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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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während ihre Großmutter traurig den Kopf schüttelte. Schließlich stieß Hiratas Vater hervor: »Bei allem gebotenen Respekt, Fürst Niu, aber das ist völliger Unsinn! Wir sind in Frieden hierher gekommen, um darüber zu reden, unsere Familien durch die Heirat Eurer Tochter und meines Sohnes zu vereinen.«
    Midori wäre am liebsten aufgesprungen, um Hirata und dessen Familie das Verhalten ihres Vaters zu erklären und sie um Entschuldigung zu bitten, doch ihre Furcht war so groß, dass sie nur dasitzen und hilflos beobachten konnte, wie ihr Vater sich immer mehr in Wut redete und schimpfend aufsprang.
    »Ich werde niemals zulassen, dass meine Tochter den missratenen Sprössling eines Schurken wie Euch zum Mann bekommt!«, fuhr er Hiratas Vater an. Die Theaterbesucher in anderen Logen in der Nähe verstummten und blickten voller Neugier auf Fürst Niu. Sein verzerrtes Gesicht zuckte, und in seinen Augen loderte Hass. »Ihr seid ein niederträchtiger Gauner, ein verräterischer Dieb und ein abscheulicher Mörder!«
    Auf den Gesichtern von Hiratas Mutter und Hauptmann Segoshis spiegelte sich Fassungslosigkeit, während nun auch Hiratas Vater aufsprang. »Ihr wagt es, mich zu beleidigen?«, stieß er wild hervor. »Ich bin ein Mann von Ehre und werde diese Beleidigung durch einen Versager, wie Ihr es seid, nicht hinnehmen! Vergesst nicht, dass Euer jämmerlicher Klan in der Schlacht von Sekigahara zerschmettert wurde! Nehmt auf der Stelle zurück, was Ihr gesagt habt, oder ich …«
    Mit einem verächtlichen Grinsen schmetterte Fürst Niu seinem Widersacher die Faust auf die Wange. Sofort entbrannte ein wilder Kampf. Beide Männer traten und schlugen nach dem Gegner. Midori und die anderen Frauen wichen ängstlich zurück. Hirata rief: »Vater, hör auf!«, während Okita den Fürsten anflehte: »Herr, ich bitte Euch, lasst ab!«
    Die Musikanten auf der Bühne hielten inne, und die Zuschauer in den Logen erhoben sich, um den Tumult zu beobachten. Fürst Niu sprang auf eine der Trennwände und zog sein Schwert. Auch Hiratas Vater zog die Waffe doch seine Beinverletzung machte es ihm unmöglich, dem Fürsten nachzusetzen. Die Männer in der Zuschauermenge stampften mit den Füßen auf den Boden und riefen im Takt: »Kämpft! Kämpft! Kämpft!«
    Hirata packte seinen Vater und zog ihn mit Hauptmann Segoshis Hilfe zur Mitte der Loge zurück. Okita stellte sich Fürst Niu in den Weg und hielt dessen Schwertarm fest. Die Zuschauer buhten.
    »Irgendwann erwische ich dich, du hinterhältiger Schuft!«, brüllte Fürst Niu.
    Okita, keuchend und schwitzend von der Anstrengung, den Fürsten festzuhalten, rief Hirata zu: »Ihr solltet machen, dass Ihr fortkommt!«
    Als Hirata seine Familie eilig aus dem Theater führte, warf er über die Schulter einen raschen Blick auf Midori, auf deren Miene sich tiefe Verzweiflung spiegelte, als sie ihm hinterherschaute.
    Dann barg sie das Gesicht in den Händen und weinte.

9

    B
    egleitet von den Ermittlern Fukida, Marume und einem Trupp Soldaten, ritt Sano erneut nach Yoshiwara, diesmal, um den Unterhaltungskünstler Fujio aufzusuchen, den Schatzminister Nitta als weiteren Verdächtigen bezeichnet hatte. Als die Männer am späten Nachmittag im Vergnügungsviertel eintrafen, stellte Sano fest, dass Yoshiwara sich völlig verändert hatte und wieder so war, wie er es kannte.
    Die bedrückende Atmosphäre war verschwunden. Die Dächer schimmerten bronzefarben im Licht der untergehenden Sonne, und Hunderte von Männern strömten durch die Tore nach Yoshiwara hinein, hungrig nach Vergnügungen aller Art. Manche trugen aus Binsen geflochtene, hutähnliche Gebilde, die wie Körbe geformt waren, um ihre Gesichter zu verbergen. Diese Männer waren Samurai, denen es gesetzlich untersagt war, Yoshiwara zu besuchen. Zwar missachteten viele Samurai dieses Gesetz – zumal es ohnehin kaum jemanden kümmerte, ob sie es beachteten –, doch die Vorsichtigsten tarnten sich trotzdem. Entlang der Nakanochō hingen hell leuchtende, bunte Laternen von den Dachrändern. Grell geschminkte Kurtisanen stellten sich hinter den Gitterfenstern der Bordelle zur Schau und lockten Kunden an. Besucher schlenderten durch die Straßen, drängten sich in Teehäusern oder durchstöberten Läden, in denen Andenken und Reiseführer verkauft wurden. Als Sano mit seinen Leuten das Vergnügungsviertel betrat, musste er beim Anblick der Besuchermassen daran denken, welche Riesensummen am nächsten Morgen den Besitzer wechseln

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