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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mit dem Unsinn?« rebellierte ich. »Nicht noch mehr Zaubertricks bitte! Diese Weltkarte ist falsch und Punkt. Sie muß Jahre später angefertigt worden sein, als von Piri Reis angegeben.«
    »Jahre später, was?« echote Proxi von oben herab. »Und warum ist sie dann von allen kartographischen Institutionen auf der Welt als echt anerkannt worden? Warum konnten die Experten trotz der Unbequemlichkeit, die allein die Existenz der Karte bedeutet, nicht nachweisen, daß es sich um eine Fälschung handelt? Nur du, Arnau Queralt, wagst es, so was zu behaupten. Schlauberger!«
    »Also gut, nehmen wir an, sie sei echt. Dann erklär mir bitte, wie dieser Piri Reis es geschafft hat, die Anden zu zeichnen, wo sie doch noch nicht bekannt waren.«
    Ich konnte mit einigen Vorbehalten akzeptieren, daß das Aymara eine algorithmische und mathematische Sprache war.
    Schließlich ging es da immer noch um eine nachweisbare Tatsache. Ich war jedoch dazu erzogen worden, absurde Mythen und abwegige Konzepte weit von mir zu weisen, wenn sie auch nur leicht nach Heterodoxie rochen. Hätte ich im Mittelalter oder in der Renaissance gelebt, die Karte von Piri Reis hätte mir vielleicht dazu gedient, einen Befreiungskreuzzug gegen die offiziellen Versionen einer repressiven Kirche anzuzetteln. So wie es etwa Giordano Bruno mit seiner Theorie des unendlichen Universums getan hatte, von der Daniel in seinem Fieberwahn gesprochen hatte. Ich aber lebte nun einmal im Zeitalter der Wissenschaften, in der Ära des wissenschaftlichen Positivismus, der sich darum kümmerte, mittels Logik und Beweisführung die Grenzen des Akzeptablen deutlich zu markieren. Es hatte uns zu viele Jahrhunderte gekostet, uns aus den Fußeisen des Aberglaubens und der Unwissenheit zu befreien, als daß wir jetzt phantastischen Ungereimtheiten einfach so den Nährboden bereiten durften.
    Jabba stand nervös auf und begann, in der Küche auf und ab zu gehen. Seine Jeans hingen so alt und verlottert an ihm, wie das in der Fifth Avenue bei Bergdorf Goodman gekaufte blaue Hemd funkelnagelneu und makellos war. »Eins nach dem anderen«, schlug er vor und zog mechanisch die abgewetzte Hose hoch. »Die Karte des Piri Reis birgt, abgesehen von der paradoxen Zeitangabe, noch einige Rätsel mehr. Wenn wir sie alle untersuchen, geht uns vielleicht ein Licht auf. Hol den Spickzettel raus, Proxi ... Das Männchen mit dem Eierkopf ist nicht zufällig auf der Karte, und auch Daniel hatte nicht einfach so eine Kopie dieser Weltkarte in seinen Unterlagen.«
    »Dir reicht es noch nicht, daß ein Türke - und Pirat - im Jahr 1513 den amerikanischen Kontinent gemalt hat? Als hätte Kolumbus ihn auf einer seiner Karavellen mitgenommen!«
    »Du hast ja nicht unrecht«, stimmte Proxi zu und strich mit den Handflächen einen Zettel glatt, den sie gefaltet aus der Tasche ihres Holzfällerhemds gezogen hatte. »Das Gebiet der Antillen ist, wie Piri Reis selbst einräumt, von einer Karte des Kolumbus übernommen. In einer der Inschriften gibt er an, vier zeitgenössische portugiesische Karten, weitere ältere aus der Zeit Alexanders des Großen sowie einige Karten benutzt zu haben, die sich auf mathematische Berechnungen stützen.«
    »Da hast du’s!« rief ich triumphierend. »An der Karte des Piri Reis ist gar nichts Seltsames dran.«
    »Außer natürlich dieser Quellenangabe«, fuhr Proxi unerschütterlich fort, »von der du zugeben mußt, daß sie nicht sehr konkret ist. Doch an der Karte aus dem Topkapi-Palast fallen noch mehr Dinge auf. So erscheinen darauf die Falkland-Inseln, die offiziell erst 1592 entdeckt wurden. Es sind die Anden abgebildet, auf die Pizarro bekanntlich erst 1524 auf seiner ersten und unvollständigen Expedition in Richtung Süden gestoßen ist. Es taucht ein Lama auf, ein Säugetier, das 1513 noch unbekannt war, außerdem die Quelle und der Verlauf des Amazonas. Im Meer sind auf Höhe des Äquators zwei große Inseln abgebildet, die es heutzutage nicht mehr gibt. Die modernen Unterwassersonden haben dort aber zwei Gipfel ausgemacht, die zu einer Bergkette gehören, die den Atlantik von Nord nach Süd durchzieht. Und dasselbe gilt für eine Inselgruppe, die erst 1958 unter dem antarktischen Eis entdeckt wurde.«
    Ich saß wie angewurzelt da und hielt die Luft an. In diesem Augenblick hätte man eine Stecknadel fallen hören. Ich glaube, sogar das System, das immer lauschte, horchte auf.
    »Und das ist noch nicht das beste an der Karte des Piri Reis.«
    Proxi hob die Augen

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