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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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Himmelsfeuer mit heiserer Flüsterstimme. »Da draußen sind Soldaten. Wir müssen verschwinden.«
    Das Entsetzen ließ alle Schläfrigkeit von Wisterie abfallen, denn sie konnte sich denken, dass die Soldaten ihretwegen gekommen waren. Himmelsfeuer packte ihre Hand und riss sie mit einem Ruck auf die Beine.
    »Beeil dich!«, drängte er.
    Wisterie war froh, dass sie vollständig bekleidet geschlafen hatte, für den Fall, dass sie schnell handeln musste, so wie jetzt. Während sie in ihre Schuhe schlüpfte, schnappte Himmelsfeuer sich das Bündel mit ihren Habseligkeiten. Dann ergriff er Wisteries Hand und eilte mit ihr hinaus auf die Gasse – genau in dem Augenblick, als die Soldaten durch die Tür mit dem Vorhang stürmten, die die Spielhölle von der nun verlassenen Kammer trennte.
    In der bitteren Kälte war Wisterie binnen kurzer Zeit durchgefroren. Ihr geöffneter Umhang blähte sich im Wind, doch sie hatte keine Zeit, ihn zuzubinden, denn Himmelsfeuer rannte durch die Gasse und zerrte Wisterie an der Hand hinter sich her. Sie kam ins Stolpern, stürzte und stieß einen Schmerzensschrei aus.
    »Sei still!«, zischte Himmelsfeuer zornig.
    Grob zerrte er Wisterie hoch, wobei sie sich die Knie auf dem rauen Pflaster aufschürfte. Dann eilten beide weiter, bogen in eine andere Seitengasse ab und rannten stolpernd durch die Trümmer eines niedergebrannten Hauses. Wisterie konnte die Soldaten nun nicht mehr hören, dennoch zerrte Himmelsfeuer sie unerbittlich voran. Eine silberne Mondsichel schwebte über den Dächern und warf ihr bleiches Licht auf den Weg, dem Himmelsfeuer mit der Sicherheit und Behändigkeit eines Tieres folgte, das sein Territorium genau kennt.
    Sie kletterten die Uferböschung eines schmalen Kanals hinunter. Als sie bis zu den Hüften ins eiskalte Wasser eintauchten, saugte der schlammige Grund Wisterie die Schuhe von den Füßen. Barfuß, da Kurtisanen niemals Strümpfe trugen, stieg sie hinkend die gegenüberliegende Uferböschung hinauf. Steine und Schutt ließen ihre Fußsohlen schmerzen. Oben angelangt, rannten sie und Himmelsfeuer durch ein Gewirr dunkler Gassen, in denen es nach Exkrementen und Abfällen stank. Wisterie fror, und die nasse Kleidung klebte ihr wie ein dünner Unterkimono aus Eis auf der Haut. Ihr Herz klopfte heftig, und ihre Brust hob und senkte sich unter keuchenden Atemzügen. Himmelsfeuer hingegen war die Anstrengung kaum anzumerken; sein Atem ging nur wenig schneller, und seine Hand war warm und trocken. Wisterie fragte sich benommen, ob sie weiterrennen würden, bis sie vor Entkräftung tot zusammenbrach.
    Schließlich blieb Himmelsfeuer vor einem Gebäude stehen. Wisterie kauerte sich hin, außer Atem und schwindlig vor Erschöpfung. Zu beiden Seiten einer Tür befanden sich vergitterte Fenster. Himmelsfeuer klopfte an: zweimal langsam, Pause, dann dreimal in schneller Folge. Die Tür wurde einen Spalt geöffnet, und ein schmaler Streifen Licht fiel auf die Gasse. Das derbe, unrasierte Gesicht eines Mannes erschien im Türspalt. Der Mann beäugte Himmelsfeuer kurz, dann öffnete er. Als Himmelsfeuer Wisterie in einen Eingangsflur mit irdenem Boden und offenem Dachgebälk zog, sah sie, dass der grobschlächtige Mann einen Dolch in der Rechten hielt. Tätowierungen auf den Armen ließen erkennen, dass er ein Verbrecher war.
    »Haben die Soldaten schon die Gegend hier durchsucht?«, fragte Himmelsfeuer den grobschlächtigen Mann.
    Der schüttelte den Kopf. Himmelsfeuer murmelte einen Fluch, und Wisterie befürchtete schon, dass sie wieder hinaus in die Dunkelheit und Kälte mussten. Doch Himmelsfeuer führte sie den Flur hinunter und an Gemächern vorüber, die von Trennwänden umschlossen waren. Lampenlicht, das durch diese rissigen papierenen Wände schimmerte, ließ die Umrisse von Paaren erkennen, die in inniger Umarmung lagen. Wisterie hörte Keuchen und lustvolles Stöhnen, der Geruch von Urin, Schweiß und Sex stieg ihr in die Nase. Als sie mit Himmelsfeuer ein Zimmer betrat, in dem eine schmutzige alte Laterne einen Fußboden aus Holzbrettern beleuchtete, die eine große, runde, in den Boden eingelassene Wanne umrahmten, wusste Wisterie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte: Sie befand sich in einem öffentlichen Bad, das zugleich als illegales Bordell diente. Sie war aus einem Hurenhaus geflüchtet, nur um in einem anderen Zuflucht zu suchen!
    Ihr war so kalt, dass sie am ganzen Körper zitterte und ihre Zähne hörbar aufeinander schlugen. Das dampfende

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