Der verlorne Sohn
unumwundenes Geständniß ein schnelles Ende zu machen.«
»Das gebe Gott! Er ist überführt; aber sein Leugnen macht uns großartige Mühe und Beschwerden und verzögert den Gang der Sache in’s Unbestimmte. Aber, Durchlaucht, Ihr Gesicht!«
»Ach ja, ich stehe ja als Brandt hier!«
Er eilte hinauf, um Toilette zu machen und kam bald wieder als Fürst von Befour herab. –
Er begab sich nach Hause, aber nicht in sein Palais in der Palaststraße, sondern nach dem Häuschen in der Siegesstraße, in welchem seine Eltern wohnten. Er fand Robert Bertram in seiner Wohnung. Der junge Mann hatte bei einem Buch gesessen, aber nicht lesend sondern mit offenen Augen träumend. Sein Gesicht hatte den zufriedensten und glücklichsten Ausdruck, den es nur geben kann.
»Heute ist Ihr Geburtstag?« fragte der Fürst lächelnd.
»Mein Geburtstag? O, den kenne ich gar nicht!«
»Ich dachte, weil Sie ein so festliches Gesicht machen.«
»Hm! Ich bin bei guter Laune.«
»Wohl wegen der Lectüre hier? Was lesen Sie Schönes?«
»Es ist ein Lehrbuch der Geometrie.«
»O weh! Darüber pflegt man doch nicht in solche Verzückung zu gerathen!«
»Allerdings nicht. Ich dachte an gestern Abend.«
»Und da freuen Sie sich, daß Sie hinauscomplimentirt worden sind?«
»Ja, denn ich hoffe, daß man mich einladen werde, wieder zu kommen.«
»So waren Sie heute früh nicht dort?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ich hatte von Ihnen keine Anweisung dazu erhalten.«
»Mein gestriger Wink war deutlich genug. Uebrigens hatten Sie als Hausfreund die Verpflichtung, sich nach dem Befinden des Fräuleins zu erkundigen. Wir werden das jetzt mit einander thun und also hinfahren. Vorher aber muß ich Sie allen Ernstes fragen, ob es denn wirklich zu einer Erklärung zwischen Ihnen und Fräulein Fanny gekommen ist.«
»Allerdings.«
»Wie, Sie wagen sich an diese Dame?«
Robert erklärte lachend:
»Oder vielmehr, sie wagte sich an mich. Ich habe sie allerdings herzlich lieb; aber ich kannte die zwischen ihr und mir bestehende Schranke nur gar zu gut und war daher entschlossen, über meine Gefühle das tiefste Schweigen zu beobachten. Sie aber trieb mich aus der Reserve.«
»Das ist allerdings ein Zeichen, daß Sie von ihr wahr und innig geliebt werden. Sie sind ein glücklicher Mensch, Robert. Aber welche Hoffnung haben Sie denn für die Zukunft. Jetzt können Sie doch nicht denken, daß Sie einst der Gemahl dieser Dame sein werden.«
»O, ich denke es dennoch und verlasse mich dabei auf Drei, nämlich auf Gottes Beistand, auf Ihre Hilfe und auf meine eigene Anstrengung.«
Der Fürst klopfte ihm gerührt auf die Achsel und sagte:
»Recht so! Das sind Drei, auf die Sie sich verlassen können. Gott wird Sie schützen, Sie meinen es gut, und was ich thun kann, das werde ich gern thun und auch bald, vielleicht sogar schon heute. Kommen Sie!«
Der Wagen war vorgefahren, und sie stiegen ein. Robert hatte sich dem Fürsten gegenüber nichts merken lassen, aber es war ihm jetzt, als ob er dem großen Loose entgegenfahre.
Als sie vor dem Thore des Obersten hielten, blickte Robert zu den Fenstern empor. Da oben stand seine Fanny strahlenden Angesichts neben Alma von Helfenstein.
Steckte die Letztere mit dem Fürsten im Bunde? so fragte sich Robert. Wußte sie, daß er ihr Bruder sei?
Natürlich wußte sie es. Der Fürst war übrigens heute bei ihr gewesen und hatte sie über den gestrigen Vorgang unterrichtet. Er hatte sie gebeten, zu dem Obersten zu kommen, weil da das Geheimniß Robert Bertrams gelöst werde.
Sie hatte heute ihre junge Freundin Fanny, welche ja nun ihre Schwägerin werden sollte, mit ungewöhnlicher Zärtlichkeit begrüßt, und als sie sich dann für einige Augenblicke allein befanden, so fragte sie: »Also der Fürst ist zum Diner geladen. Wird er vielleicht Robert Bertram mitbringen?«
Fanny antwortete erröthend:
»Ich weiß es nicht bestimmt, möchte es aber wünschen.«
»Ah, Sie wünschen es besonders? Darf ich vielleicht errathen, daß dieser Wunsch aus dem Herzen kommt?«
Fanny warf sich der Freundin in die Arme und sagte, indem schnelle Thränen ihre Augen füllten: »Was auch kommen möge, nicht wahr, Sie werden mir Ihre Freundschaft stets bewahren?«
»O, liebes Kind, nicht nur die Freundschaft, sondern meine Liebe. Lassen Sie uns Schwestern sein!«
Als nun jetzt der Fürst mit Robert eintrat, standen die beiden Damen nebeneinander, die dunkel glühende Nacht des Südens und der helle, goldene
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