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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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größeres Recht als die allermeisten. Kaum
    zwanzig der hier versammelten Schaulustigen hätten den Cap-
    tain gekannt, wenn er auf sie zugekommen wäre und ihnen die
    Hand geschüttelt hätte. Lady dagegen kannte ihn nur zu gut.
    Unterhalb ihrer rechten Schulter hatte sie eine frische bläuliche
    Wunde, die sich dunkel von ihrer rosafarbenen Haut abhob.
    Tom hatte sie mit Pfefferminzwasser gereinigt, aber sie sah noch
    immer übel aus, und das machte ihm Sorgen. Um ehrlich zu
    sein, hatte er sie deshalb hierher mitgenommen. Wenn sein Blick

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    auf die Wunde fiel oder er nur daran dachte, kochte die Wut in
    ihm hoch. Der Mistkerl hatte sich nicht damit begnügt, ihm
    Lady wegzunehmen, o nein. Er hatte sie kleinmachen wollen.
    Wenn er sie kampfunfähig gemacht hatte ...
    Er spürte ihr zuckendes Ohr an seinem Mund, als sie den Kopf
    hob und ihm das Kinn leckte. Sie würde gesund werden. Sie
    würde, in einem Glaskasten ausgestellt, unsterblich sein, für je-
    dermann sichtbar: eine der Großen. Hier und heute aber gab es
    nur sie beide, gekommen, um dabei zu sein, wenn der Captain,
    dieser Dreckskerl, seinen Weg in die Ewigkeit antrat. Er selbst
    war weich geworden, überlegte Tom, und während er die Arme
    fester um Lady schlang, musste er unwillkürlich grinsen. Der
    Langarmige Tom, steinalt, aber weich wie Butter.
    Nachdem die Kutschen des Sheriffs vorbeigefahren waren,
    ging alles sehr rasch. Als es Viertel vor acht schlug, wurde die
    Menge immer angespannter, gleichzeitig aber auch ruhiger. Man
    reckte den Hals, ob nicht schon etwas zu sehen war, was darauf
    hindeutete, dass der Delinquent gleich herauskommen würde.
    Eine Leiter wurde gebracht und durch eine Seitentür ins Gefäng-
    nis getragen. Wer noch Platz genug hatte, die Arme zu heben
    und auf das Geschehen zu deuten, konnte sie nur mit Mühe wie-
    der herunternehmen. Ein Arbeiter, der letzte Hand an einen Bal-
    ken legte, wurde geneckt und angespornt. Über der wogenden
    Menge öffneten sich Fenster, aus denen Menschen aufgeregt auf
    Dächer und Vorsprünge kletterten.
    Und dann endlich schlug die Uhr die volle Stunde. Als wären
    die Glocken ein Dampfer, der mit seinen gewaltigen Rädern das
    Menschenmeer durchpflügte, begann die Menge zu wanken und
    zu wogen, und ein furchtbares Kreischen der Erregung ging wie
    ein Ruck durch die Zuschauer. Zuerst war auf der Bühne nichts
    zu sehen. Einsam stand das schwarze Gerüst des Galgens, dem
    Lärm abgewandt, da. Tom musste an ein geprügeltes Kind den-

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    ken, das sich verschämt in eine Ecke duckt. Dann öffnete sich
    das schwarze Gefängnistor, und ein Kopf erschien. Alle hielten
    den Atem an, um kurz darauf wie im Chor tief Luft zu holen. Es
    war, als würden sie damit sämtliche Geräusche auf den Straßen
    verschlucken, so dass es nun fast totenstill war. Wie sich zeigte,
    war William Calcraft herausgetreten, der Henker von Newgate.
    Hinter ihm erschien der Captain.
    Sein schwarzer Anzug sah neu aus, und der Verband, den er
    um den Hals trug, war blendend weiß wie die Halsbinde eines
    vornehmen Herrn. Seine Hände waren vor dem Körper gefes-
    selt, aber er bewegte sich, als würde er sie beim Gehen schwen-
    ken, fast als stolzierte er. Er ließ den Blick über die Menge
    schweifen, mit zusammengekniffenen Augen, weil ihn das helle
    Morgenlicht blendete. Ein paar jugendliche Straßenhändler rie-
    fen ihm etwas zu, doch die meisten Zuschauer waren verstummt
    und gafften mit offenem Mund, als der Gefangene mit einer
    Geste, deren Bedeutung Tom nicht verstand, die Arme hochriss.
    Ein Raunen ging durch die Menge, eine sich fortpflanzende
    Welle. Dann schob der Mann, der als Letzter herausgetreten war,
    den Captain vorwärts, bis er direkt unter dem Galgen stand. Cal-
    craft zog ein schwarzes Tuch aus der Hosentasche und band es
    dem Delinquenten um den Kopf. In den Mienen der Zuschauer
    war weder Mitleid noch Milde zu erkennen. Mit offenen, gei-
    fernden Mündern reckten sich alle auf Zehenspitzen, bis die
    Halssehnen hervortraten wie Schnüre. Man konnte unmöglich
    verstehen, was der Geistliche sprach, aber jeder sah, dass sein
    gieriger Blick so gar nicht zu dem feierlichen Zug um seinen
    Mund passte. Dann wurde die Falltür weggezogen, und Hawke
    stürzte in die Tiefe. Von seinem erhöhten Platz aus beobachtete
    Tom, wie der Henker unter dem Galgen heftig an den Füßen des
    Gehängten zog. Der Körper zuckte, dann blieb er, schwer wie ein
    Sack, reglos hängen.

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    Der Mann war tot.
    Einen

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