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Der Vermesser (German Edition)

Der Vermesser (German Edition)

Titel: Der Vermesser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Verrückten in ein hübsches Halsband einließ, das er aus einem geschmolzenen Silberlöffel formte. Für gewöhnlich schwärzte der Falschmünzer seine Münzen mit Lampenruß und Öl, damit sie nicht mehr wie neu aussahen, aber für dieses Halsband hatte sich seine Tochter eigens Zeit genommen, um es auf Hochglanz zu polieren. Im trüben Licht des Schankraums glänzte und funkelte es wie die Uhrkette eines Kirchendieners.
    »Natürlich gehört es ihr«, gab Tom kurz angebunden zurück. »Wem sonst?«
    Brassey zwinkerte ihm zu und machte dabei eine leichte Verbeugung. »Natürlich, wem sonst?«, pflichtete er ihm bei. »Du scheinst dir deiner Sache ja ganz sicher zu sein, wenn du deinen Gewinn verschleuderst, noch bevor du ihn in der Tasche hast.«
    Tom warf einen Blick auf Lady. Sie sah ihn mit halb geschlossenen Augen an und drückte die Schnauze noch fester an ihn. Er schluckte, um den Kloß im Hals loszuwerden. »Sie wird gewinnen.«
    »Das möchte ich dir auch geraten haben.« Brassey wippte auf seinen feinen Schuhen und rieb sich die Hände. »Das möchte ich dir wirklich geraten haben.«
    Tom ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Wo ist der Captain?«
    Brassey fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Wird schon kommen. Ist ja noch viel Zeit. Aber er wird kommen.«
     
    Bevor Lady an der Reihe war, sollten andere Hunde zum Kampf antreten, um dem Publikum Appetit auf den Hauptgang zu machen. Pünktlich um neun ließ Brassey die Männer nach oben. Der Captain war zwar noch immer nicht eingetroffen, aber Brassey heizte die Spannung auf, wusste er doch aus Erfahrung, dass aufgeregte Männer eine durstige Kehle hatten. Lady auf dem Schoß, ließ Tom sich in dem nunmehr fast völlig leeren Schankraum nieder. Der einzige verbliebene Gast außer ihm war ein alter Mann mit einem Backenbart wie aus zerschlissener, an einem Dornenstrauch hängen gebliebener Schafwolle. Mit trauriger Miene starrte er in sein schmutziges Glas und stieß ab und zu ein Schnauben aus, als wäre das sein Beitrag zu einer Unterhaltung. Vom Kampfplatz im Obergeschoss waren merkwürdig dumpfe Schläge und das Kratzen von Krallen zu hören. Lady spitzte ihr gesundes Ohr und lauschte mit hechelnder Zunge. Es versetzte Tom einen Stich im Magen, als ihm klar wurde, wie aufgeregt sie war.
    Sie warteten schon eine ganze Weile, als ein finster dreinblickender junger Straßenhändler die Treppe herunterstolperte, eine blutüberströmte Bulldogge auf den Armen. Herausgeputzt nach der neuesten Mode, das Haar unter einem plüschigen Käppchen, das die Straßenhändler King’s man nannten, zu sechs Schläfenlocken gedreht, blieb er mitten in der Schankstube stehen und streckte die Arme mit dem Hund aus, als wollte er Tom das Tier zur Begutachtung präsentieren. Mit wachsamen rosa Augen hob Lady neugierig den Kopf.
    »Alles gut gegangen?«, fragte Tom, da sich der Junge offenbar nicht von der Stelle zu rühren gedachte, bevor Tom etwas sagte.
    Der Junge zog ein finsteres Gesicht. Ohne Vorwarnung ließ er den Hund auf den Boden fallen und versetzte ihm einen so heftigen Fußtritt in die Rippen, dass er sich unter die Sitzbank verkroch. Tom glaubte zu spüren, dass Lady zusammenzuckte.
    »Wenn ich den Kerl zu fassen krieg, der ihn mir verkauft hat, brech ich ihm sämtliche Knochen«, knurrte der Straßenhändler. »Hat mir weisgemacht, das wär ’n Rattenkiller durch und durch, der in der Minute zwanzig Viecher erledigt. Dieser nutzlose Köter!« Er spuckte verächtlich auf den sägemehlbestreuten Boden und wischte sich die Hände an der eng anliegenden Kniehose ab. »Hätt nicht mal eine abgemurkst, wenn das hässliche kleine Biest sich nicht hingelegt und ihm die Kehle wie ’nen Festtagsschmaus hingehalten hätte.«
    Tom schüttelte den Kopf.
    »Bin bloß froh, dass keiner von den wichtigen Leuten das gesehen hat«, fuhr der Straßenhändler, jetzt schon munterer, fort. »Hätt mir ganz schön eingeheizt, der Herr Captain, wo mich doch Brassey bequatscht hat, dem erbärmlichen Zwerg einen ordentlichen Kampfhund abzuluchsen.«
    Tom strich Lady nachdenklich über den Kopf. »Dann ist der Captain also nicht oben?«
    »Nö. Hat heut Abend drüben in Kentish Town was zu erledigen, heißt es. Ich denk, der rechnet sich aus, dort mehr absahnen zu können.« Der Bursche setzte ein breites Grinsen auf und entblößte statt einer Reihe Schneidezähne eine stattliche Zahnlücke. »Brassey zieht ’ne Fresse wie Sauerbier.«
    Dann würde er also nicht kommen.

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