Der Verrat
Plastik mit dem Teppichmesser von dem Körper. Mir fiel auf, dass seine Boxershorts feucht waren – er hatte sich vollgepinkelt, als er das Bewusstsein verlor und starb. Kommt häufig vor. Ich konnte von Glück sagen, dass er kurz zuvor noch auf dem Klo gewesen war, sonst hätte es eine größere Sauerei gegeben.
Ich öffnete die Falttür neben dem Eingang und machte die Waschmaschine auf. Ich gab etwas Waschpulver in die Trommel, ging dann zurück zur Kammer, wo ich Crawley die Shorts und das T-Shirt auszog. Ich stopfte die Sachen in die Maschine. Dann holte ich zwei Waschlappen aus dem Bad und machte ihn sauber. Auch die wanderten in die Wäsche, zusammen mit dem Inhalt des Plastikwäschekorbs, der oben auf dem Trockner stand. Eine Kleinigkeit, aber auf so etwas muss man achten, sonst fragt sich hinterher jemand: Wieso hat der Tote nur seine Unterhose, ein T-Shirt und zwei Waschlappen gewaschen? Wieso hat er nicht auch die übrige Schmutzwäsche mit reingetan? Ich stellte die Maschine an und nahm mir noch die Zeit, seinen Mantel, den Anzug, das Hemd und die Krawatte ordentlich in den Schrank zu hängen.
Ich zog die Hirschlederhandschuhe aus, die ich getragen hatte, ging in die Abstellkammer und streifte die Chirurgenhandschuhe über. Dann nahm ich die Tube Gleitcreme und begab mich ins Bad, wo ich die Hälfte des Inhalts ins Waschbecken ausdrückte und alles mit viel heißem Wasser wegspülte. Dann zurück in die Kammer, wo ich Crawleys Hände auf die Tube presste, damit seine Fingerabdrücke darauf waren.
Ich legte die Tube auf den Boden und band die Wäscheleine zu einer Schlinge zusammen, die ich ihm über den Kopf streifte. Das Ende der Leine führte ich über die Kleiderstange, nah an dem Winkelhaken, wo sie am stabilsten war. Dann hievte ich ihn mit Hilfe der Leine in eine kniende Position. Er war leicht nach vorn geneigt, aber das Seil hielt ihn aufrecht. Ich band das Ende an der Stange fest, kürzte das überschüssige Stück Leine auf einen Meter und trat zurück.
Verminderte Sauerstoffzufuhr zum Gehirn, also zerebrale Hypoxie, kann Empfindungen verstärken und wird daher von manchen Menschen gern beim Masturbieren eingesetzt. Man bezeichnet diese Praxis als autoerotische Asphyxie, und sie bleibt normalerweise ein Geheimnis, bis jemand bei der Ausübung seines Hobbys versehentlich ums Leben kommt. Den Statistiken nach sind Extremsportarten im Vergleich dazu harmlos: Zwischen fünfhundert und tausend Todesfälle pro Jahr gab es allein in den USA.
Ich betrachtete Crawley einen Moment. Korrektur: der tausendundeinste Fall.
Ich trug etwas Gleitcreme auf seine rechte Hand und die Genitalien auf, dann trat ich prüfend zurück. Ja, das sah ziemlich überzeugend aus. Das Privatleben des Bürokraten im »Außenministerium«. Das Musterbeispiel eines pflichtbewussten, seriösen Washingtoner Beamten bei Tage, der nächtens autoerotischen Asphyxiespielchen frönt. Also wirklich, man weiß doch nie, was so alles hinter geschlossenen Türen vor sich geht.
Plötzlich kam mir ein störender Gedanke: War er Rechtshänder? Oder Linkshänder?
Hmm, ich hätte früher daran denken müssen, das herauszufinden. Schlampig. Aber egal, nicht weiter schlimm. Vielleicht hat er sich in intimen Situationen beidhändig amüsiert. Wer könnte das schon bestätigen oder bestreiten? Die Hauptsache war, dass die CIA die Sache nicht an die große Glocke hängen würde. Die würden das rasch, unauffällig und sauber aus der Welt schaffen. Sie würden von einer Embolie sprechen, einer schwachen Herzwand, irgendwas in der Art. Und weil sie sich wünschen würden, es wäre wirklich so gewesen, würden sie es so lange wiederholen, bis sie selbst dran glaubten. Selbst wenn sie einen Verdacht hätten, würden sie davor zurückscheuen, irgendwas zu unternehmen, wodurch die Sache hier an die Öffentlichkeit dringen könnte. Und das alles bedeutete weniger Druck auf mich.
Ich zog die Chirurgenhandschuhe aus, warf sie auf links gedreht in die Aktentasche und streifte erneut das Paar aus Hirschleder über. Ich schlüpfte in den Wollmantel, rollte das Plastik zusammen, hob die übrigen Sachen auf, verstaute auch diese in der Aktentasche und trug sie ins Wohnzimmer. Ich schaute mich um.
Von hinten anfangen, mit dem Badezimmer. Ich überprüfte alles zweifach und dann noch ein drittes Mal. Nichts war irgendwie durcheinander. Keinerlei verräterische Spuren. Die Waschmaschine befand sich schon im Spülgang. Crawleys Sachen würden bald sauber
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