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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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ob es diesen Mann überhaupt gibt und ob die Seiten aus Wisteries Tagebuch nicht doch eine Fälschung sind.«
    Enttäuschung stieg in Sano auf. Wenn er den Shōgun überzeugen wollte, dass die Ermittlungen weitergeführt werden sollten, brauchte er schlagkräftige Argumente, keinen Berg offener Fragen und Vermutungen. »Gib noch nicht auf«, sagte er zu Hirata. »Such weiter.«
    »Es könnte sein«, sagte Reiko vorsichtig, doch mit einem Hauch von Hoffnung in der Stimme, »dass ich etwas Wichtiges entdeckt habe.« Sie erzählte von ihrem Besuch bei Wisteries Familie und was ihr dort zu Ohren gekommen war. »Wisterie hat versucht, ihrer Mutter den Ehemann wegzunehmen, worauf diese das Mädchen nach Yoshiwara verkauft hat. Als Wisterie eines Tages wieder zu Hause erschien, hat sie aus Zorn und Rache die Kleidung ihrer Mutter in Stücke geschnitten. Ich finde, das zeigt, dass sie eine Frau ist, der man alles zutrauen kann.«
    »Und deshalb ist sie eine gute Mordverdächtige, auch wenn das, was in ihrer Jugend geschehen ist, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Tod Fürst Mitsuyoshis steht«, sagte Hirata, offensichtlich erfreut über die neue Entwicklung.
    Sano jedoch war von Reikos Beschreibung Wisteries zutiefst beunruhigt. Die Kurtisane hatte ihn damals angelogen, was ihre Vergangenheit betraf, und hatte sich als Tochter einer verarmten Bauernfamilie bezeichnet, die in die Prostitution hatte verkauft werden müssen, damit die hungrigen Geschwister ernährt werden konnten. Sano erkannte, dass er noch weniger über Wisterie wusste, als er gedacht hatte. Der Gedanke, dass seine einstige Geliebte vielleicht sogar die Mörderin war, erfüllte Sano mit Abscheu. Und wenn er beweisen konnte, dass Nitta unschuldig war, würde die Liste der Tatverdächtigen schrumpfen, und die Wahrscheinlichkeit, dass Wisterie den Mord begangen hatte, wurde noch größer.
    »Außerdem habe ich Hinweise erhalten, wohin Wisterie verschwunden sein könnte«, fuhr Reiko fort. »Sie hatte eine Freundin aus Kindertagen mit Namen Yuya. Nachdem ich mich von Wisteries Mutter verabschiedet hatte, habe ich die Nachbarn befragt. Sie sagten mir, dass Yuya in einem Badehaus irgendwo in der Stadt arbeitet. Vielleicht ist Wisterie bei ihr untergeschlüpft.«
    »Ich werde meinen Ermittlern befehlen, sämtliche Badehäuser aufzusuchen«, sagte Sano.
    »Und noch etwas«, fuhr Reiko fort. »Vor vier Jahren hat ein unbekannter Mann dafür gesorgt, dass Wisterie aus Yoshiwara freikam. Leider konnte ihre Mutter mir nicht sagen, warum Wisterie später nach Yoshiwara zurückgekehrt ist, und sie weiß auch nicht den Namen des Mannes. Gerüchten zufolge war er ein Samurai und hochrangiger bakufu -Beamter. Vielleicht kann ich herausfinden, wer dieser Mann gewesen ist, denn er könnte uns möglicherweise zu Wisterie führen, falls diese Yuya es nicht kann.«
    Besorgnis überkam Sano. Dieser unerfreuliche Tag drohte, noch unerfreulicher zu werden. So wie Sano es befürchtet hatte, führten Reikos Nachforschungen über Wisterie nun genau zu ihm …
    Ein Ausdruck der Unsicherheit erschien auf Reikos Gesicht, als sie spürte, wie die Atmosphäre im Zimmer sich plötzlich veränderte. »Stimmt etwas nicht?«
    Sano bemerkte, dass Hirata ihn abwartend musterte, ob er Reiko nun von seinem Verhältnis mit Wisterie erzählte. Angst und Unsicherheit erfassten Sano. Musste er Reiko nun offenbaren, was er so lange vor ihr verborgen hatte? Wenn sie gemeinsam weiterermitteln wollten, blieb ihm wohl keine andere Wahl. Sano wappnete sich, öffnete den Mund …
    In diesem Augenblick erschien ein Diener in der Tür. »Verzeiht, Herr«, wandte er sich an Sano, »aber soeben ist ein Brief für Euch gekommen. Der Bote sagt, es sei dringend.« Er reichte Sano einen aus Bambus gefertigten kurzen Zylinder von der Art, in denen Schriftrollen aufbewahrt wurden, der an beiden Enden mit Stöpseln aus Holz verschlossen war.
    »Danke«, sagte Sano und nahm den Zylinder entgegen. Der Diener war gerade noch rechtzeitig gekommen. Erleichtert öffnete Sano den Zylinder, zog die Schriftrolle heraus und las:
     
    Wenn Ihr etwas Wichtiges über die Ermordung Fürst Mitsuyoshis erfahren wollt, begebt Euch zum Haus in den Hügeln, das dem hokan Fujio gehört.
     
    Die Botschaft trug keine Unterschrift, enthielt jedoch eine Wegbeschreibung zu dem fraglichen Haus.
     
    Einige Zeit später folgten Sano, Hirata, ein Trupp Ermittler sowie drei Soldaten dieser Wegbeschreibung, die sie in das Hügelland

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