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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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weiterhin in meinem Besitz bleiben sollte, müßten sie mir für die Nutzung Miete zahlen, und ich würde meine Dachwohnung natürlich behalten.
    Alle löcherten mich, was ich tun wollte, wenn ich in »Rente« ging, doch ich hielt dicht und ließ mir kein einziges Wort entlocken. Als echter Hacker und Netzpirat beherrschte ich die Kunst, ein Geheimnis zu wahren, bis ich in Aktion trat und -wenn es sein mußte - auch danach. Sie bedrängten mich so sehr, daß ich beinahe eine Andeutung gemacht hätte. Doch obwohl ich genau wußte, was ich wollte, mußte ich zunächst herausfinden, wie sich meine Pläne am besten realisieren ließen. Und dazu brauchte ich zunächst eine ganz konkrete Hilfe. Denn seit einigen Wochen brütete ich nun schon über dem Plan und hatte gleichzeitig meine unermüdliche Piratentätigkeit auf die scheinbar uneinnehmbare und gut verbarrikadierte Stelle gerichtet, wo ich sie zu finden hoffte.
    Etwa zwei Wochen nachdem wir den Rückmarsch angetreten hatten, machten die Toromonas eines Abends auf einer Lichtung halt und bedeuteten uns zu warten. Sie teilten sich in Grüppchen auf und verschwanden in verschiedenen Richtungen im Dschungel. Ziemlich überrascht über ihren rätselhaften Rückzug, blieben wir mehrere Stunden allein zurück. Uns schien, die Toromonas hätten etwas Wichtiges vor und würden zurückkommen, sobald es erledigt wäre. Und so war es. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit tauchten sie wieder auf und brachten merkwürdige Dinge mit: dicke Stücke hohler Baumstämme, ein paar runde Früchte, die aussahen wie Kürbisse, Zweige, Steine, Brennholz und etwas Wild für das Abendessen. Der Schamane kehrte als einziger allein zurück, so wie er aufgebrochen war, den Medizinbeutel geschultert. Rasch verteilten die Männer die Aufgaben. Und während einige das Feuer entfachten und das Essen zubereiteten, kümmerten sich die anderen um die Früchte. Sie warfen zu unserer Verwunderung Fruchtfleisch und Kerne auf den Boden und schnitten die Zweige in armlange Stücke. Sie heckten irgend etwas aus, doch wir ahnten nicht im entferntesten, was.
    Endlich wurde es dunkel, und die Indianer waren während der Mahlzeit von ausgelassener Fröhlichkeit. Der Schamane hielt sich etwas abseits, blieb am Waldrand im Halbschatten, in einiger Entfernung von den Gruppen ums Feuer, so daß wir ihn kaum erkennen konnten. Er aß und trank nichts und verharrte reglos in seinem Winkel. Keiner sprach mit ihm, niemand bot ihm etwas Wasser an.
    Sobald der letzte Toromona seine Mahlzeit beendet hatte, legte sich Schweigen über das gesamte Camp. Wir waren zunehmend irritiert. Als der Anführer plötzlich ein paar Befehle erteilte, erhoben sich die Männer und löschten das Feuer. Dunkelheit hüllte uns ein, vom Mond war nur ein blasser Schimmer am Himmel zu sehen, und einige Indianer hielten ein paar glimmende Zweige in die Höhe. Dann packten uns die Männer am Arm, bedeuteten uns aufzustehen und uns im Kreis um die Mitte der Lichtung wieder hinzusetzen, während sie uns umzingelten. Wir wußten, daß sie nicht vorhatten, uns etwas zu tun, sondern daß es sich um eine Zeremonie oder eine Vorführung handeln mußte, und doch waren wir nervös, denn augenscheinlich hatte das Ganze etwas mit uns zu tun. Ich fürchtete schon, Marc würde jeden Moment einen seiner Flüche ausstoßen, doch er unterließ es. Er wirkte sogar die ganze Zeit über vollkommen ruhig und, fast hätte ich gesagt, entzückt über dieses neuerliche Abenteuer. Da begab sich der Schamane in die Mitte des Kreises. Er rammte ein Schilfrohr in den Boden, setzte die scharfe Kralle eines Ameisenbären am oberen Ende zweimal an und spaltete das Rohr ein gutes Stück in vier Teile. Dann bog er sie auseinander, so daß eine Art Gefäß entstand, in das er aus seinem Medizinbeutel eine Handvoll Stengel und Blätter warf. Mit der Kralle schnitt er alles in feine Streifen, als wolle er eine Suppe zubereiten, nahm schließlich eine Handvoll heraus und zerdrückte sie mit aller Kraft. An seiner Hand lief eine Flüssigkeit hinab und tropfte in das Gefäß. Diesen Vorgang wiederholte er so oft, bis nur noch eine trockene Paste übrig blieb, die er weit ins Dschungeldickicht schleuderte. In dem Moment begann ein Toromona, mit einem Stock auf einen der hohlen Holzstümpfe einen dumpfen Rhythmus zu schlagen.
    Der alte Schamane nahm das Gefäß aus Schilfrohr und trank die Flüssigkeit in bedächtigen Schlucken. Dann heizte sich die Szene urplötzlich auf: Jemand zog das

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