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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Briefträger gehorchte. Der Inhalt lautete:
     
    »Dem Kohlenbrenner Andreas Hendschel!
     
    Sie werden eine Vorladung an das Oberlandesgericht hier erhalten. Kommen Sie möglichst bald, und melden Sie sich bei mir, Palaststraße. Ich beabsichtige, Sie selbst dem Herrn Oberlandesgerichtsrath von Eichendörffer vorzustellen.
    Fürst von Befour.«
     
    »Da bin ich so klug wie zuvor!« jammerte der Alte. »Nun soll ich nicht nur zu einem Oberlandesgerichtsrath, sondern gar zu einem Fürsten. Was wird das zu bedeuten haben!«
    »Vielleicht doch etwas Gutes,« meinte der Briefträger.
    »Gutes? Prosit die Mahlzeit! Mit solchen Herren ist niemals gut Kirschenessen. Wenn diese Leute Unsereinen zu sich bestellen, dann ist ganz gewiß der Teufel los. Das weiß man ja.«
    »Na, so schlimm ist es doch wohl nicht. Oder haben Sie vielleicht ein böses Gewissen, he?«
    »Ich?« fragte der Alte verlegen. »Was sollte ich denn für Böses auf meinem Gewissen haben?«
    »So brauchen Sie sich doch auch nicht zu fürchten!«
    »Wenn man nur wüßte, was diese Herren eigentlich wollen!«
    »Das werden Sie schon hören.«
    »Hören? Ja. Vielleicht auch fühlen!«
    Da sagte sein Frau, indem sie ihm die Hand beruhigend auf die Achsel legte:
    »Höre, Alter, wurde nicht der vornehme Herr, welcher hier bei dem Staatsanwalte war, Durchlaucht genannt?«
    »Ja, freilich.«
    »Hm! Wie mag er wohl geheißen haben?«
    »Na, das war ja eben dieser Fürst von Befour, der mir das Leder über den Kopf weg ziehen will!«
    »Aber der sah mir gar nicht so böse aus.«
    »O, diese Herren sehen alle so aus, als ob sie kein Wässerchen trüben könnten. Aber wenn es dann einmal losgeht, dann geht es mit Pauken und Trompeten los.«
    »Der Fürst war also auch hier?« fragte Weber.
    »Ja. Er wollte den Kranken hier ansehen.«
    »Bei uns in Langenstadt war er auch. Gevatter, vor dem brauchst Du keine Angst zu haben. Der ist berühmt, der bringt keinen armen Teufel in das Unglück.«
    »Kennst Du ihn denn?«
    »Na, und ob!«
    »Woher denn?«
    »Nun, zunächst von daher, daß er aus der Tochter eines gewöhnlichen Beamten eine Baronesse von Scharfenberg gemacht hat. Wenigstens ist er mit dabei gewesen. Sodann kennt ihn meine Magda, sehr genau. Er hat sie mit gerettet, als sie – na, das gehört nicht hierher. Und übrigens soll er ja auch der berühmte Fürst des Elendes sein, der allen Armen hilft.«
    »Der Fürst des Elendes? Wenn das wahr wäre?«
    »Man munkelt davon, und ich glaube es auch.«
    »Dann hätte ich freilich keine Angst vor ihm.«
    »Gevatter, es wird am Besten sein, Du machst Dich so bald wie möglich auf die Beine. Da bekommst Du Gewißheit und bist die große Sorge los. Habe ich recht?«
    »Hm, ja! Der Gedanke ist nicht so übel. Am Liebsten würde ich gleich heute noch gehen. Aber, Alte, wie viel hast Du noch Geld?«
    »Meinst Du in der Tasche? Vier Kreuzer.«
    »Nein, ich meine unser ganzes Vermögen.«
    »Du lieber Gott, das ist bedeutend mehr. Wenn man so lange spart, so kommt schon etwas zusammen. Weshalb fragst Du?«
    »Ich muß doch Reisegeld haben, wenn ich nach der Hauptstadt gehe.«
    »Ach ja, das ist richtig! Na, wir haben über vierzehn Gulden.«
    »Gut. Ich ziehe den neuen Rock an und die guten Stiefel.«
    Weber kannte seinen Mann. Er fragte lachend:
    »Wann hast Du Dir denn den neuen Rock gekauft?«
    »Hm, als ich damals getraut wurde.«
    »Also so vor etwa fünfzig Jahren?«
    »Neunundvierzig.«
    »Und wann hast Du ihn zum letzten Male angehabt?«
    »Als ich bei Dir Gevatter stand.«
    »Also vor achtzehn Jahren. Und die guten Stiefel?«
    »Sind auch die Bräutigamsstiefel – kalblederne; sie sind sakrisch eng und nobel. Sonst trage ich ja rindslederne. Habe ich denn überhaupt ein Vorhemdchen, Alte?«
    Da stemmte die Gefragte die Arme in die Seiten und sagte in sehr beleidigtem Tone:
    »Vorhemdchen? Denkst Du denn, daß ich so eine lüderliche Zippe bin, die ihre Sachen nicht schont? Ich habe das Vorhemdchen damals gleich wieder gewaschen und heilig aufgehoben. Es liegt droben bei meinen Brautstrümpfen, das rothe Halstuch mit den schönen gelben Punkten auch dabei.«
    »Gleich wieder gewaschen und aufgehoben?« fragte Weber. »Wann war denn das?«
    »Eben bei der Gevatterschaft damals.«
    »Vor achtzehn Jahren? Na, da wird es schön gelb geworden sein!«
    »Oho! Ich habe es jedes Frühjahr einmal an die Luft gelegt. Verderben lasse ich mir nichts. Willst Du noch etwas, Alter?«
    »Das blaue Schnupftuch mit dem grünen

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