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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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abgeschafft wird, und vermutlich auch, dass sie anschließend abdankt. Dem auf diese Weise erreichten Ende der Herrschaft durch erbliche Privilegien soll wohl eine Republik folgen, die ausschließlich durch gewählte Volksvertreter regiert wird.«
    »Großer Gott.« Croxdale ließ sich in den nächsten Sessel sinken. Sein Gesicht war aschfahl, seine Hände zitterten. »Sind Sie wirklich ganz sicher? Ohne hieb- und stichfeste Beweise kann ich nicht tätig werden. Wenn ich Militär nach Osborne House in Marsch setzen soll, muss ich mich hundertprozentig darauf verlassen können, dass das gerechtfertigt ist – besser gesagt, ich muss genau wissen, dass es das Einzige ist, was ich tun kann. Falls Sie sich irren, lande ich im Tower und schließlich auf dem Richtblock.«
    »Narraway befindet sich bereits in Osborne House, Sir«, teilte ihm Pitt mit.
    »Was?« Croxdale fuhr überrascht hoch. »Narraway in …« Er hielt inne und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Können Sie beweisen, was Sie mir hier vortragen, Pitt – ja oder nein? Ich muss das dem Premierminister erklären, bevor
ich handele: sofort, noch heute Nacht. Ich kann Austwick festnehmen lassen – das werde ich als Erstes tun, bevor er auf den Gedanken kommt, dass Sie sein Spiel durchschaut haben. Das veranlasse ich sofort. Aber um den Premierminister zu überzeugen, brauche ich mehr als Ihr Wort.«
    »Gewiss, Sir.« Pitt wies auf die Aktentasche. »Hier habe ich alles Nötige: Berichte, Anweisungen, Briefe. Man muss ein wenig kombinieren, aber es ist alles da.«
    »Und Sie haben nicht die geringsten Zweifel? Gott im Himmel, Mann, wenn Sie sich irren, sorge ich dafür, dass Sie mit mir zusammen untergehen!« Croxdale stand auf. »Ich leite alles Erforderliche in die Wege. Ganz offensichtlich gibt es keine Zeit zu vergeuden.« Er ging langsam hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    Stoker, der sich während der ganzen Unterhaltung nicht von der Stelle gerührt hatte, runzelte die Brauen.
    »Was gibt es?«, fragte Pitt.
    Stoker schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht recht, Sir.«
    Pitt hielt nach wie vor die Tasche mit den Dokumenten in der Hand. Warum hatte Croxdale sie nicht zu sehen verlangt, warum war er sie nicht zumindest flüchtig durchgegangen? Wieso hatte er die Beweise nicht sehen wollen, wo es doch immerhin um die Möglichkeit von Hochverrat innerhalb des Sicherheitsdienstes ging und er zuvor selbst von Narraways Schuld überzeugt gewesen war? Es war allgemein bekannt, dass Pitt unverrückbar auf Narraways Seite stand. Pitt hätte an Croxdales Stelle mehr Misstrauen an den Tag gelegt.
    »Glauben Sie, dass er Austwick von vornherein verdächtigt hat?«, fragte Stoker.
    » Wessen? Wenn Austwick in die Manipulation der Überweisung verwickelt war, die man Narraway in die Schuhe geschoben hat, ist er auch am Anschlag auf die Königin beteiligt. Falls Croxdale davon wusste, steckt er auch mit den Leuten
unter einer Decke.« Noch während er das sagte, wurden ihm schlagartig die Zusammenhänge klar. Austwick führte die Anweisungen eines Höhergestellten aus, davon waren er und Stoker überzeugt. Ob das Croxdale selbst war?
    Dann fiel ihm etwas ein: Croxdale hatte gesagt, er habe nicht gewusst, dass Austwick das Geld für Mulhare auf den Weg gebracht habe – dabei hatte er diese Anweisung gegenzeichnen müssen. Bei einem so hohen Betrag genügte eine einzige Unterschrift nicht.
    Pitt wandte sich an Stoker. »Er schafft sich jetzt Austwick vom Hals und schiebt ihm die ganze Schuld zu«, sagte er. »Und dann geht es gegen die Königin.«
    Im Lampenlicht erkannte er das Entsetzen in Stokers Augen. Ihm war klar, dass er ebenso aussehen musste. Konnte das stimmen? Falls sie sich irrten, würde das ihrer beider Ende bedeuten – falls sie aber Recht hatten und nichts unternahmen, würde es das Ende des Landes bedeuten.
    Pitt nickte.
    Stoker ging zur Tür und öffnete sie, wobei er den Knauf nur millimeterweise drehte, damit das Schnappschloss kein Geräusch verursachte. Pitt folgte ihm lautlos. Am anderen Ende des Vestibüls war die Tür zum Arbeitszimmer des Ministers angelehnt, und ein Lichtstrahl fiel durch den Spalt auf den dunklen Boden.
    » Warten Sie, bis er herauskommt«, flüsterte Stoker. »Ich gehe auf die andere Seite und stelle mich neben die Tür. Sie lenken seine Aufmerksamkeit auf sich, und dann packe ich ihn von hinten. Stellen Sie sich darauf ein, dass er sich wehren wird.«
    Pitts Herz schlug so heftig, dass er überzeugt war,

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