Der verlorne Sohn
Försterin.
»O nein! Die Menschen waren todt. Die Bärte und Perrücken sind hinterindische Kriegstrophäen. Mir nun bringen sie jetzt einen wirklich ungeheuren Nutzen. Aber hört, was ich da lese!«
Er nahm das Blatt zur Hand und las den erwähnten Artikel vor, auf den sein Auge gefallen war. Die Eltern horchten aufmerksam zu. Dann meinte der Förster: »Ein Schreiber? Robert Bertram? Kenne ihn nicht. Aber ein schlechter Hallunke ist er auf jeden Fall!«
Gustav hatte das Blatt fortgelegt und blickte höchst nachdenklich vor sich hin. Erst nach einer Weile sagte er: »Diese Meinung möchte ich denn doch nicht sofort unterschreiben!«
»Warum nicht?«
»Wo der ›Hauptmann‹ und der Bormann mit einander arbeiten, da hat der Teufel seine Hand im Spiel; da kann auch ein sehr ehrlicher Mensch unschuldig unglücklich werden. Bertram? Hm! Mir ist, als ob ich den Namen bereits einmal gehört hätte!«
»Namen hört man oft und viele!«
»Ich meine, unter besonderen Umständen. Wasserstraße! Robert Bertram aus der Wasserstraße! Hm!«
Er sann und sann. Endlich schien er eine Spur entdeckt zu haben.
»Ach,« sagte er, »Vater, erinnerst Du Dich noch jenes jungen Schriftstellers, von dem ich Dir erzählte? Er wurde von seinem Verlagsbuchhändler so grausam abgewiesen.«
»Ja. Du gabst ihm eine Kleinigkeit, und er bedankte sich nicht.«
»O, das unterließ er aus purem, reinem Glücke! Das nehme ich ihm nicht übel.«
»Das sieht Dir ganz ähnlich! Zuletzt nimmst Du es nicht einmal dem Baron übel, daß er Dich zum Doppelmörder gestempelt hat!«
»Das ist etwas Anderes! Aber jener junge Mann nannte sich Bertram, wenn ich mich nicht irre.«
»War jedoch nicht Schreiber!«
»Das ist richtig, sondern Schriftsteller. Ich werde mich aber doch erkundigen. Der Hauptmann soll mir die Unschuldigen in Ruhe lassen. Die Wasserstraße liegt hinter derjenigen, in welcher Hellenbachs wohnen. Wie leicht – alle Wetter! Da kommt mir ein Gedanke!«
»Welcher?«
»Wie nun, wenn dieser arme Bertram herbeigeeilt wäre, um den Einbruch zu vereiteln?«
»Auch möglich!«
»Und wäre dabei als Spitzbube angesehen und ergriffen worden?«
»Höchst fatal!«
»Das ist mehr als fatal! Ich werde diesem Hauptmanne einmal hinter den Sattel steigen! Ich will ihn nicht eher ergreifen, als bis ich Alles beisammen habe; aber er darf es mir auch nicht gar zu bunt treiben, sonst reißt mir die Geduld!«
Er griff nach einer silbernen Glocke, welche auf dem Tischchen stand, und schellte. Sofort trat ein gallonirter Diener ein. Dieser war ein hübscher, junger Mensch mit sehr intelligenten und ehrlichen Gesichtszügen.
»Anton!« sagte der Fürst.
»Durchlaucht!«
»Erinnerst Du Dich meiner vorgestrigen Weisung?«
»Sehr wohl!«
»Ist sie ausgeführt worden?«
»Nach Kräften.«
Bei diesen Worten spielte ein zufriedenes Lächeln um die Lippen des Dieners.
»So? Wirklich?«
Der Diener verneigte sich.
»War die Annäherung so leicht?«
»Was man gern thut, fällt nie schwer.«
»Und der Sturm auf das Mädchen?«
»Es ging nicht lebensgefährlich her. Die Baronin von Helfenstein ist eine gute Lehrerin.«
»Wo trafst Du die Zofe?«
»Ich lauerte in der gegenüberliegenden Restauration, bis sie ausging; dann begann der Angriff.«
»Mit Erfolg?«
»Sofort! Die Livrée Euer Durchlaucht ist ja die eleganteste, die es nur geben kann!«
»Ah, damit willst Du sagen, daß Du ein hübscher Kerl bist, und die Livrée, mit Chic zu tragen weißt! Sahst Du die Zofe dann später wieder?«
»Am Abend.«
»Schon! Das geht schnell! Und dann?«
»Gestern Vormittags und auch des Abends.«
»Gratulire! Was aber nun?«
»Heute Abend ist Hausball.«
»Wo?«
»Beim Grafen Rudolstein.«
»Was hast Du mit diesem Ball zu schaffen?«
Anton machte ein sehr vielsagendes Gesicht und antwortete mit einer ernsten Miene:
»Ich bin geladen!«
»Zum Ball?« fragte Brandt erstaunt.
»Ja.«
»Beim Grafen Rudolstein?«
»Ja, und die Zofe auch mit.«
»Sprich nicht in Räthseln!«
»Die einfache Lösung ist, daß der Graf und die Gräfin auf einige Wochen verreist, also abwesend sind.«
»Ah, so! Nun giebt die zurückgebliebene Dienerschaft einen Ball aus dem Keller und der Küche der Herrschaft?«
»So ziemlich denke ich es mir.«
»Ihr seid Schlingels! Ich hoffe, daß so Etwas nicht etwa auch einmal bei mir geschieht! Also die Zofe kommt?«
»Ganz gewiß! Ich soll sie sogar in der Nähe erwarten.«
»Hm! Wenn Du nun zu Hause bleiben
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