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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das Geschick,
    Wenn sie ‘was beißt, geschwind den Floh zu haschen.«
     
    »Na, na, na,« warnte lächelnd der Pastor.
    »Ach was!« erklang es. »Wir sind ja unter uns. Nur immer weiter!«
    Wunderlich fühlte von seiner Seekrankheit nicht das Geringste mehr. Er sprach weiter:
     
    »Die Fünfzehnte schnarcht viel zu laut im Schlaf,
    Die Sechzehn macht dem Mann zu viele Lügen,
    Die Siebzehn ist ein altes, gutes Schaf,
    Doch heimlich schnupft sie Tabak mit Vergnügen.
    Die Achtzehnte ist allen Männern gut,
    Die Neunzehn schnattert gern mit alten Schicksen.«
     
    »Jetzt kommt’s! Jetzt ist’s da!« rief Frau Barbara. »Das also war es! Weiter, Alter!«
    Er flüsterte ihr leise zu.
    »Nun halte endlich den Schnabel, sonst bringst Du mich noch aus der Reihe!«
    Und laut fuhr er fort:
     
    »Die Zwanzig braucht stets einen neuen Hut,
    Die Einundzwanzigste will nie die Stiefel wichsen.
    Die Dreiundzwanzig putzt den Ofen niemals aus,
    Die Vierundzwanzigste thut sich mit Beersaft schminken,
    Die Fünfundzwanzigste guckt gern zum Fenster ‘naus,
    Die Sechsundzwanzigste scheint heimlich Schnaps zu trinken,
    Die Sieben – – – –«
     
    Er hielt inne. Sein Blick war auf den Eingang gefallen. Dort stand Einer, der unbemerkt eingetreten war und ihm längst zugehört hatte.
    »Hollah!« rief er. »Mit meinem Toast ist es aus! Was gehen mich die Weiber an! Sie mögen leben, wie sie wollen, dreimal hoch oder sechzig mal hoch, mit oder ohne Vivat! Dort steht Einer, den ich hoch leben lasse, und zwar tausendmal hoch, nämlich der Vetter Arndt! Schaut hin!«
    Es war wirklich der Vetter Arndt, welcher dort stand, seinen Blick über die Versammlung gleiten lassend. Alle standen auf. Der Bräutigam aber rief: »Nicht Vetter Arndt! Ich will Euch sagen, wer dieser Herr ist. Er ist der Fürst des Elendes, dem wir Alles zu verdanken haben!«
    Der Eindruck, den diese Worte machten, war ein großer. Alle traten auf den Fürsten zu. Jeder wollte ihm die Hand geben und getraute es sich doch nicht. Er aber streckte ihnen freundlich beide Hände entgegen und drückte alle Finger, die zwischen die seinigen kamen. Sein Gesicht glänzte vor Genugthuung. Er sah ja, welche aufrichtige Achtung, Liebe und Dankbarkeit ihm entgegengebracht wurde.
    Es dauerte einige Zeit, bis die Aufregung, welche sein Erscheinen hervorgerufen hatte, sich legte, und nun konnte er mit Eduard sprechen.
    »Ich habe Deinen Brief erhalten und bin gekommen, mich mit Euch zu freuen. Habt Ihr einen Platz für mich?«
    »O, den ersten Platz, den besten Platz, den es giebt!«
    Und eilig wurde ihm ein Stuhl ganz obenan zwischen das Brautpaar gesetzt. Eduard sagte einige leise Worte zu einem der Gäste, und diese Worte gingen heimlich in der ganzen Runde herum: »Du, er ist ein wirklicher Fürst; er nennt sich nicht nur so. Er ist der Fürst von Befour, wohnt in der Residenz und hat viele, viele Millionen. Welche Ehre, daß er zu uns kommt und sich zu uns setzt!«
    Als des Fürsten Blick auf einige Nebentische fiel, auf denen die Hochzeitsgeschenke lagen, sagte er:
    »Ich sehe, daß die Gäste nicht ohne Gaben gekommen sind; da auch ich Gast bin, darf das Brautpaar auch ein Geschenk von mir erwarten. Hier gebe ich es Ihnen, liebe, junge Frau. Ihr Mann hat es redlich verdient.«
    Er zog ein zusammengefaltetes Papier hervor und gab es ihr. Sie war verlegen. Durfte sie es lesen, oder mußte sie damit warten. Der alte Wunderlich, der selbst neugierig war, was das Papier enthalten werde, sagte zu ihr: »Na, Engelchen, aufgemacht und gelesen! Wir Alle wollen auch hören, ob sich der einstige Vetter Arndt nobel gemacht hat!«
    Jetzt faltete sie es auseinander und las. Ihre Hände begannen zu zittern. Konnte Sie es glauben? Sie reichte den Zettel ihrem Bräutigam hin. Als sein Auge auf die Zeilen fiel, erbleichte er, aber vor freudigem Schreck.
    »Durchlaucht,« rief er, »das ist unmöglich!«
    »Warum denn?«
    »Es ist zu viel!«
    »Pah! Ich sagte ja bereits, daß Du es verdient hast!«
    »Aber wissen Sie denn wirklich, daß – – –«
    »Bitte keine Einrede! Es ist Dein.«
    Da traten dem jungen Manne die Thränen in die Augen. Er streckte dem Fürsten beide Hände hin und sagte unter lautem Schluchzen: »Nun ja, ich weiß, daß ich es nicht zurückweisen kann. Ich muß und will es also auch annehmen; aber ich gebe Ihnen die Versicherung, daß es Allen zu Gute kommen soll, die bei mir Arbeit suchen. Ich will es betrachten als eine Casse, mir von Gott geschenkt, in welche ich

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