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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Bestätigendes sagen sollte oder ob ihn das eher ablenken würde, schwieg sie.

    »Wir haben durchschaut, wes Geistes Kind er war«, fuhr O’Neil fort. »Damals planten wir einen weitreichenden Aufstand und wollten ihn benutzen, indem wir ihm falsche Informationen zuspielten und auf diese Weise den Spieß umdrehten. Wir hatten allerlei Träume. Sean war der Anführer, aber Kate war diejenige, die uns alle mit ihrer Leidenschaft befeuert hat. Sie war schön wie das Sonnenlicht, das auf dem Herbstlaub tanzt, schön wie der Wind und der Schatten. Es war die Art von Schönheit, die man nicht halten kann. Sie war so lebendig wie keine andere Frau jemals.« Erneut hielt er inne, tief in seine Erinnerungen versunken. Der Schmerz, den er empfand, stand ihm unübersehbar ins Gesicht geschrieben.
    »Sie haben sie geliebt«, sagte sie mit freundlicher Stimme.
    »Wie alle anderen Männer auch«, bestätigte er und sah ihr kurz in die Augen, als sei ihm ihre Anwesenheit gerade erst wieder eingefallen. »Sie erinnern mich ein bisschen an sie. Ihre Haare hatten etwa die gleiche Farbe wie Ihre. Aber Sie sind natürlicher, wie die Erde. Unerschütterlich.«
    Charlotte war nicht sicher, ob sie sich gekränkt fühlen sollte. Ohnehin war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür, aber sie würde später darüber nachdenken.
    »Sprechen Sie weiter«, ermunterte sie ihn. Bisher hatte er ihr nichts gesagt, womit sie etwas anfangen konnte, außer dass er in die Frau seines Bruders verliebt gewesen war. War das der wahre Grund für seinen Hass auf Narraway?
    Als hätte er ihren Gedanken gelesen, fuhr er fort: »Natürlich hat auch Narraway gemerkt, wie lebendig sie war. Wie wir alle war er von ihr fasziniert, und wir haben beschlossen, uns das zunutze zu machen. Wir hatten ihm weiß Gott so gut wie nichts entgegenzusetzen. Er war gerissen. Viele Iren halten die Engländer für dumm, und manche sind es sicher auch, aber von denen war Narraway keiner, der bestimmt nicht.«

    »Sie haben sich also entschieden, sich seine Gefühle für Kate zunutze zu machen?«
    »Ja. Warum auch nicht?«, fragte er und verteidigte mit vor Zorn sprühenden Augen die vor so vielen Jahren getroffene Entscheidung. »Wir haben für unser Land gekämpft, für unser Recht, uns selbst zu regieren. Und Kate war einverstanden. Sie hätte für Irland alles getan.« Seine Stimme versagte einen Augenblick, so dass er nicht weitersprechen konnte.
    Sie wartete. Von draußen war nicht das leiseste Geräusch zu hören, weder Wind noch Regen, keine Schritte, kein Hufgeklapper auf der Straße. Selbst der Hund zu Cormacs Füßen rührte sich nicht. Das Haus hätte ebenso gut weit draußen auf dem Lande stehen können, viele Kilometer vom nächsten Nachbarn entfernt. Die Gegenwart hatte sich vollständig aufgelöst und war verschwunden.
    »Kate und Narraway wurden ein Liebespaar«, sagte Cormac mit Bitterkeit in der Stimme. »Sie hat uns gesagt, was er plante, er und die anderen Engländer. Zumindest hat sie behauptet, dass es so war.« Der Kummer war seiner Stimme deutlich anzuhören.
    »Hat es denn nicht gestimmt?«, fragte sie, als er nicht weitersprach.
    »Er hat sie belogen. Durch sie wusste er, was wir vorhatten. Irgendwo muss sie einen Fehler begangen haben.« Die Tränen liefen ihm über die Wangen, und er machte sich nicht die Mühe, sie wegzuwischen. »Er hat uns lauter Lügen aufgetischt, und wir haben ihm geglaubt. Der Aufstand wurde verraten. Eine furchtbare Dummheit. Man hat Kate die Schuld daran gegeben!« Er schluckte, sah auf die Wand, als könne er dort alle an jener Tragödie Beteiligten vor sich sehen.
    »Die Leute sind dahintergekommen, dass sie uns belogen hatte«, fuhr er fort. »Natürlich war das Narraways Schuld; er
hatte sie gegen ihr eigenes Volk eingesetzt. Dafür möchte ich ihn in der Hölle schmoren sehen. Aber er soll auch hier auf der Erde schon leiden, wo ich das mitbekomme. Können Sie dazu beitragen, Mrs Pitt? Um Kates willen?«
    Die tiefe Wut, die aus ihm sprach, erschütterte sie. Er schien körperlich darunter zu leiden wie unter einer Krankheit. Seine Haut war fleckig, sein Gesicht wirkte aufgequollen. Früher musste er einmal gut ausgesehen haben.
    »Was ist mit ihr geschehen?« Es war grausam, diese Frage zu stellen, aber es war Charlotte klar, dass die Geschichte damit nicht zu Ende war, und sie musste sie aus seinem Mund hören, nicht nur von Narraway.
    »Man hat sie umgebracht, erwürgt«, sagte er. »Die schöne Kate.«
    »Das tut mir

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