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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Polstermöbel und Dekorationsgegenstände aus Messing – nur dass sie bei McDaid aus reinem Silber bestanden, keltische Unikate von unschätzbarem Wert.
    »Es tut mir so leid.« Sie schluckte und versuchte, ihre Fassung wiederzugewinnen. Sie hatte geglaubt, sich beherrschen zu können, und merkte jetzt, dass sie weiter davon entfernt war, als sie angenommen hatte. »Wir haben Cormac O’Neil aufgesucht. Genau genommen hatte Victor gesagt, dass er allein hinfahren wolle, aber ich bin ihm ohne sein Wissen sozusagen auf den Fersen gefolgt …«
    »Wollen Sie damit sagen, Sie haben eine Droschke gefunden, deren Kutscher imstande war, ihn im Dubliner Verkehr nicht aus den Augen zu verlieren?«, fragte McDaid mit gerunzelter Stirn.
    »Das nicht. Ich wusste, wohin er wollte, weil ich gestern Abend selbst dort war …«
    »Bei O’Neil?« Er machte ein ungläubiges Gesicht.
    »Ja. Hören Sie mir bitte zu.« Ihre Stimme war unwillkürlich lauter geworden, und sie bemühte sich, sie zurückzunehmen. »Ich bin nur wenige Augenblicke nach Victor dort eingetroffen. Kaum dass er ins Haus getreten war, hat der Hund angefangen zu bellen – aber einen Schuss habe ich nicht gehört !«
    »Natürlich hat der gebellt.« Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. »Das tut der bei jeder Gelegenheit, außer wenn
Cormac nach Hause kommt oder vielleicht noch Talulla. Sie wohnt nur ein paar Schritte entfernt und kümmert sich um das Tier, wenn er nicht da ist. Das kommt immer mal wieder vor.«
    »Nicht die Zugehfrau?«, fragte sie rasch.
    »Nein. Die hat vor dem Hund Angst.« Er sah sie aufmerksam und mit ernster Miene an. »Warum fragen Sie das – spielt es eine Rolle?«
    Sie zögerte, weil sie nach wie vor nicht sicher war, wie weit sie ihm trauen durfte. Was sie zu sagen hatte, war das Einzige, womit sie Narraway helfen konnte. Vielleicht war es besser, dies Wissen für sich zu behalten.
    »Möglicherweise nicht«, sagte sie und sah betont verwirrt drein. Dann teilte sie ihm so zusammenhängend, wie es ihr möglich war, mit, was geschehen war, ohne den Hund noch einmal zu erwähnen. Dabei achtete sie aufmerksam auf die Reaktionen in seinem Gesicht und versuchte die Empfindungen zu deuten, die sich darauf spiegelten, Glaube oder Ungläubigkeit, Verwirrung oder Verständnis, Triumph oder Niedergeschlagenheit.
    Er hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen. »Und die Polizei hält Narraway für den Täter? Warum in drei Teufels Namen hätte er Cormac erschießen sollen?«
    »Um sich dafür zu rächen, dass dieser ihn in London unmöglich gemacht hat«, gab sie zurück. »Jedenfalls hat Talulla das gesagt. Es klingt ja auch irgendwie sinnvoll.«
    »Und glauben Sie, dass das so abgelaufen ist?«, fragte er.
    Beinahe hätte sie gesagt, dass sie das Gegenteil mit Sicherheit wisse, doch fiel ihr gerade noch rechtzeitig ein, dass das ein Fehler sein könnte. »Eigentlich nicht«, sagte sie zurückhaltend. »Ich habe unmittelbar hinter ihm das Haus betreten und keinen Schuss gehört. Ganz davon abgesehen, glaube ich auch nicht, dass Victor so etwas tun würde. Es ergibt keinen Sinn.«
Er schüttelte den Kopf. »Doch, es ergibt einen Sinn. Er hat an seiner Arbeit gehangen. In gewisser Weise war sie geradezu sein Daseinszweck.« Er sah gequält drein, die Empfindungen wechselten sich auf seinem Gesicht ab. »Ich bedaure, das sagen zu müssen, und es soll nicht heißen, dass Sie ihm nicht wichtig seien, aber nach allem, was er gesagt hat, nehme ich an, dass Sie beide einander nicht besonders oft sehen.«
    Jetzt war sie wütend. Sie spürte, wie der Zorn in ihr aufstieg, sich ihr Magen verkrampfte. Ihre Hände zitterten, während sie mit einer Stimme, die klang, als sei sie leicht beschwipst, sagte: »Damit haben Sie Recht. Aber Sie kennen Victor schon seit vielen Jahren. Hat er sich je wie ein Dummkopf aufgeführt?«
    »Nein. Er hat so manches getan, was nicht unbedingt immer besonders anständig war, aber dumm war es nie«, gab er zu.
    »Hat er je hitzköpfig oder gedankenlos gegen seine eigenen Interessen gehandelt?« Sie konnte es sich nicht vorstellen, nicht von dem Mann, den sie kannte. War er womöglich früher von dieser Art unbeherrschter Leidenschaftlichkeit gewesen? War seine übermäßige Selbstbeherrschung nichts als eine Maske? Sie fand den Gedanken sonderbar abwegig, hatte den Eindruck, als zerstöre sie damit einen Teil von ihm, den sie auf keinen Fall anders sehen wollte, als sie ihn bisher gesehen hatte.
    McDaid stieß ein

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