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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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backte,
    obwohl der Bäcker täglich vorbeikam und die Mühe daher gar
    nicht lohnte. William saß in seinem Stuhl, sah seiner Frau zu und
    genoss den Duft des frischen Brotes. Er könne gar nicht genug
    kriegen von dem heißen, kräftigen Mehlaroma, beteuerte er. Da-

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    bei verschwieg er, dass der Duft des Brotes im Ofen eine Erlösung
    vom Gestank des Gefängnisses bedeutete, der sich in seiner Nase
    eingenistet hatte und ihn nachts in seinen Träumen heimsuchte –
    als graugrüne, sich immer weiter aufblähende, monströse Nebel-
    schwaden. Er saß in seinem Schaukelstuhl und spielte, wie Di,
    mit Teigklümpchen, die er heftig knetete und rollte, bis sie grau
    waren und beim Backen partout nicht aufgehen wollten. Wenn
    das Brot aus dem Ofen kam, machte er ein so ernstes und be-
    drücktes Gesicht, dass Pollys strenge Miene sich aufhellte und sie
    lachen musste – nicht ausgelassen fröhlich wie früher, sondern
    prustend und in kleinen Portionen, als hätte sie wenig davon und
    müsste sparsam damit umgehen. Dann lächelte auch William.
    Seitdem er das Gefängnisschiff verlassen hatte, lächelte er oft. Es
    war ein zaghaftes, verkrampftes Lächeln, das begierig war, auch
    nur den geringsten Widerschein in Pollys Gesicht zu erhaschen.
    Meine kleine Kreuzblume, murmelte er sehnsuchtsvoll, tastete
    nach ihren Händen und sog den Geruch ihres Körpers ein.
    Meine allerkostbarste Kreuzblume. Und sie drückte ihm die tro-
    ckenen Lippen auf die Stirn, und für einen kurzen Augenblick
    glätteten sich die Falten in ihrem Gesicht, und in ihren karamell-
    braunen Augen blitzte jenes alte goldene Funkeln wieder auf.
    Er fügte sich keine Wunden mehr zu. Er wagte es nicht. Zwar
    träumte er davon, wie sich seine Finger um den vertrauten Griff
    des Messers legten, träumte vom silbrigen Glitzern der Klinge,
    die ihm in die Haut schnitt, und dann spürte er, wie sein Herz
    einen Sprung machte, wie sein Blut in ekstatische Wallung geriet
    und sein Geist frohlockend aufjauchzte, aber er tat es dennoch
    nicht. Sein Blick folgte Polly durchs Zimmer, er bemerkte ihre
    gekrümmten Schultern, wenn sie sich niederkauerte und das
    Feuer schürte, und schaute ihr zu, wenn ihre Finger Nadel und
    Faden führten. Er lächelte sie an mit seinem zaghaften, verzwei-
    felten Lächeln, und sie lächelte zurück. Wenn er sich schnitte,

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    würde sie es merken. Sie würde ihn anschauen mit diesen Augen
    und nicht mehr lächeln, und sein Herz würde verdorren, sein
    Blut erkalten und sein Lebensmut brechen. Wenn sich Polly ab-
    wandte, bliebe ihm nichts als die dunkle, kalte beklemmende
    Angst. Er konnte es nicht tun. Er würde es nicht tun. Er war
    nicht geisteskrank. Man hatte ihn für gesund erklärt. Für gesund
    und unschuldig. Worte, fest und unverrückbar wie Felsgestein.
    Unanfechtbar. Auch wenn Ängste und Träume im Hinterhalt
    lauerten, so hatten sie doch keine Macht, das unwandelbare We-
    sen der Steine zu verändern. Wenn er sich wenig bewegte und
    nicht so viel grübelte, gelang es ihm sogar, sich so weit zu kon-
    zentrieren, dass er das Gefäß, das er war, ganz ruhig hielt, ohne
    etwas zu verschütten.
    Einen Tag nachdem Hawke gehängt worden war, kam Pollys
    Bruder Maurice wie vereinbart vorbei. Er hatte in einem Dorf
    nur wenige Kilometer von Lambeth entfernt etwas zu erledigen,
    und um William und Polly Kosten zu sparen, würde er mit sei-
    nem leeren Wagen die wenigen Habseligkeiten, die ihnen geblie-
    ben waren, abholen und zu sich nach Hause bringen, wo die
    Familie bleiben wollte, bis sich entscheiden würde, wie es weiter-
    ginge. Polly lief hinunter, um ihn zu begrüßen, und William
    beobachtete sie voller Unruhe vom Fenster aus. Als sie ihren
    Bruder begrüßte, kam die Postkutsche die Straße entlanggehol-
    pert, und man übergab ihr ein Päckchen. Sie betrachtete es und
    blickte dann zu William hinauf, der ihr Lächeln zaghaft erwi-
    derte und ihr ein Zeichen machte, sich zu beeilen. Dann ver-
    schwand sie aus seinem Blickfeld. Kurz darauf hörte er sie auf
    der Treppe, hinter ihr die schweren Schritte ihres Bruders.
    »Ein Päc c
    k hen ü
    f r dich«, sagte s e
    i u d
    n drückt
    e es William in
    die Hand.
    William besah die Handschrift, sie war ihm nicht bekannt.
    Unbeholfen machte er sich an der Schnur zu schaffen, bis Polly

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    ging, um ein Messer zu holen; sie verdeckte das Schränkchen mit
    ihren Röcken, denn Maurice sollte nicht sehen, dass sie es ver-
    schlossen hielt, auch wenn sie nicht wusste,

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