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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ansah, verstand sie mit einem Mal deutlicher, welches Gewicht auf ihm lastete, und sie empfand Trauer darüber, was ihn das gekostet hatte.
    »Wieso glaubst du so sicher zu wissen, dass Sean sie getötet hat?«, wiederholte sie ihre Frage.
    Er sah sie unverwandt an. »In Wirklichkeit willst du wissen, ob ich beweisen kann, dass ich es nicht selbst war.«
    Sie spürte die Schamröte auf ihrem Gesicht. Auf keinen Fall wollte sie ihn belügen. »Ja.«
    Weder machte er ihr für diesen Gedanken Vorhaltungen, noch schob er die Frage einfach beiseite.
    »Sie war schon kalt, als ich sie gefunden habe«, gab er zur Antwort. »Er hat versucht, mir die Schuld an ihrem Tod zu geben. Die Polizei hätte sich dieser Theorie nur allzu gern angeschlossen, aber zur Zeit ihrer Ermordung war ich zusammen mit dem Vizekönig in dessen Residenz im Phoenix Park.
Dort haben mich ein halbes Dutzend Bedienstete gesehen, ganz abgesehen vom Vizekönig selbst und dem dorthin zum Wachdienst abkommandierten Polizeibeamten. Sie wussten zwar nicht, wer ich war, hätten mich aber bei einer Gegenüberstellung in einer Gerichtsverhandlung nötigenfalls identifizieren können. Schon bei der Anfangsuntersuchung des Falles wurde deutlich, dass ich mich zur Tatzeit unmöglich in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben konnte. Damit war gleichzeitig bewiesen, dass Sean mit seiner Aussage, er habe mich dort gesehen, nicht nur gelogen, sondern zugleich zugegeben hatte, dass er selbst dort gewesen war.« Er zögerte. »Wenn du unbedingt willst, kannst du diese Angaben nachprüfen. « Ein Lächeln trat auf sein Gesicht und verschwand gleich wieder. »Meinst du etwa, die Iren hätten mich nicht liebend gern gehängt, wenn sie auch nur den Hauch einer Gelegenheit dazu gehabt hätten?«
    »Doch«, stimmte sie zu und spürte, wie eine Last von ihr wich. Seelenschmerz war eine Sache, aber wenn keine Schuld dazukam, handelte es sich um eine Wunde, die wieder heilen würde. »Es … es tut mir leid, dass ich das fragen musste. Vielleicht hätte ich wissen müssen, dass du das nie getan hättest. «
    »Es wäre mir lieb, wenn du gut von mir dächtest, Charlotte«, sagte er ruhig. »Aber ebenso sehr liegt mir daran, dass du mich als wirklichen Menschen ansiehst, der zum Guten wie zum Schlechten gleichermaßen fähig ist, der Mitleid und auch Scham empfinden kann …«
    »Viktor … bitte …«
    Er wandte sich langsam ab und sah ins Kaminfeuer. »Entschuldigung. Es wird nicht wieder vorkommen.«
    Leise verließ sie den Raum und ging nach oben in ihr Zimmer. Sie musste allein sein, und was auch immer sie oder er sagen konnte, es würde die Sache nur verschlimmern.

    Am nächsten Morgen trafen sie einander beim Frühstück. Nach einer schlechten Nacht hatte Charlotte leichte Kopfschmerzen; er war zwar müde, barst aber so vor Tatendrang, dass man die Ereignisse des Vortages für einen bösen Traum hätte halten können, für etwas, was nie geschehen war.
    Während Charlotte Toast mit Orangenmarmelade bestrich, kam Mrs Hogan mit einem Brief für Narraway herein, den ein Bote abgegeben hatte. Narraway dankte ihr und öffnete den Brief.
    Charlotte sah ihn aufmerksam an, konnte aber auf seinem Gesicht nichts anderes als einen Ausdruck von Überraschung sehen. Als er den Blick hob, merkte er, dass sie ihn erwartungsvoll ansah.
    »Von Cormac. Ich soll ihn gegen Mittag aufsuchen. Er will mir sagen, was geschehen ist, und mir Beweise liefern.« Sie war verwirrt, dachte an den Hass des Mannes, den Schmerz, der ebenso stark zu sein schien, wie er wohl an jenem Tag in der fernen Vergangenheit gewesen war. Sie beugte sich vor. »Du solltest besser nicht hingehen, nicht wahr?«
    Er legte den Brief auf den Tisch. »Ich bin gekommen, um die Wahrheit zu erfahren, Charlotte. Vielleicht höre ich sie aus seinem eigenen Munde, selbst wenn das nicht seine Absicht sein sollte. Ich muss unbedingt hin.«
    »Aber er hasst dich nach wie vor aus tiefster Seele«, gab sie zu bedenken.
    »Das ist mir bewusst«, versicherte er ihr, berührte mit seiner sehnigen Hand flüchtig ihren Arm und zog sie gleich wieder zurück. »Aber ich kann es mir nicht leisten, diese Gelegenheit ungenutzt vorübergehen zu lassen. Auch ich habe nichts zu verlieren. Falls Cormac hinter dem Verrat an Mulhare steckt, muss ich wissen, wie er das angestellt hat, und eine Möglichkeit finden, es Croxdale zu beweisen.« Sein Gesicht spannte sich erneut an. »Vor allem aber muss ich dahinterkommen,
wer der Halunke in Lisson Grove

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