Der verlorne Sohn
darnach.«
»Dennoch werden Sie es thun, freiwillig oder – –«
Er hielt inne. Des Lieutenants Augen blitzten auf.
»Was oder – –?« fragte er.
»Freiwillig oder gezwungen.«
»Ah, Sie wollen mich zwingen?«
»Ja.«
»Wodurch oder womit?«
»Ich theile der Polizei Ihren Banknotenhandel mit.«
»Pah! Man glaubt es Ihnen nicht. Bringen Sie Beweise! Uebrigens dürfen Sie sich nicht sehen lassen. Sie können also nur brieflich denunciren. Welchen Eindruck soll das machen?«
»Doch einen. Man wird sämtliche Noten untersuchen, welche von Ihnen ausgegeben worden sind!«
Der Offizier schien doch verlegen zu werden, dennoch sagte er achselzuckend:
»Man versuche es!«
»Ja, man würde es versuchen, und Sie wären verloren, Sie und der alte Ruhm der Scharfenbergs. Aber es giebt noch Eins, was ich thun würde.«
»Was?«
»Sie kennen doch die Leda!«
Jetzt erbleichte der Lieutenant.
»Nun, was sagen Sie dazu, Herr von Scharfenberg?«
»Ich bin mir keiner Schuld bewußt.«
»Es giebt Dinge, welche einem Offizier nie verziehen werden, obgleich sie zu dem Strafgesetzbuch gar nicht in Beziehung stehen. Ich würde Ihr Verhältniß zur Leda unbedingt der Oeffentlichkeit preisgeben, natürlich ebenso auch Ihr Verhalten gegen den unschuldig verurtheilten Petermann. Sie müßten den Dienst quittiren und dürften sich niemals wieder vor einem Cavalier sehen lassen.«
»Sie sind ein Teufel!«
»Nein. Ich verlange nur Ihren Anzug und gebe Ihnen dafür den meinigen.«
»Des Königs Rock! Wenn es ruchbar wird!«
»Werde ich es sagen? Von der Grenze her sende ich Ihnen die Sachen wieder zu.«
»Wollen Sie auch den Mantel?«
»Ja.«
»Degen?«
»Natürlich. Alles, Alles, sogar die Stiefel.«
»Hm! Sie geben mir Ihr Wort, mich nicht zu verrathen?«
»Mein Ehrenwort als Baron und Hauptmann!« lächelte er.
»Und mir die Sachen von der Grenze her wieder zusenden?«
»Haben Sie so wenig Kleidung?«
»Pah! Es handelt sich nicht darum, sondern vielmehr um den Umstand, daß mir kein Anzug fehlt. Man erfährt, daß Sie in Uniform entwichen sind. Man fragt bei den Schneidern oder sonstwo. Ich will beweisen können, daß ich mich im Besitze meiner Kleider befinde.«
»Gut! Ich werde sie schicken. Wir sind also einig. Sie, Herr Wunderlich, lassen mir für zehntausend Gulden Noten ab, und Sie, Herr Lieutenant, tauschen mit mir die Anzüge. Giebt es ein Zimmer, wo wir wechseln können?«
»Dann nur oben bei mir.«
»So lassen Sie uns heraufgehen.«
Er nahm seine Tasche aus dem Treppenverschlage hervor und dann stiegen die drei Männer nach oben. Nach Verlauf von einer Viertelstunde brachte Wunderlich einen Officier herabgeführt. Er öffnete vorsichtig die Thür, blickte hinaus, und als er keinen Menschen bemerkte, ließ er ihn heraus.
Der Baron schritt langsam über den Markt hinüber. Er bemerkte nicht, daß sich von des Nachbars Thür eine Gestalt lößte und bis zur nächsten Ecke rannte, wo ein Wächter stand.
»Erkennen Sie diesen Officier dort?« fragte er ihn.
»Ja.«
»Folgen Sie ihm nach, und kommen Sie dann wieder an diese Ecke, um es mir zu melden.«
Der Wächter eilte dem Baron nach. Der Andere aber kehrte nach der Thür zurück. Es war kein Anderer als Doctor Holm. Er stand wohl über eine Viertelstunde da, als er bemerkte, daß der Wächter wieder zurückgekehrt sei. Er ging zu ihm hin.
»Nun?« fragte er.
»Dieser Officier ging in kein Haus. Er machte einen ganz eigenthümlichen Spaziergang.«
»Welchen?«
»An dem Petrikirchhofe vorüber und dann über die Wiesen nach dem Flusse hin.«
»Weiter?«
»Weiter konnte ich ihm nicht folgen. Es gab keine Deckung mehr für mich. Er hätte mich bemerkt.«
»Danke! Hier ein Trinkgeld.«
Holm stand im Begriff, wieder nach der Thür zurückzukehren, als er bemerkte, daß sich diejenige Wunderlichs abermals öffnete. Dieser Letztere spähte wieder hervor, und dann trat der Lieutenant heraus, in dem Regenmantel des Barons und, unvorsichtiger, gedankenloser Weise, auch dessen Tasche in der Hand.
Holm sah ihn kommen, kehrte zu dem Wächter zurück und sagte:
»Halten Sie den Mann an, er ist genau so gekleidet.«
»Wenn er es aber nicht ist?«
»So lassen Sie ihn natürlich wieder fort.«
Der Lieutenant wollte vorüber, da aber trat ihm der Wächter in den Weg.
»Halt! Bitte, woher kommen Sie?« fragte er.
»Haben Sie mich darnach zu fragen?«
»Ja.«
»Weshalb?«
»Das brauche ich eigentlich nicht zu sagen, aber wir suchen Einen, der ganz
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