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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Augenblick war die Menge stumm, dann ertönte ein Ju-
    belschrei, so laut, dass selbst die Backsteine des Newgate-Ge-
    fängnisses in ihrem kalten Mörtelbett zu erzittern schienen.
    Tom blieb stumm. Aber er drückte Ladys Schnauze an sein Ge-
    sicht und sog ihren warmen Filzgeruch ein. Er hatte noch nicht
    gefrühstückt, doch plötzlich fühlte sich sein Magen, der ihn seit
    über einer Stunde gequält hatte, nicht mehr leer an. Tom ver-
    spürte Wärme und Zufriedenheit, als hätte er einen ganzen Laib
    Brot gegessen, der frisch aus dem Ofen kam. Wie viele Notlei-
    dende wären froh zu wissen, dass der Geruch eines Hundes einen
    hungrigen Magen füllen konnte, dachte er nüchtern. Zum Glück
    war Joe nicht hier und sah sein Gesicht, das nach all diesen Jah-
    ren sanft war wie das eines kleinen Mädchens. Joe hätte sich
    schier ausgeschüttet vor Lachen.
    Der Henker machte jetzt seine Späßchen mit dem Leichnam
    und tat, als wollte er ihm die Hand schütteln. Die Menge johlte.
    Lächelnd barg Tom das Gesicht in Ladys Fell. Es war Zeit, mit ihr
    nach Hause zu gehen.

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XXXVIII

    Z wei Tage später verließen William und Polly London.
    Sie hatten ein wenig Geld bei sich. Obwohl sich in der Baube-
    hörde einige dagegen aussprachen, hatte Lovick darauf bestan-
    den, William eine kleine Entschädigung zuzusprechen, die es
    ihm erlauben würde, während einer kurzen Genesungszeit die
    unmittelbaren Bedürfnisse seiner Familie zu erfüllen. Das Ange-
    bot, seine Tätigkeit in der Baubehörde wieder aufzunehmen, war
    damit nicht verbunden. Der Brief, der die Einzelheiten der Ab-
    findung regelte, stellte vielmehr klar, dass diese Geste der Groß-
    zügigkeit keineswegs eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
    von May bedeutete, sondern dessen Beendigung, sozusagen den
    endgültigen und möglichst unkomplizierten Schlussstrich unter
    die ganze unerfreuliche Episode. Für Hawke war schnell ein
    Nachfolger gefunden, dem ein Team erstklassiger Mitarbeiter
    zur Seite gestellt wurde. Trotz des Skandals genoss die Behörde
    auch weiterhin die tatkräftige Unterstützung des Parlaments
    und der Londoner Bevölkerung. Die Bauarbeiten wurden ohne
    Verzögerung fortgesetzt. Und ohne William.
    Polly machte aus ihrer Empörung keinen Hehl. Die Falten, die
    sich in ihre fahlen Wangen eingegraben hatten, wurden noch
    dunkler und tiefer. William habe sich nichts zuschulden kom-
    men lassen, versicherte sie jedem, der es hören wollte. War das
    nicht sogar gerichtlich festgestellt worden? William war ebenso
    ein Opfer von Hawkes Heimtücke geworden wie England, und
    genau wie England hatte er keine Strafe, sondern Wiedergut-
    machung verdient. Dank der bösartigen Machenschaften dieses

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    Ungeheuers war ihr Mann für geistesgestört erklärt und einge-
    sperrt worden. Sie, die einst ein Haus und ein Dienstmädchen
    gehabt hatte, eine respektable Dame durchaus von Stand, musste
    sich jetzt mit einem einzigen Zimmer in einer Pension begnügen
    und Näharbeiten annehmen, nur um ihre beiden Kinder satt zu
    bekommen. Wenigstens eine öffentliche Entschuldigung wäre
    angebracht, das Eingeständnis, dass William, ja ihnen beiden
    furchtbares Unrecht angetan worden war, und das Recht, seine
    alte Position, sein altes Leben wieder aufzunehmen. War das
    etwa zu viel verlangt? Sie schrieb einen wütenden Brief an Raw-
    linson, Williams alten Wohltäter, erhielt aber nur eine knappe
    Antwort seines Sekretärs mit den besten Wünschen für eine ra-
    sche Genesung ihres Mannes und dem höflichen Hinweis, dass
    Rawlinson für Bazalgette und das Amt für öffentliche Bauvor-
    haben die größte Hochachtung hege; sie solle wissen, dass alle
    En
    n
    tscheidu gen der Behörde in dieser Angelegenheit seine un-
    eingeschränkte Unterstützung hätten.
    Als Polly diesen Brief erhielt, schlug sie zornig mit dem Hand-
    rücken dagegen, fuchtelte William damit ärgerlich vor der Nase
    herum und verlangte, er solle ihren Unmut teilen. Doch William
    zuckte nur kummervoll die Achseln und breitete die Arme aus.
    In diesen Wochen nach seiner Freilassung suchte er ihre Nähe,
    griff nach ihren Händen, wenn sie an ihm vorüberging, und barg
    den Kopf in ihrer Schürze. Sein banger Blick folgte ihr, wenn sie
    das Zimmer verließ. Er konnte es nicht ertragen, allein zu sein.
    Die Wirtin erlaubte ihren Mietern sonntags die Benutzung der
    Küche, und dort saß er gern mit Polly, den Schaukelstuhl an den
    Herd gerückt. Am meisten mochte er es, wenn sie Brot

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