Capacas. Doch Marta, Gertrude und Efrain guckten mich mit großen Augen an, sprachlos. Was nahm ich mir da heraus!
    Arukutipa hatte meine Worte hastig, fast simultan übersetzt, so daß die Alten in dem Augenblick im Bilde waren, als ich aufhörte herumzuschreien. Und zum ersten Mal meinte ich einen Ausdruck des Erstaunens in ihren vom Alter gezeichneten Gesichtern zu erkennen.
    Obwohl sie auch diesmal den Mund nicht auftaten, übermittelte mir der Junge doch ihre Antwort. »Die Capacas wünschen zu erfahren, ob die Kämpfe und das Blutvergießen im Königreich Peru ein Ende haben.«
    »Ja, selbstverständlich!« rief ich aus. »All das ist seit Hunderten von Jahren vorbei. Wir Spanier herrschen schon lange nicht mehr in diesen Ländern. Man hat uns vertrieben. Inzwischen gibt es hier viele verschiedene Länder mit eigenen Regierungen, und alle pflegen beste Beziehungen zu Spanien.«
    Jetzt war ihren Gesichtern die Verwirrung deutlich anzumerken. Ich war mir sicher, daß sie sehr wohl Spanisch verstanden, trotz Arukutipas gegenteiliger Aussage.
    »Die christlichen Viracochas herrschen nicht mehr in Peru?« fragte der Übersetzer mit kaum vernehmbarer Stimme.
    »Aber nein!« wiederholte ich und trat ein paar Schritte vor, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Sofort kam hinter einem der großen Wandteppiche ein ganzes Heer von Yatiri hervor, mit Pfeil und Bogen und kleinen viereckigen Schilden. Rasch und mit viel Lärm stellten sie sich wie ein Schutzwall vor den Capacas auf, die Waffen auf uns gerichtet.
    »Mist, die wollen uns töten!« brüllte Marc, als er sah, daß es ernst wurde.
    »Was soll denn das?« fragte ich Arukutipa, den ich allerdings nicht mehr

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