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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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der sōsakan-sama des Mordes und Verrats beschuldigt wird.« O-hana rückte näher an Reiko heran. »Wie schrecklich!«
    »In der Tat«, entgegnete Reiko gereizt, denn mit der Erwähnung von Sanos Problemen überschritt das Kindermädchen endgültig die Grenzen der Höflichkeit. Reiko spürte O-hanas Gier nach unliebsamen Einzelheiten.
    »Das tut mir Leid. Ihr müsst sehr besorgt sein über das, was geschehen ist.« O-hana kniete nieder – achtsam und sprungbereit wie eine Katze, die sich an einen Platz setzt, an dem sie sich nicht sicher fühlt. »Ich hoffe, ich habe durch meine Bemerkungen nicht noch mehr zu Eurer Betrübnis beigetragen.«
    Statt ihrem Wunsch nachzugeben, das Mädchen wieder an die Arbeit zu schicken, zwang Reiko sich zu einem Lächeln und sagte: »Aber nein.« O-hana wollte gewiss nur ihr Mitgefühl bekunden. Persönliche Probleme waren keine Entschuldigung, die eigene schlechte Laune an einer unschuldigen Bediensteten auszulassen.
    »Ihr und der sōsakan-sama wart immer gut zu mir, und ich möchte nicht, dass Euch etwas Schlimmes zustößt.« In O-hanas Stimme schwang ein seltsamer Unterton mit, als würde sie genau das Gegenteil von dem empfinden, was sie sagte. Nach einer kurzen Pause stieß sie hervor: »Ich wünschte, ich könnte all diese Schwierigkeiten beseitigen.«
    Reiko bekämpfte ihren Argwohn, weil es keinen Grund zu der Annahme gab, dass O-hana ihr etwas Böses wollte. »Danke«, sagte Reiko eine Spur freundlicher. »Entschuldige meine Schroffheit. Ich bin ein wenig in Sorge.«
    Auf unerklärliche Weise beschämt, erröte O-hana und senkte den Blick. »Ich verdiene Eure Entschuldigung nicht«, murmelte sie.
    Irgendetwas an O-hanas Verhalten, das Reiko nicht auf ihre eigene übereifrige Fantasie schieben konnte, machte sie stutzig. »Was ist?«, fragte sie.
    »Nichts!« Das Mädchen setzte sich aufrecht hin, als hätte es einen Stoß in den Rücken erhalten. »Es ist sehr freundlich von Euch, dass Ihr mich fragt, aber es geht mir gut.« Sie schenkte Reiko ein gekünsteltes Lächeln. »Mich besorgt Eure Lage. Was werdet Ihr tun?«
    Reiko, von diesen Worten nicht überzeugt, musterte das Mädchen. »Ich will herausfinden, wer Fürst Mitsuyoshi getötet hat, und beweisen, dass mein Gemahl unschuldig ist.«
    »Vielleicht kann ich Euch helfen«, erbot sich O-hana. »Darf ich Euch begleiten?«
    Ihre Beharrlichkeit erregte erneut Reikos Argwohn. »Du kannst mir helfen, indem du hier bleibst und dich um deine Pflichten kümmerst«, sagte sie.
    »Ja, Herrin.«
    Ein Schatten des Grolls und der Enttäuschung zog über O-hanas Gesicht, doch sie verneigte sich respektvoll, stand auf und huschte davon. Reiko eilte hinaus zu ihrer wartenden Sänfte.
     
    Sano und seine Ermittler gingen die Gasse hinunter, die vom Anwesen des Tokugawa-Klans wegführte. Durch die Schießscharten und Bogenschütze in dem geschlossenen Gang auf der hohen Mauer hörte Sano den Wortwechsel der Wachposten, die jeden erschießen würden, der auf das Gelände vordrang. Mit ausdrucksloser Miene starrte Sano nach vorn und verbarg seine Angst, als er zwischen den mit Posten besetzten Wachtürmen hindurchschritt. Für einen Mann, der des Hochverrats beschuldigt wurde, gab es hier keine Sicherheit. Sano kam sich wie ein feindlicher Soldat vor, der im Palast in der Falle saß, denn die gewaltige Macht des Tokugawa-Klans würde sich gegen ihn richten, wenn er nicht die Informationen bekam, die Fürst Matsudaira ihm verweigert hatte, und seinen Namen nicht reinwaschen konnte.
    » Sōsakan-sama !« Schnelle Schritte hinter Sano begleiteten den Ruf. »Könnte ich mit Euch sprechen?«
    Sano drehte sich um und sah den Wachposten, der ihn auf dem Anwesen von Fürst Matsudaira so eingehend gemustert hatte. Der Mann kam durch die Gasse auf ihn zu. Verwundert, dass jemand aus dem Hause des Fürsten mit ihm sprechen wollte, blieb Sano stehen.
    Keuchend vor Anstrengung erreichte der Wachposten ihn und verneigte sich.
    »Sprich«, forderte Sano ihn auf.
    Der Posten sah sich um. Auf seinem ernsten, würdevollen Gesicht spiegelte sich seine Unruhe. Er murmelte: »Könnten wir vielleicht unter vier Augen miteinander sprechen?«
    »Wie du wünscht.« Sano gab seinen Ermittlern ein Zeichen vorauszugehen, während er mit dem Wachposten in einigem Abstand folgte.
    »Ich danke Euch.« Obwohl in der Stimme des Mannes grenzenlose Erleichterung mitschwang, folgte er Sano nur zögernd, mit hängenden Schultern und gehetztem Blick.
    Sano musterte den Mann

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