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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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aber mit offenen Armen und einem Koffer. Wir konnten an dem kleinen Anlegeplatz und ebenso in der heruntergekommenen Dorfkneipe, wo wir uns frisch machten und rasch umzogen, kaum hoffen, unbemerkt zu bleiben. Doch als wir schließlich die letzte Fähre in Richtung Rurre bestiegen, waren wir wieder unauffällige Touristen, die von einem kurzen Ausflug in die Umgebung zurückkehrten.
    Den bereits reservierten Flug hatten wir verpaßt, so daß Wilfredo erneut Tickets für den Rückflug nach La Paz hatte buchen müssen. Zum Glück setzte man weiterhin zusätzliche Flüge für Touristen ein. Da wir bereits am gleichen Abend fliegen sollten, vertrieben wir uns den Nachmittag in einer Bar und verbrachten die restliche Zeit in einem Park, immer darauf bedacht, nicht zu sehr aufzufallen. Als es an der Zeit war, begaben wir uns langsam zum Büro der TAM, wo die Buseta zu dem winzigen Flugplatz auf der Wiese abfuhr.
    Und kurz nach zweiundzwanzig Uhr landeten wir endlich in El Alto, verabschiedeten uns von Wilfredo und nahmen uns zwei Radiotaxis, die uns zu Efrains und Gertrudes Haus brachten. Noch nie zuvor war ich so aufgedreht gewesen wie während dieser Taxifahrt durch die Straßen von La Paz. Die Geschwindigkeit verwirrte mich. Ich kam mir vor, als sei ich nach langer Zeit von einem fernen Planeten auf die Erde zurückgekehrt. Alles kam mir neu, fremd, hektisch und viel zu laut vor, und außerdem war ich die herrschende trockene Winterkälte nicht mehr gewohnt.
    Gertrude und Efrain mußten bei den Nachbarn den für alle Fälle hinterlegten Zweitschlüssel holen. Erst als sie endlich die Haustür aufschlossen, begriffen wir wirklich, daß wir wieder daheim waren. Wir lächelten uns glücklich an und sagten nichts, sondern staunten wie Kinder am ersten Schultag. Die Koffer von Marc, Lola und mir standen noch im Gästezimmer, so daß wir uns nach dem Duschen frische eigene Kleidung anziehen konnten. Es gab auch richtige Stühle, auf die wir uns ganz normal an den Eßtisch setzten, wo wir von echten Tellern, mit Messer und Gabel und sogar Servietten, ein köstliches Abendessen verzehrten, das wir aus einem nahe gelegenen Restaurant hatten kommen lassen. Immer noch wie benommen von der Umstellung, schalteten wir anschließend den Fernseher ein und starrten fasziniert auf die Bilder, lauschten den Stimmen und der Musik. Alles erschien uns ungewohnt. Am meisten überraschte mich jedoch, die anderen so ordentlich gekämmt zu sehen, mit blitzsauberen Händen und Nägeln und in frisch gewaschenen langen Hosen und Röcken mit Bluse oder Pulli ohne den geringsten Riß.
    Aber da war noch etwas, das ich nicht weiter aufschieben konnte. Es war schon fast zwei Monate her, daß ich mich von meiner Großmutter mit dem Versprechen verabschiedet hatte, mich so bald wie möglich bei ihr zu melden. Und natürlich war ich nur von wenigen Wochen ausgegangen. Also rief ich sie an. Wie jede Großmutter auf der Welt hatte sie sehr gelitten, weil sie so lange nichts von mir gehört hatte. Trotz ihrer großen Sorge (sie hatte mehrmals beinahe die bolivianische Polizei alarmiert, wie sie mir gestand) war es ihr gelungen, meine Mutter unter Kontrolle zu halten. Sie hatte ihr einfach versichert, ich sei wohlauf und riefe regelmäßig bei ihr an.
    »Und was hast du ihr gesagt, wo ich sei?« wollte ich von ihr wissen. »Nur um nicht ins Fettnäpfchen zu treten, wenn ich zurück bin.«
    »Du weißt doch, daß ich niemals die Unwahrheit sage«, erwiderte sie ungerührt.
    Nein, bitte nicht!, dachte ich entsetzt. Was hatte sie getan?
    »Ich habe ihr erzählt, daß du irgendwo im Dschungel am Amazonas nach einem pflanzlichen Mittel suchst, um Daniel von seiner Krankheit zu heilen. Irgendwelche Kräuter. Du kannst dir nicht vorstellen, was sie für ein Gesicht gemacht hat! Sie hat es sofort all ihren Freunden weitererzählt und sich damit geschmückt. Halb Barcelona erwartet dich hier, und alle sterben fast vor Neugier.«
    Am liebsten hätte ich sie gelyncht, wäre ich nicht so glücklich gewesen, ihre Stimme zu hören und irgendwie zur Tagesordnung zurückzukehren.
    »Hast du sie gefunden, Arnauchen?«
    »Was soll ich gefunden haben?«
    »Na, die Kräuter ... Oder was auch immer. Du verstehst schon.«
    Sie seufzte tief, doch ich hatte das Gefühl, daß sie in Wirklichkeit zu übertönen versuchte, daß sie gerade eine Zigarette rauchte. »Wegen deiner Mutter habe ich es so oft erzählen müssen, daß ich allmählich selbst anfange, daran zu glauben.«
    »Kann

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