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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Rande. In der Hauptstadt muß man Staat machen.«
    »Mann, wie kommst Du mir vor! Du willst doch geradezu den Stutzer machen!«
    »Und den rothen Regenschirm.«
    »Auch noch! Wie viel denn Geld?«
    »Wie viel sagtest Du, daß Du hast?«
    »Ueber vierzehn Gulden.«
    »Na, zehne wirst Du da wohl schaffen müssen.«
    Da schlug sie die Hände über den Kopf zusammen und rief:
    »Zehn Gulden! Zehne?«
    »Ja.«
    »Bist Du denn gescheidt?«
    »Ich brauche es ja!«
    »Na, da wirst Du schön losgehen! Das Geld zum Fenster hinauswerfen? Wozu brauchst Du es denn eigentlich?«
    »Für die Eisenbahn.«
    »Das macht doch nicht zehn Gulden!«
    »Und im Gasthofe.«
    »Das hast Du nicht nothwendig. Wir haben Verwandte dort. Aber ich kann es mir denken! Du willst auf den Ball!«
    »Oho! Ich!«
    »In’s Theater.«
    »Hm! Uebel wäre das nicht.«
    »Oder gar – na, ich kenne das nicht, aber ich habe einen Hahn davon krähen hören!«
    »Wovon denn?«
    »Von den Mädchen dort. Es ist eine Schande!«
    »Alte, bist Du denn bei Troste! Was gehen mich denn die dortigen Mädchen an!«
    »Brenne Dich nur nicht weiß! Euch Männer kennt man! Wenn Ihr aus unseren Augen seid, dann geht Ihr aus Rand und Band. Zehn Gulden! Nein, das ist himmelschreiend! Das öffnet mir die Augen. Aber ich weiß, was ich mache!«
    »Na, was denn?«
    »Ich mache mit!«
    Der Köhler machte ein sehr erstauntes Gesicht.
    »Du? Du willst mit?« fragte er.
    »Ja! Natürlich!«
    »Davon steht doch hier in den Briefen gar kein Wort!«
    »Da ist auch gar nicht nöthig!«
    »Aber was willst Du denn dort? Etwa mit zu diesem Herrn Oberlandesgerichtsrath?«
    »Ja.«
    »Und zum Fürsten von Befour.«
    »Auch.«
    »Na, die würden schöne Augen machen!«
    »Oho! Größere Augen nicht als bei Dir! Eine vorsichtige Frau läßt ihren Mann nicht in Versuchung gerathen. Ich kann mich wohl nicht sehen lassen, he?«
    »O, freilich!«
    »Meine grüne Schneppenjacke und die gelbe Flattusenhaube, rothe Zwickelstrümpfe und ein weißes – hörst Du, Alter! – ein weißes Schnupftuch, kein blaues. Der rothe Regenschirm ist groß genug für uns Beide. So sind wir damals in die Kirche gegangen, als wir uns trauen ließen, und so können wir auch nach der Hauptstadt gehen.«
    Der Köhler schmunzelte freundlich vor sich hin und sagte:
    »Hm! Der Gedanke ist so sehr übel nicht!«
    »Nicht wahr, Alter?« fragte sie schmeichelnd.
    »Ja. Aber es geht doch nicht.«
    »Warum denn nicht?«
    »Wir können doch nicht unsere Wirthschaft so stehen und liegen lassen.«
    »Geh! Du thust ja, als ob wir ein Rittergut hätten!«
    »Und der Verwundete hier.«
    »Na, da haben wir den Gevatter Weber da.«
    »Ja,« sagte dieser. »Mir könnt Ihr Euer Heimwesen schon anvertrauen, bis Ihr wiederkommt. Nimm sie mit, Gevatter. Es ist um des guten Wetters willen.«
    Der Köhler kratzte sich in den Haaren, dann sagte er:
    »Na es ginge schon, aber –«
    »Was denn, aber –?« fragte sie.
    »Zehn Gulden –!«
    »Was giebt’s denn mit den zehn Gulden?«
    »Für Zwei reichen die nicht aus.«
    »Oho! Du wirst doch nicht alle vierzehn verthun wollen!«
    »Sechs Gulden kostet allein die Eisenbahn!«
    »Weiter brauchen wir nichts. Ein Schwarzbrod nehmen wir uns mit. Wozu habe ich denn den Handkorb! Du hast doch auch Deinen Quersack.«
    »Na, den kann ich nicht mitnehmen.«
    »Warum denn nicht, he?«
    »Ich setze doch den Cylinderhut auf. Dazu paßt der Quersack nicht. Wenn ich einmal den Hochzeitsstaat anthue, dann muß auch Alles nobel sein.«
    »Na gut, so stecke ich das Brod in den Handkorb. Einen Käse haben wir auch, und wenn alle Stränge reißen, so nehmen wir noch unsere Backäpfel mit.«
    »Backäpfel? Haben wir denn welche?«
    »Ja freilich! Eben Deinen ganzen Cylinderhut voll.«
    »Davon weiß ich doch gar nichts!«
    »Was, Du hättest den wilden Apfelbaum nicht gekannt, draußen auf der Waldwiese?«
    »Der ist doch schon vorüber zwanzig Jahren vom Blitze umgerissen worden.«
    »Was thut das? Als er noch stand, habe ich mir die Äpfel gesammelt und nach und nach abgebacken. Du weißt eben noch gar nicht, was für eine haushälterische Frau Du hast.«
    »Potz Sapperment! Das weiß ich allerdings nicht. Backäpfel seit über zwanzig Jahren her!«
    »Na, die können wir eben jetzt gebrauchen. In einen Gasthof gehen wir nicht. Das haben wir bei unserer nahen Verwandtschaft in der Hauptstadt nicht nöthig.«
    »Nahe – Verwandtschaft?« fragte er erstaunt.
    »Weißt Du das etwa nicht?«
    »Nein. Kann mich nicht

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